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072 - Die Rache des Magiers

072 - Die Rache des Magiers

Titel: 072 - Die Rache des Magiers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Earl Warren
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hundertachtzig Grad. Doch auch der Bestattungsunternehmer blieb stehen. Er sah sich um. Schweiß trat auf seine Stirn, und seine Augen weiteten sich.
    „Tatsächlich, als wäre da eine unsichtbare Mauer. Das ist unglaublich, unheimlich!“
    Wieder ertönte das leise Kichern, die Vorhänge bewegten sich und zugleich wisperten von überall Stimmen: „Sie bleibt hier! Sie gehört mir! Sie bleibt hier! Sie gehört mir!“
    Der Friedhofswärter erbleichte.
    „Laßt uns gehen“, flüsterte er. „Hier ist es nicht geheuer.“
    Der Bruder des Bestattungsunternehmers war der Mutigste von den Dreien. Er schlich zu den Vorhängen, riß sie mit einem Ruck auseinander. Mit einem gellenden Schrei fuhr er zurück. Zu sehen war hinter den Vorhängen nichts.
    „Was hast du?“ fragten ihn die anderen.
    „Eine eiskalte Hand hat mich an der Kehle gepackt“, antwortete er. „Los, nichts wie weg von hier. Geld hin, Geld her, hier spukt es. Soll die Tote beerdigen, wer will.“
    „Ja, wir legen sie in den Sarg zurück“, stimmte der Bestattungsunternehmer zu. „Die Sache war mir von Anfang an nicht geheuer.“
    Sie hoben die Tote von der Bahre, legten sie wieder in den gläsernen Sarg. Scheu schlichen sie zur Tür. Diesmal hielt kein unsichtbares Hindernis sie auf.
    „Was soll ich jetzt denn machen?“ fragte Marie Walter ratlos.
    „Das weiß ich auch nicht“, antwortete der Bestattungsunternehmer. „Was mich und meine Verwandten angeht, wir wissen von nichts. Wir haben Sie nicht gesehen, und wir waren nicht hier. Mit dieser Sache wollen wir nichts zu tun haben.“
    Nach einem letzten Blick auf die Tote verließ auch Marie Walter den Raum. Sie schloß von außen ab. Als sie im Erdgeschoß war, hörte sie den Wagen des Bestattungsunternehmers abfahren.
     

     
    Wenige Minuten später kam der Chauffeur.
    Er war allein.
    „Nun, was ist, wo ist der Pfarrer?“ fragte ihn Marie.
    „Der alte Herr hat einen Schlaganfall erlitten, kurz nachdem Sie ihn verließen. Er wird wohl nicht mehr aus seinem Bett aufstehen. Sie müssen sich jemand anders suchen, Frau Walter.“
    Marie schüttelte den Kopf.
    „Das wird keinen Zweck haben“, sagte sie. „Die Sache hat sich erledigt. Sie können Schlafengehen, Albert.“
    Der Chauffeur ging. Marie Walter zog einen Mantel an, steckte die Schlüssel des Totenzimmers ein. Den Kronbergers und den, den der unheimliche Kleine ihr gegeben hatte. Sie bestellte ein Taxi. Während sie vor der Villa wartete, überlegte sie noch einmal, ob es richtig war, was sie tun wollte.
    Sie hatte vor, den Spuk im Totenzimmer sich selbst zu überlassen, die Schlüssel wegzuwerfen und die Angelegenheit zu ignorieren. Wichtiger war ihr vorerst, daß sie aus dem Teufelspakt entkam.
    Das Taxi kam. Marie Walter ließ sich zum Fluß fahren. Kurze Zeit später stand sie auf der von Peitschenlampen erhellten Brücke und sah hinunter in das schwarze Wasser, in dem sich Lichter spiegelten. Das Taxi wartete vor der Brücke.
    Entschlossen nahm Marie Walter die beiden Schlüssel, ließ sie in den Fluß fallen. Dann ging sie zum Taxi zurück.
    Ein Mann kam ihr entgegen. Er war klein und bleich, hatte glühende Augen. Wie immer trug er jenen altmodischen schwarzen Anzug, den steifen Kragen. Im Schein der Neonlampen warf er keinen Schatten.
    Es war der unheimliche Kleine. Er sah Marie Walter an, deutete auf den Fluß, in den sie die Schlüssel hatte fallen lassen, und schüttelte den Kopf. Ohne sie weiter zu beachten, ging er an ihr vorbei.
    Marie rannte zum Taxi.
    „Ist etwas?“ fragte der Fahrer.
    „Der Mann. Der kleine Mann auf der Brücke. Da geht er. Sehen Sie ihn?“
    Der Taxifahrer kniff die Augen zusammen.
    „Da ist keine Menschenseele. Ist Ihnen nicht gut? Kann ich irgend etwas für Sie tun?“
    Marie Walter stöhnte.
    „Nein, Sie können nichts tun. Fahren Sie mich nach Hause.“
     

     
    Am nächsten Morgen kam Helga Caczmarek. Sie ließ ihren Wagen in der Auffahrt stehen und ging zu ihrer Tante ins Haus.
    „Ja Helga, Kind, was ist denn los? Du bist ja ganz durcheinander und verstört“, sagte Marie zu dem rotblonden Mädchen.
    „Ich habe mich von Klaus getrennt“, fiel Helga sofort mit der Tür ins Haus. „Er ist egoistisch und brutal. Ein richtiges Ungeheuer.“
    Erst nach längerem Zureden kam Marie Walter dahinter, daß das‚ Ungeheuer’ Helga in letzter Zeit sträflich vernachlässigt hatte und völlig überarbeitet war. Klaus Sorell hatte sich zu seiner Arbeit noch zusätzlich die Urlaubsvertretung

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