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073 - Der Schlaechter

073 - Der Schlaechter

Titel: 073 - Der Schlaechter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Agapit
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ruhig. „Hoffentlich werden Sie bald von der Polizei geschnappt. Wenn ich nicht den Eid des Hippokrates geschworen hätte, würde ich Sie jetzt eigenhändig umbringen.“
    „Aha, so ist das. So ist das!“
    Dr. Kappa rannte wie ein Wilder im Zimmer auf und ab. Er ballte die Hände zu Fäusten, und seine Augen waren blutunterlaufen vor Wut. Schaum trat ihm vor den Mund.
    „So ist das also“, wiederholte er. „Wir werden ja sehen.“
    Er rannte aus dem Raum. Die Tür fiel krachend hinter ihm ins Schloß.
    Dr. Heintz stieß einen Seufzer aus. Er hob seine Kugel auf und legte sich auf sein Bett, ständig beobachtet von den Schwarzen.
    Er versuchte zu schlafen, um dem Alptraum zu entrinnen. Die Anwesenheit der Neger störte ihn. Außerdem mußte er mit Unbehagen an die Drohungen denken, die Kappa ausgestoßen hatte. Er war darauf gefaßt, den Chirurgen mit einer Zwangsjacke eintreten zu sehen. Die Gedanken daran hinderten ihn am Einschlafen.
    Die Zeit verrann, ohne daß etwas geschah.
    Etwa eine halbe Stunde später hörte er, wie sich der Schlüssel im Schloß drehte. Er richtete sich halb auf.
    Dr. Kappa erschien wieder auf der Bildfläche. Er trug einen Kasten in der Hand, bei dessen Anblick der Gefangene zusammenfuhr. Er fürchtete, daß darin irgendwelche Instrumente aufbewahrt würden, mit denen er gefoltert werden sollte.
    Mit Erstaunen sah Heintz, daß der Chirurg über das ganze Gesicht grinste. Er stellte den Kasten auf das Bett und sagte:
    „Nach einer exzellenten Mahlzeit bin ich wieder friedlich. Meine Wut ist verraucht. Ich habe beschlossen, Sie zunächst einmal mit Sanftheit zu behandeln. Wenn Sie mich jedoch zu sehr ärgern, kann ich jederzeit andere Mittel anwenden. Im Augenblick bin ich guter Dinge. Ich lasse Gnade walten. Wenn Sie mir versprechen, keine Dummheiten zu machen, nehme ich Ihnen die Kugel ab. Versprochen?“ „Versprochen.“
    „Und versuchen Sie nur nicht, mir den Hals umzudrehen. Erstens haben die Schwarzen Befehl, Sie sofort zu töten, wenn Sie mir auch nur ein Haar krümmen. Verstanden?“ „Verstanden.“
    Der Chirurg holte einen kleinen Schlüssel aus der Tasche und öffnete das Schloß der Kette, an der die Kugel befestigt war.
    „Haben Sie Schmerzen?“ fragte Kappa. „Ja. Ein wenig.“ „Ich werde Sie massieren.“ Dr. Kappa begann mit der Massage, und Heintz nahm mit Verwunderung wahr, wie geschickt diese groben, kräftigen Hände dabei vorgingen. Es war eine Art Zärtlichkeit, die von ihnen ausging und die das Blut wieder zirkulieren ließ und den Schmerz eindämmte.
    „Vom gutfunktionierenden Kreislauf hängt alles ab“, meinte Kappa. „Wissen Sie, was ich heute nacht geträumt habe? Daß ich tot war und in den Himmel gekommen bin.“ „Das ist wohl nicht der richtige Platz für Sie“, meinte Dr. Heintz ironisch.
    „Bitte keine deplazierten Bemerkungen. Im Himmel gab es lauter Seelen, die ganz weiß waren. Sie weinten, und ihre Tränen waren Schnee. Mehr war dort nicht zu sehen. Totenstille herrschte. Nicht lange, und ich fing an, mich fürchterlich zu langweilen. Also habe ich gebeten, ob man mich nicht in die Hölle schicken könnte. Jetzt wollen Sie doch sicher sagen: Da gehören Sie auch hin. Stimmt’s?“
    „Genau. Ich hatte es schon auf der Zunge.“
    „Ich wußte es doch. Ich kam also in die Hölle. Und wissen Sie, was ich da gesehen habe? Ein Gewimmel und Gehetze. Alles rannte und jagte herum und sprach durcheinander. Und jeder jagte nach irgend etwas: nach Lob, nach Liebe, nach Geld und so weiter. Ich bin zu der Erkenntnis gekommen, daß die Hölle hier auf der Erde ist, hier, wo wir alle leben. Haben Sie begriffen?“
    „Natürlich.“
    „Ausgezeichnet.“
    Dr. Kappa beugte sich vor, und entsetzt nahm Dr. Heintz wahr, daß er sein wundes Fußgelenk küßte.
    „Wollen Sie nicht wissen, was in dem Kasten ist?“ fragte der verrückte Chirurg.
    „Doch.“
    „Es ist ein Tonbandgerät. Ich habe ein besonderes Hobby. Ich schreibe Chansons und komponiere Melodien dazu. Ich singe sie und begleite mich dabei selber auf dem Klavier. Das Ganze nehme ich dann auf Tonband auf. Sie werden jetzt mein neuestes Werk hören.“
    Dr. Kappa drückte eine Taste. Dr. Heintz vernahm eine einprägsame, fröhliche Melodie, die folgenden Text begleitete:
    „Bin ich nicht ein Genie? Ich heile die Menschen – und wie!
    Ob Arm, ob Kopf, ob Knie, ich operiere sie. Ich kann alles, kikeriki, einen Fehler mache ich nie! Refrain: Ole, hehe, tut’s weh? Bein ab, Arm ab, oh

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