0720 - Teufelsnächte
lange.« Ihr Stimme hatte jede Schärfe verloren, klang jetzt nur noch besorgt. Er verabschiedete sich von ihr und legte das Telefon zurück auf den Nachttisch.
Zamorra wusste, dass Nicole guten Grund hatte, sich Sorgen um ihn zu machen. Sie neigte nicht etwa zur Hysterie, sondern hatte die Gefahr, die von einem scheinbar unsichtbaren, paranormalen Gegner ausging, genau erkannt.
Er schaltete das Licht aus und drehte sich auf die Seite.
Morgen früh wissen wir mehr, dachte er schläfrig, und ich werde es bis dahin wohl schaffen, acht Stunden in meinem eigenen Bett zu überleben.
Im gleichen Moment wurde er hochgerissen, schlug schmerzhaft mit der Schulter gegen die Zimmerdecke und fiel zurück auf die Matratze. Zamorra nutzte den Schwung und rollte sich ab. Er landete geduckt auf dem Boden und zuckte zusammen, als er etwas vor seinem Fenster bemerkte.
Es war eine Frau mit bleichem Gesicht und schwarzer Kleidung, die reglos in der Dunkelheit schwebte. Ihre Augen musterten ihn kurz, dann stürzte sie scheinbar haltlos nach unten.
Zamorra sprang auf und war mit einem Satz am Fenster. Die Straße, die unter ihm am Fluss entlangführte, glänzte nass im Licht der Straßenlampen. Er glaubte, zwei Schatten zwischen den Häusern verschwinden sehen, war sich aber nicht sicher.
Eine Weile blieb er am Fenster stehen und massierte seine schmerzende Schulter, doch die Schatten kamen nicht zurück.
***
Bruder und Schwester liefen durch die Nacht.
»Warum provozierst du ihn?«, fragte er atemlos und blieb stehen. »Er hat keine Bedeutung für uns.«
Sie hob die Schultern. »Es macht Spaß.«
Langsamer gingen sie weiter.
»Außerdem«, sagte die Schwester, »stand in der Zeitung, er sei ein Experte, ein Parapsychologe. Ich wollte sehen, was er kann.«
Der Bruder schüttelte den Kopf.
»Nein, du wolltest ihn erniedrigen. Du weißt genau, dass er uns nichts entgegensetzen kann.«
Ein Teil von ihm unterstützte die Reaktion seiner Schwester, aber sein Verstand sagte ihm, dass der Parapsychologe nichts mit dem zu tun hatte, was vor langer Zeit geschehen war. Das hatte sich in einem anderen Land und zu einer anderen Zeit abgespielt. Ihn dafür zur Verantwortung zu ziehen, war unüberlegt und vielleicht sogar gefährlich.
»Wir lenken nur unnötige Aufmerksamkeit auf uns«, sagte er. »Lass uns damit aufhören.«
Seine Schwester sah ihn an und lächelte. »Vielleicht…«
Sie beschleunigte ihre Schritte, begann erneut zu laufen. Vor ihnen lag ein kleiner Park, dessen Bäume und Wiesen mit Schnee bedeckt waren.
»Ich meine es ernst«, rief er ihr nach. »So etwas wie damals darf nicht noch einmal passieren.«
Sie lachte nur.
***
Ian wartete, bis Charlie den Tee eingeschenkt hatte, dann schickte er ihn nach draußen und sah sich in der kleinen Runde um. Rachel wirkte blass und unausgeschlafen, Debbie spielte nervös mit einem Teelöffel und Johnny zündete sich bereits die dritte Zigarette an. Durch das Fenster seines Arbeitszimmers drangen die ersten schwachen Strahlen der Morgensonne.
Das ist das erste Mal, das wir uns außerhalb des Rituals treffen, dachte er. Vielleicht hätten wir schon viel früher damit anfangen sollen.
Er räusperte sich. »Danke, dass ihr alle gekommen seid. Lasst mich kurz zusammenfassen, worüber wir heute reden müssen. Debbie und Rachel glauben, dass einer von uns für die Morde verantwortlich ist und sich damit vielleicht von seinen Verpflichtungen freikaufen will.«
»Was?« Johnny sah auf. »Wer sollte das sein? Außer uns gehören nur noch Pete und Kenneth dazu. Pete ist zwar ein Arschloch, aber so was traue ich ihm nicht zu. Und Kenneth - na ja, der kann’s schlecht sein…«
Ian nickte. »Ich habe mir schon Gedanken darüber gemacht, aber dazu später mehr. Zuerst sollten Debbie und Rachel erfahren, dass der Satanismusexperte, den die Polizei angefordert hat, gestern vor Johnnys Club aufgetaucht ist und von ihnen angegriffen wurde. In den Lokalnachrichten gab es bis jetzt keine entsprechende Meldung, deshalb gehe ich davon aus, dass er überlebt hat.«
Rachel drehte hektisch den Kopf, als rechne sie jeden Moment damit, den Experten neben sich auftauchen zu sehen.
»Dann ist er uns auf der Spur«, sagte sie, »oder zumindest Johnny. Vielleicht werden wir beschattet und…«
»Und wenn schon?«, warf Debbie ein. »Rein rechtlich betrachtet, hat keiner von uns gegen das Gesetz verstoßen. Man kann niemanden einsperren, nur weil er den Teufel anbetet.«
Rachel und Johnny sahen
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