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Ihr stolzer Sklave

Ihr stolzer Sklave

Titel: Ihr stolzer Sklave Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: MICHELLE WILLINGHAM
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1. KAPITEL
 
      Irland, Anno Domini 1102
     
      „Er wird sterben, nicht wahr?“ Iseult MacFergus sah auf den zerschundenen Körper des Sklaven hinunter. Grausame, nicht verheilte Striemen, die von Peitschenhieben herrührten, bedeckten den Rücken des Mannes. Seine Haut war bleich, und die Knochen stachen hervor, als hätte er seit Monaten nicht richtig gegessen. Alles in ihr empörte sich bei dem Gedanken an die Qualen, die er erlitten haben musste.
      Davin Ó Falvey reichte ihr eine Schüssel mit kaltem Wasser. „Ich weiß es nicht. Gut möglich, dass ich eine Menge Silbermünzen verschwendet habe.“
      Iseult senkte den Blick und wusch das Blut ab. „Wir brauchen keinen Sklaven in unserem Haushalt, Davin. Du hättest ihn nicht kaufen sollen.“ Langsam wurde es unter den Stämmen unüblich, Sklaven zu halten. Ihre Familie hatte sich nie welche leisten können, und es gab ihr ein unbehagliches Gefühl, wenn sie an ihren eigenen niederen Rang dachte.
      „Wenn ich ihn nicht gekauft hätte, ein anderer hätte es getan.“ Er trat hinter sie und legte ihr die Hand auf die Schulter. „Er litt, meine Liebe. Auf der Sklavenversteigerung schlugen sie ihn, bis er nicht mehr stehen konnte.“
      Sie legte die Hand auf seine. Ihr Verlobter war kein Mann, der einen Menschen leiden ließ, jedenfalls nicht, wenn er eingreifen konnte. Das war einer der Gründe, warum er ihr liebster Freund war. Und er war der Mann, den sie heiraten wollte.
      Ein hohles Gefühl machte sich in ihrem Magen breit. Davin verdiente eine bessere Frau als sie. Sie hatte ihr Bestes getan, um sich wieder einen guten Ruf zu verschaffen, aber der Klatsch und Tratsch hatte auch nach drei Jahren immer noch kein Ende gefunden. Sie wusste nicht, warum Davin um sie anhielt, aber ihre Familie hatte die Gelegenheit beim Schopf gepackt. Es geschah nicht jeden Tag, dass die Tochter eines Schmiedes den Sohn eines Stammesführers heiraten konnte.
      „Lass die Heilerin sich um ihn kümmern“, drängte Davin. Seine Stimme klang erregt. Iseult merkte, was er mit seinen Worten sagen wollte, sie waren eine verborgene Einladung. „Geh mit mir spazieren, Iseult. Seit einer Woche habe ich dich nicht gesehen. Ich vermisste dich so.“ Sie erstarrte. Doch sie zwang sich zu einem Lächeln. Geh mit ihm, drängte ihr Verstand. Obwohl Davin ihr nie ihre Verfehlung vorwarf, fühlte sie sich seiner Liebe nicht würdig.
     
      Nachdem er die Heilerin herbeigerufen hatte, nahm er sie bei der Hand und führte sie nach draußen. Das Mondlicht lag auf seinem Gesicht. Mit den hellen Haaren und den durchdringenden blauen Augen war er der hübscheste Mann, den Iseult je gesehen hatte. Er zog ihre Hand an seine bärtige Wange. Sie wusste, dass er sie jetzt küssen würde. Jäh erwachte die Angst in ihr. Sie nahm seine Umarmung hin und wünschte, sie könnte für ihn die gleiche Leidenschaft empfinden wie er für sie.
      Du musst Geduld haben, redete sie sich ein. Doch selbst als sie sich seinem Kuss hingab, hatte sie das Gefühl, neben sich zu stehen und nur Beobachterin, keine Beteiligte zu sein.
      Er hielt sie an sich gepresst und flüsterte ihr ins Ohr: „Ich weiß, du möchtest nicht, dass wir einander vor Beltaine lieben. Aber ich wäre doch ein Narr, wenn ich nicht versuchen würde, dich zu überreden.“ Sie löste sich von ihm und senkte den Blick. „Ich kann nicht.“ Selbst jetzt glühte ihr Gesicht vor Scham. Der Gedanke, bei einem Mann zu liegen, ganz gleich welchem Mann, weckte nur traurige Erinnerungen.
      Davins Miene versteinerte, aber er bedrängte sie nicht länger. „Ich würde nie etwas von dir fordern, was du nicht selbst willst.“ Das war es, weswegen sie sich noch schuldiger fühlte. Sie wollte nicht bei ihm liegen, aber was für eine Frau machte das aus ihr? Vor Jahren hatte sie einem Moment der Leidenschaft nachgegeben und den Preis dafür gezahlt. Doch jetzt, da ein Mann sie liebte und sie heiraten wollte, schien sie die bösen Erinnerungen nicht vergessen zu können.
      Davin legte ihr die Hand auf die Schulter und küsste sie auf die Schläfe.
      „Ich werde warten, bis du bereit bist.“
      Hand in Hand ging er mit ihr zu ihrer Wohnstatt im Innern der Wallanlage.
      Als sie die Hütte erreichten, blieb Iseult einen Augenblick neben dem hölzernen Türrahmen stehen, als wäre er ein Schild.
      „Was wirst du mit dem Sklaven anfangen?“
      „Das weiß ich noch nicht. Möglicherweise kann er bei der Ernte helfen oder die

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