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0728 - Angst in den Alpen

0728 - Angst in den Alpen

Titel: 0728 - Angst in den Alpen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Die junge Frau trug einen langen Mantel aus Wolle. Über der Brust hielt sie ihn zusammengerafft.
    »Das ist eine Überraschung«, sagte ich.
    Sie gab keine Antwort, ging langsam auf mich zu und warf der Leiche einen scheuen Blick zu.
    Sie hatte ein leidlich hübsches Gesicht. Es war rund. Große Augen schauten mich an. Sie waren ebenso dunkel wie ihr Haar, das sie auf dem Kopf zu einem Nest zusammengeflochten hatte. Mit diesem Aussehen paßte sie in die Gegend und auch in jeden Heimatroman hinein. Sie legte einen Finger auf die Lippen und machte mir klar, daß es besser für mich sein würde, wenn ich nichts sagen würde oder nur leise sprach, wie sie dann andeutete.
    »Schön, wie Sie wollen. Darf ich dann fragen, wer Sie sind?«
    »Ja, natürlich. Ich bin an der Stelle meines Vater zu Ihnen gekommen, Herr Sinclair.«
    »Dann sind Sie die Tochter vom Bürgermeister.«
    »Ich heiße Trudi Lechner.«
    »Wie nett. Darf ich Trudi sagen?«
    »Gern.«
    »Und jetzt sagen Sie mir bitte, was sie von mir wollen.«
    »Ich möchte…«, sie hob die Schultern und schaute zu Boden. »Es ist nicht so leicht zu erklären.«
    »Probieren Sie es.«
    Sie sprach die Antwort schnell, als wollte sie die Worte unbedingt loswerden. »Ich möchte Sie warnen, Herr Sinclair.«
    »Sagen Sie bitte John.« Ich kam wieder auf das Thema zurück. »Warnen? Vor wem?«
    »Vor allen hier. Vor den Menschen in Glatsch.« Ängstlich schaute sie mich an.
    Ich blieb gelassen und lächelte. Nichts wird so heiß gegessen, wie es gekocht wird. »Es ist furchtbar nett von Ihnen, daß Sie mich warnen, Trudi, aber ich habe den Menschen hier nichts getan.«
    »Das sagen Sie!«
    »Sehen Sie das anders?«
    Trudi nickte heftig. »Ja, ich sehe es anders. Mein Vater und Fritz sitzen beim Ochsen-Wirt und wiegeln die Männer auf. Die beiden machen Sie für das Unglück verantwortlich. Dieses Dorf hat seine Ruhe gehabt, wir haben damit gelebt, doch jetzt sind Sie gekommen, haben sich…«
    »Pardon, Trudi. Aber womit haben Sie gelebt?«
    Sie ging zurück. Sonnenlicht fiel von der Seite her gegen ihr Gesicht und machte es blaß. »Was meinen Sie?«
    »Womit Sie gelebt haben.«
    »Habe ich das gesagt?«
    »Sicher.«
    »Dann vergessen Sie es, John. Ich habe mich versprochen. Fliehen Sie, gehen Sie weg!« Sie wollte zur Tür laufen. Noch in der Drehung bekam ich sie zu fassen und hielt sie fest.
    »So haben wir nicht gewettet. Dieser Mann, der dort liegt, ist tot. Man hat ihn eiskalt umgebracht. Ich bin Polizist, und ich bin dafür verantwortlich, daß der Fall aufgeklärt wird. Ich werde nicht so einfach aus Glatsch verschwinden.«
    Trudi Lechner sagte nichts. Sie schaute mich nur an, als wollte sie sich meinen Anblick noch einmal einprägen, bevor mich das Zeitliche segnete. »Sie sagen das alles, als wären Sie lebensmüde und würden mir kein Wort glauben.«
    »Doch ich glaube Ihnen. Aber ich will auch wissen, womit diese Bewohner gelebt und unter welchem Druck sie gestanden haben. Da sollten Sie mir schon mehr sagen.«
    »Ich weiß doch nichts!« erwiderte sie gequält.
    »Das kann sogar stimmen, aber ich möchte auf die drei Toten zurückkommen, die hier angeblich beerdigt wurden. Ich sage bewußt angeblich. Sie liegen nicht auf dem Friedhof, da war ich nämlich und hätte frische Gräber sehen müssen. Gibt es dafür eine Erklärung?«
    Trudi senkte den Kopf.
    »Bitte, Trudi!«
    »Nein…nein, ich glaube nicht.«
    »Glauben heißt nicht wissen, Mädchen!« Es klang abgedroschen, das wußte ich, aber ich wollte sie bei der Stange halten. »Was ist mit den drei Toten geschehen?«
    Trudi senkte den Kopf. Sie schaute auf ihre mit Fell gefütterten Winterschuhe, als hätte sie Furcht davor, mir in die Augen zu schauen. »Es stimmt«, gab sie zu, »mit den Toten ist etwas geschehen. Sie sind auch nicht auf dem normalen Friedhof begraben worden.«
    »Danke.«
    »Wofür denn?«
    Ich lächelte sie an. »Daß Sie das schon einmal zugegeben haben, Trudi.«
    »Mehr weiß ich auch nicht.«
    »Sie kennen ja meine Fragen noch nicht.«
    »Ich kann mir vorstellen, daß Sie von mir wissen wollen, wo die drei Toten hingebracht worden sind.«
    »Das gebe ich gern zu.«
    »Aber ich weiß es nicht.«
    Das nahm ich ihr ab. »Gut, Trudi, sie waren plötzlich nicht mehr da, nicht wahr?«
    »So ist es.«
    »Wissen Sie wirklich nicht, wohin sie gebracht worden sind? Hat keiner im Ort darüber gesprochen?«
    Trudi räusperte sich und schluckte. »Irgendwie schon, aber nicht genau, wissen

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