072 - Auf Leben und Tod
streng und war ziemlich zäh, aber es stärkte sie nach dem anstrengenden Marsch, der hinter ihnen lag. Als sie zu Ende gegessen hatten, trat erneut Keran zu ihnen und forderte sie auf, ihnen zu folgen. Offenbar erwartete sie der Mann, den er »Barrn« genannt hatte, in seinem Zelt.
Wieder marschierten Matt und Aruula durch das Lager, über das jetzt die Nacht hereingebrochen war. Feuer waren hier und dort entzündet worden, und Fackeln beleuchteten die Gassen zwischen den Zelten.
Keran führte die beiden zu einigen Zelten, die größer und stabiler gebaut waren als die der gewöhnlichen Krieger.
Ohne Zweifel waren hier die Offiziere und Heerführer untergebracht, zu denen auch Barrn zu gehören schien.
Vor einem der Zelte, vor dem zwei bewaffnete Posten Wache hielten, blieb Keran stehen und bedeutete Matt und Aruula zu warten. Für einen kurzen Moment verschwand er in dem Zelt, dessen Außenwand mit Tierschädeln und kunstvoll gearbeiteten runden Schilden verziert war, um schon wenig später wieder zurückzukehren - in Begleitung eines Mannes, der ihn um fast zwei Köpfe überragte.
»Barrn«, stellte Keran den riesigen Mongolen vor, der eine schwere lederne Uniform trug, die mit kunstvollen Mustern verziert war. Der Umhang, den der hünenhafte Krieger trug, zeichnete ihn als Unterführer aus.
Barrn trat aus seinem Zelt. Mit verschränkten Armen blieb er vor Matt und Aruula stehen, betrachtete sie aus halb zusammengekniffenen Augen.
Dann stellte er eine Frage, aus der Matt das Wort »Sodatii« heraushörte.
»Ja«, bestätigte er und nickte.
»Söldner. Kämpfen. Für Belohnung.«
Er benutzte die Gesten für »Schießen« und »Geld«. Es schien ihm die einzige Möglichkeit, im Lager zu bleiben und gleichzeitig ein paar Reittiere erwerben zu können.
Barrns Mundwinkel zogen sich abschätzig nach unten. Zuerst musterte er Matt von Kopf bis Fuß, sagte jedoch nichts. Dann trat er vor Aruula, und das lüsterne Blitzen in seinen Augen verriet, dass er in diesem Moment nicht nur ihre Fähigkeiten als Kriegerin abzuschätzen versuchte. Sein Mund stand halb offen und sein Atem ging schneller, während er die Barbarin mit Blicken verschlang.
Schließlich sagte er etwas in seiner Sprache, dessen Sinn Aruula sofort erfasste.
»Dieser Mann ist schlecht«, stellte sie fest. »Er sagt nicht das, was er denkt. Er verachtet Söldner, aber er will uns trotzdem im Lager behalten. In Wahrheit will er mich !«
»Schlag dir das aus dem Kopf!«, sagte Matt entschieden in Barrns Richtung und schüttelte den Kopf - der Unterführer jedoch ließ sich davon nicht beeindrucken.
Rasch zuckte seine Rechte vor und griff nach dem Fellumhang, den Aruula trug, wollte ihn ihr vom Leib reißen, um sich am Anblick ihrer nackten Haut zu weiden - doch die Barbarin ließ es nicht dazu kommen.
Mit einer blitzschnellen Bewegung drehte sie sich zur Seite und entging dem Griff des Hünen. In der gleichen Bewegung wirbelte sie herum und riss ihr Schwert aus der Rückenhalterung, stand dem Unterführer mit erhobener Klinge gegenüber.
Plötzlich änderte sich alles.
Auf Barrns Zügen zeigte sich blanker Zorn, Keran und die Wächter verfielen in lautes Geschrei. Offenbar hatte Aruula etwas getan, was ihren Zorn erweckte - aber was? Schließlich hatte sie sich nur verteidigt, genau wie die anderen Male zuvor…
Von überall her kamen Mongolen herbei gestürmt und brüllten immer die gleichen Worte, während sie drohend ihre Fäuste ballten.
Matt trat an Aruulas Seite, die sich verwirrt umblickte, die Rechte schon am Griff des Drillers.
» Sworrt und Schtraaf !«, hörte er aus dem Gebrüll der Krieger heraus. Und jetzt erkannte er den Unterschied: Zuvor hatte sich Aruula waffenlos verteidigt - jetzt hatte sie ihr Schwert gezogen.
»Ein Waffenverbot«, dämmerte es Matt, und instinktiv nahm er seine Hand vom Driller. »Steck sofort dein Schwert weg!«
»Was?«, fragte Aruula verwirrt. Von allen Seiten drängten die Mongolen heran, schrien ihren Zorn und ihre Empörung laut hinaus.
»Dein Schwert!«, rief Matt über das Gebrüll hinweg. »Weg damit, schnell!«
Die Barbarin knurrte unwillig, doch schließlich leistete sie der Anweisung ihres Gefährten Folge. Sie nahm ihr Schwert und schob es in die Kralle zurück, die sie wie immer an Riemen befestigt auf dem Rücken trug.
Kaum war die blanke Klinge unter ihrer langen Haarmähne verschwunden, legte sich auch die Aufregung der Mongolen.
Nur Barrn schien nach wie vor außer sich vor Zorn.
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