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0728 - Angst in den Alpen

0728 - Angst in den Alpen

Titel: 0728 - Angst in den Alpen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Bürgermeisters hob sich wie eine Figur vom Boden ab. Ich winkte ihm zu. Er rührte sich nicht.
    »Kommen Sie, Herr Lechner!« Da erst setzte er sich in Bewegung.
    Aber er ging noch immer so, als würde er sich fürchten. Auch als er das Haus betrat, blickte er sich vorsichtig um, weil er jeden Augenblick erwartete, attackiert zu werden. Aber nichts geschah.
    »Es kommt mir vor wie ein Totenhaus«, sagte Lechner, als er auf mich zuging. »Hier kann man einfach nur Angst bekommen.«
    »Gemütlich ist es nicht«, gab ich zu.
    »Bitte, Herr Lechner, schließen Sie die Tür.«
    »Warum?«
    »Das werden Sie schon sehen.«
    Er tat es. Dabei flüsterte er, wahrscheinlich sprach er sich Mut zu. Anschließend kam er mir nach.
    Ich befand mich auf dem Weg zur Leiche und blieb neben dem Tisch stehen. Viel war nicht zu sehen. Lechner schüttelte den Kopf. Einen Moment später aber stöhnte er auf. Da floß geisterhaft bleich das Licht meiner Lampe über die kleine zwergenhafte Gestalt und erreichte auch das Gesicht, wo es sich konzentrierte.
    »Nun, Herr Lechner?«
    Er bewegte sich neben mir. Seine Kleidung schabte, als er den Arm hob und sich an die Kehle faßte.
    Es sah aus, als wollte er sich selbst erwürgen.
    »Er ist es. Verdammt, er ist es! Ja, das ist der alte Savini. Wie furchtbar!«
    Auch ich hatte meinen Blick nicht zur Seite gedreht. Voll und ganz konzentrierte ich mich auf diesen Anblick. Das Gesicht hatte sich nicht verändert. Es wirkte noch immer wie zugewachsen und gleichzeitig in die Breite gelaufen. Lag es nun am kleiner gewordenen Körper, daß auch das Gesicht so zwergenhaft wirkte?
    Ich wußte es nicht und ließ den Strahl gegen die kleinen Beine und Arme wandern.
    Lechner faßte ihn an. Sehr schnell zuckte seine Hand wieder zurück. »Ein Toter aus Stein, ein steinerner Toter«, flüsterte er. »Es ist alles eingetroffen.«
    »Was traf ein?«
    »Was Sie erwähnten.«
    »Stimmt. Und doch weiß ich zuwenig, Herr Lechner. Sie müssen mir da helfen.«
    »Wie könnte ich das?«
    »Hatten wir nicht noch über Ihre Tochter reden wollen?« Lechner nickte. »Ja, schon – aber was hat sie mit diesem Toten hier zu tun?«
    »Nichts, hoffe ich.«
    Er drehte den Kopf, weil er nicht mehr auf die kleine, starre Gestalt schauen wollte. »Ich kann Ihnen ja nicht viel sagen, Herr Sinclair, und wundere mich sowieso, daß ich mit Ihnen über dieses Thema spreche. Sie sind ein Fremder. Normalerweise haben wir hier in Glatsch zu Fremden kaum Vertrauen, aber bei Ihnen ist das anders, da habe ich einfach Grenzen übersprungen. Ich weiß auch nicht, ob es etwas zu bedeuten hat.« Er korrigierte. »Doch, es hat etwas zu bedeuten. Meine Tochter, also ihre Reaktionen waren nicht normal. Eigentlich kenne ich sie gar nicht richtig, obwohl sie immer bei uns lebte. Aber sie war sehr allein. Sie tat, was sie wollte.«
    »Genauer, bitte.«
    »Sie ging weg.«
    »Ist das alles?«
    Lechner stöhnte leise auf. Er rang nach Worten. »Ich weiß auch nicht, wie ich Ihnen das alles begreifbar machen soll. Jedenfalls ist sie oft verschwunden, ohne uns zu sagen, wohin sie geht. Früher war das anders, da haben wir sie fragen können. Sie wollte einfach nur spazierengehen, um sich in der Natur umzuschauen. Trudi liebt die Natur. Sie ist ihr eigentliches Zuhause, habe ich das Gefühl. Aber sie sagte uns nie, wohin sie ging, und das fand ich so seltsam und auch unbegreiflich. Es muß aber einen Ort gegeben haben. Später dann, als Trudi erwachsen war, ist sie dann einfach gegangen. Wir haben auch nicht das Recht gehabt, sie aufzuhalten.«
    »Wann war das?« fragte ich.
    »Meist in der Nacht, auch in den Zeiten, wo bei uns kaum Touristen ihren Urlaub verbrachten. Am anderen Morgen saßen wir zusammen, wir haben darüber gesprochen und meine Frau und ich stellten die entsprechenden Fragen. Trudis Antworten fielen immer sehr knapp aus. Nicht daß sie böse wäre, das nicht, aber sie kam uns jedesmal verändert vor. So nachdenklich und in sich gekehrt, aber nie unglücklich. Manchmal hat sie sogar gelächelt, trotz der Falten auf ihrer Stirn, die immer dann entstehen, wenn sie sich mit einem Problem beschäftigt.«
    »Wie hießen die Probleme?«
    »Ich kann es nicht genau sagen. Wir hatten nur immer das Gefühl, als würde sie mehr wissen als wir.«
    »Über die Zwerge?«
    »Zum Beispiel.«
    »Hat sie versucht, das Rätsel zu lösen?«
    »Ich kann es nicht sagen. Ich kann mir aber vorstellen, daß sie mehr wissen wollte. Wenn ich ihre nächtlichen

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