0722 - Böser Zauber in Montmartre
Weiches hinweg. Es fühlte sich nicht nur an wie Stoff, es war auch Stoff, und als sie den Beutel hochhob, da hörte sie die Geräusche aus dem Innern. Dort klingelte etwas gegeneinander.
Das mussten die Ringe sein.
Sie zog den Beutel vollends hervor und drückte sich wieder hoch. Zitternd blieb sie vor der schmalen Öffnung stehen. Auf ihrer Stirn lag ein öliger Film aus Schweiß.
»Komm her, Kind…«
Yannah schob die Diele mit dem Fuß wieder in die Öffnung. Mit kleinen Schritten näherte sie sich der alten Frau. Den dunklen Beutel hielt sie dabei in der rechten Hand. Sie lauschte dem Klingeln des Inhalts nach und war jetzt gespannt darauf, den Beutel endlich öffnen zu können.
An derselben Stelle wie vorhin blieb sie stehen. Simone hatte ihren Kopf wieder etwas in die Höhe gehoben und sprach sie an. »Ja, meine Liebe, du hast es geschafft. Ich darf dir dazu gratulieren. Es ist wunderbar, wirklich.«
»Was soll ich tun?«
»Ha!«, lachte sie auf. »Du musst den Beutel öffnen. Öffne ihn, nimm die Ringe hervor und hänge sie dir um.«
»Wo denn?«
»Am besten um deine Arme, mein Kind. Mögen dir viele Ringe auch zu groß erscheinen, es macht nichts. Sie werden halten, sie werden weder rutschen noch fallen. Es gibt etwas zwischen ihnen, das man als ein Band bezeichnet. Du kannst es nicht sehen, weil es unsichtbar ist. Es besteht aber aus einer großen Kraft, die selbst der Teufel nicht auseinander reißen kann, glaub es mir.«
Sie nickte.
Der Beutel war verschnürt. Die losen Enden der Schnur hingen aus den Lücken an beiden Seiten.
Yannah zog sie auf. Mit der Hand erweiterte sie die Öffnung, fasste hinein, holte den ersten Ring hervor, wollte ihn bestaunen, was Simone aber nicht zuließ.
»Häng ihn dir um!«
Sie tat es.
»Und jetzt die anderen, Kind. O Gott, beeile dich, der Teufel ist bereits auf dem Weg hierher! Er wird sich rächen wollen. Er kennt keine Gnade.«
Die alte Frau stieß die Worte hektisch hervor. Ebenso hektisch bewegte sie ihren Kopf von einer Seite auf die andere. Von, ihren Lippen sprühte der Speichel, die Augen hielt sie sehr weit geöffnet.
In ihnen zeichneten sich die verdrehten Pupillen ab. Die Stille des Zimmers war einer unnatürlichen Hektik gewichen. Jedes Mal klingelten die Ringe gegeneinander, wenn Yannah wieder einen von ihnen über den Arm streifte und in Richtung Schulter gleiten ließ.
Sie schaffte es.
Und Simone jubelte auf. Aber der Freudenruf erstickte schon einen Herzschlag später.
Etwas brauste heran. Eine Feuerwolke erfüllte die Luft, sank zusammen, und aus ihr entstieg eine Gestalt.
Schwarz wie Tinte mit einem feuerroten dreieckigen Gesicht, einer breiten Stirn und gelben Augen.
Der Teufel!
***
Yannah hatte es nicht gewollt, sie hätte auch darauf vorbereitet sein müssen, aber sie schrie trotzdem auf, als sie diese schreckliche Gestalt sah, die wie ein Feuergeist in den oberen Raum des Hauses gehuscht war und sich auf der Stelle drehte.
»Jetzt ist sie eine weiße Hexe!«, schrie Simone den Teufel an und spie sogar aus.
Er fuhr herum.
Yannah wollte sich verkriechen. Sie drückte sich an die Holzwand. Sie zitterte, sie suchte ein Loch, in dem sie verschwinden konnte, aber das ging vorbei.
Die Furcht verschwand, auch wenn der Teufel sie aus seinen grausamen Augen sezierend anstierte.
Etwas anderes baute sich in ihr auf. Es war eine Kraft, die sie zuvor nicht erlebt hatte. Sie konnte sie auch mit dem Gefühl der Sicherheit umschreiben. Es rieselte durch ihre Adern, es befreite ihr Denken von der Angst, und auf einmal wusste sie, dass die Ringe sie beschützen würden.
Damit würde sie sogar dem Teufel und der Hölle Paroli bieten können. Ja, sie war mächtig geworden.
Tief holte sie Luft. Über ihre Lippen floss ein Lächeln. Jetzt spürte auch sie das Brennen in sich. Die kalte Haut der Angst auf ihrem Rücken war verschwunden.
Und Simone freute sich. Sie schleuderte dem Höllenherrscher ihre Worte entgegen. »Du hast es nicht geschafft, Satan! Du bist zu spät gekommen, zu spät!«
Er drehte kurz den Kopf. »Ich hole sie mir.«
»Nein, sie wird dir die Heiligen Ringe nicht geben. Sie gehören jetzt ihr, und dabei bleibt es.«
Asmodis bewegte seine klauenartigen Hände. Erst jetzt sah Yannah, dass er tiefschwarze Fingernägel hatte. »Willst du sie hergeben?« sprach er Yannah direkt an.
»Nein!«
»Ich werde sie mir holen, ich…«
»Das kannst du nicht!« schrie Simone dazwischen. »Du kannst sie nicht anfassen. Versuch
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