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073 - Der Schlaechter

073 - Der Schlaechter

Titel: 073 - Der Schlaechter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Agapit
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wieder. Schließlich wollte Kappa ihn ja als Mitarbeiter gewinnen und würde sich zu einer solchen Operation nicht so schnell entschließen. Im Augenblick war nichts zu befürchten.
    Er tastete nach dem Lichtschalter. Die Deckenbeleuchtung ging an.
    Dr. Heintz schaute auf seine Uhr. Sie war stehengeblieben. Wieviel Uhr mochte es wohl sein?
    Plötzlich bemerkte er, daß er allein war. Sieh an, dachte er, die Wachen sind weg. Was hatte das zu bedeuten?
    Er entdeckte an der Wand einen Knopf, den er bis dahin noch nicht gesehen hatte. Auf einem Pappschild daneben war zu lesen: Klingel.
    Heintz drückte den Knopf. Im Nebenraum ertönte eine Glocke. Unvermittelt stand der kleine Page auf der Türschwelle und rieb sich die Augen.
    „Du bist es?“ fragte Heintz. „Wo kommst du her?“
    „Man hat mir ein Feldbett nebenan aufgestellt. Ich soll Ihnen Gesellschaft leisten, Monsieur.“
    „Hast du geschlafen?“ fragte Heintz wieder.
    „Ja, Monsieur.“
    „Wo sind die Schwarzen?“
    „Sie sind zum Essen und Schlafen gegangen.“
    „Ich verstehe. Ich habe geläutet, weil ich wissen wollte, wie spät es ist.“
    „Ich weiß es nicht. Aber es wird bald hell, ich habe schon vom Dorf her einen Hahnenschrei gehört.“
    „Gut. Entschuldige, daß ich dich geweckt habe. Du kannst dich wieder schlafen legen.“
    Das Kind zögerte.
    „Monsieur, brauchen Sie wirklich nichts mehr?“ fragte es und schlug die Augen nieder.
    „Nein, warum?“
    Der Junge warf ihm einen raschen Blick zu und flüsterte verwirrt:
    „Nebenan ist eine Frau.“
    Dr. Heintz ging auf das Nebenzimmer zu.
    Eine Frau sprang von einem Feldbett auf und lächelte den Doktor an.
    Sie war jung, sehr jung sogar, fast noch ein Mädchen. Sie trug wie der Page einen Pyjama aus blutroter Seide, mit einer langen weiten Hose und einer knappen Weste, die eine kleine, wohlgeformte Brust freiließ.
    Dr. Heintz mußte lachen. Der Hausherr war entweder ein Humorist, oder aber ein besonders aufmerksamer Gastgeber. Für die Stunden der Nacht hatte er die Schwarzen durch verführerisch aussehende Schönheiten ersetzt. Ich darf wählen, dachte er.
    Er wandte sich an das junge Mädchen.
    „Sie können sich wieder hinlegen, Mademoiselle“, sagte er knapp. Dann nahm er den Pagen mit in sein Zimmer.
    Er setzte sich in einen Sessel und machte dem Jungen ein Zeichen, näherzukommen. Er nahm ihn zwischen die Knie und sagte: „Wir müssen leise sprechen, damit niemand uns hört. Sag mir, wer hat außer deinem Herrn noch einen Schlüssel zu diesem Zimmer?“
    „Niemand, Monsieur.“
    „Könntest du deinem Herrn diesen Schlüssel stehlen?“
    „Nein, Monsieur.“
    „Warum nicht?“
    „Erstens, weil es verboten ist, und zweitens, weil ich nicht weiß, wo der Doktor den Schlüssel hat. Er trägt ihn immer bei sich.“
    „Wieviel Leute leben in diesem Schloß?“
    „Ungefähr zwanzig.“
    „So viele?“
    „Ja. Dr. Kappa, der Hausmeister, der Koch, die Diener, die Zimmermädchen, die Neger, ein Gärtner, die Putzfrauen, dann ein paar Krankenpfleger und Krankenschwestern, die Lastwagenfahrer und ein Posten auf der Terrasse. Und ich.“
    „Und die Frau nebenan?“
    „Sie ist die Sekretärin des Doktors.“
    „Aha. Du hast eben von einem Posten auf der Terrasse gesprochen. Was tut er da?“
    „Das weiß ich nicht.“
    „Und wozu dient der Lastwagen?“
    „Er holt nachts die Lebensmittel für uns.“
    „Bist du schon manchmal außerhalb des Schlosses gewesen, zum Beispiel, um Besorgungen zu machen?“
    „Nein, Monsieur, niemand von uns verläßt das Schloß, außer, unser Herr hat einen speziellen Auftrag für jemanden.“
    Diese Antwort des Kleinen durchkreuzte die Pläne des Doktors. Er hatte gedacht, daß er über den Pagen vielleicht zu einem Nachschlüssel kommen könnte.
    „Also“, fragte er weiter. „Du bist genauso ein Gefangener wie ich?“
    „Ja.“
    „Hast du nie versucht, zu fliehen?“
    „Nein, ich bin glücklich hier.“
    „Weiß du, wo die Werkzeuge aufbewahrt werden?“
    „Ja. Unten im Arbeitszimmer.“
    „Wo essen die Leute mittags?“
    „Im Speisesaal.“
    „Essen alle zur gleichen Zeit?“
    „Ja. Nur der Doktor nicht. Er läßt sich gesondert servieren.“
    Dr. Heintz sah dem Jungen fest in die Augen.
    „Hör zu“, sagte er. „Heute mittag, wenn alle beim Essen sind, holst du ein Werkzeug aus dem Arbeitszimmer und bringst es mir heimlich.“
    „Was für ein Werkzeug?“ fragte der Junge erstaunt.
    Heintz überlegte. Die Fenster waren

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