0722 - Eiswind der Zeit
Phänomen sank wieder in die drehende Kugelgestalt zusammen und verharrte an seinem Fleck.
Dann schleuderte er Blitze gegen seine Feinde, wandte sich um und rannte die Straße entlang in Richtung von Ombres Wohnung.
Gryf begriff als erster, dass der Spiegelwelt-Professor fliehen wollte. Während Zamorra und Nicole ihre magischen Angriffe aufgaben, sprang der Druide drei Meter vor den flüchtigen Magier. Er war gerade rematerialisiert, als der Meister des Bösen ihn erreicht hatte, gegen ihn prallte und regelrecht über den Haufen rannte.
Gryf knallte mit dem Kopf gegen die nächste Hauswand. Er saß ungläubig blickend auf dem Gehsteig, die Hände gegen den Kopf gepresst. Der Spiegelwelt-Zamorra rannte weiter, seine Schöpfung flog hinter ihm her.
Ihnen folgten Nicole Duval und Professor-Zamorra mit einigem Abstand. Nicole blieb bei Gryf stehen, während Zamorra seinem Gegenspieler hinterher rannte.
»Alles in Ordnung, Gryf?«, fragte Nicole atemlos.
»Unkraut vergeht nicht«, antwortete der Druide, als er seine linke Hand, die er gerade vom Kopf wegzog, anblickte.
Sie war voller Blut.
»Euch tue ich noch mal einen Gefallen«, ächzte er.
***
Der Schwarzmagier aus der Spiegelwelt hetzte die Straße entlang, ohne sich nur einmal umzudrehen, als ob Bluthunde hinter ihm her wären. Der Eiswind folgte ihm wie an einer mentalen Kette hängend in etwa zwei Metern Höhe. Die wenigen Passanten, die ihm entgegenkamen, registrierte er kaum. Die Leute waren zwar etwas verwundert, dass ein Mann vorneweg lief und drei Personen mit etwas Abstand hinterher, aber sie dachten sich nicht viel dabei. So etwas kam hier jeden Tag vor. Lediglich die blaue Kugel, die hinter dem ersten Mann baumelte und ihm folgte, erregte ihr Interesse.
Zamorra folgte ihm mit etwa fünfzig Meter Abstand. Weitere sechzig Meter hinter ihm kamen Nicole und Gryf etwas langsamer heran, bedingt durch die Verletzung des Druiden.
Davon jedoch hatte der Spiegelwelt-Magier noch nichts mitbekommen. Er wollte in die Nähe der Regenbogenblumen gelangen, um eine günstigere Ausgangs- und Fluchtposition zu bekommen und dachte, alle drei wären zusammen hinter ihm her.
Ich muss zurück in meine Welt und Verstärkung holen!, hämmerte es hinter seiner Stirn. So schnell wie nur möglich!
Als er das Haus erreicht hatte, in dessen Hinterhof die Regenbogenblumen wuchsen, stellte er sich zwischen die Blumen, konzentrierte sich auf den Kuppeldom in seinem Schloss und darauf, dass er vor vier Stunden von jetzt abgerechnet dort ankommen wollte, also kurz nachdem er von dort in unsere Dimension gereist war, und war gleich darauf verschwunden.
Zamorra erreichte als nächster den Hinterhof, doch seinen Gegenspieler sah er nicht mehr.
Zwei Minuten danach erreichten Nicole und Gryf denselben Platz.
»Warum hast du ihn nicht mit dem zeitlosen Sprung abgefang…«, wollte Zamorra von Gryf wissen, da entdeckte er die Verletzung. Er winkte ab. »Tut mir Leid, schon gut.«
Der Druide zog eine Grimasse. »Also das war dein anderes Ich? Ich bin nicht erfreut, ihn kennen gelernt zu haben. Mir langt der Zamorra auf unserer Seite…«
Und den blickte er scharf an.
»Ich weiß nur eines: Der kommt wieder! Und bestimmt nicht alleine…«
***
Seit Zamorra, Nicole und Gryf mittels der Regenbogenblumen nach Baton Rouge gereist waren, verspürte Fooly eine ihm selbst unerklärliche Nervosität. Er lief von einem Zimmer ins nächste, drehte dort wieder um, ging zurück, blickte aus dem Fenster, sah dabei jedoch nichts, weil er in weite Ferne starrte, begann wieder von vorne und seufzte ständig abgrundtief vor sich hin.
Butler William, der es sich in einem Sessel bequem gemacht hatte, schüttelte missbilligend den Kopf. So hatte er den Jungdrachen selten erlebt.
»Man müsste dir Baldrian geben«, meinte er. »Aber nicht nur tropfenweise, sondern gleich literweise.«
Fooly kniff die Augen zusammen, seine Arme wirbelten umher.
»Du hast die Ruhe weg«, beschwerte er sich bitter. »Ihr Engländer tut immer so cool und seid ständig not amused…«
»Ich - bin - Schotte«, stellte William in eisigem Tonfall klar.
»Engländer oder Schotte, ihr lebt alle auf einer Insel, da sind solche Feinheiten doch egal. Aber du machst mich nervös mit deiner Ruhe!«, schimpfte der Drache.
»Geht nicht, dass ich dich nervös mache, du bist schon nervös«, schmunzelte William. »Außerdem hat dir der Professor die Gründe genannt, weshalb du als ›mobiles Einsatzkommando‹ zur Verfügung
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