073 - Der Schlaechter
mußte. Alle trugen weiße Ärztekittel.
„Wo waren Sie?“ fragte Kappa verärgert.
„Wir haben Karten gespielt“, antwortete der Riese.
„Wissen Sie nicht, daß wir zwei Kranke haben?“
„Sie haben uns gesagt, daß wir uns nicht um sie kümmern sollen.“
„Jetzt gebe ich Ihnen folgenden Befehl: Sie stellen sich jetzt alle zehn vor das Bett Nr. 1. Darin liegt der Maler. Und dann betrachten Sie den Patienten den ganzen Tag lang so, als ob er jede Minute sterben müßte. Wenn er Sie fragt, antworten Sie ihm, daß er in Lebensgefahr schwebt, denn sein Herz hätte durch den mißglückten Selbstmordversuch und die Unfallfolgen sehr gelitten. Erfinden Sie, was Sie wollen, aber machen Sie ihm Angst. Ich will, daß er noch heute abend einen Herzanfall bekommt. Wenn das nicht eintritt, werde ich die Behandlung in die Hand nehmen. Gehen Sie jetzt. Ach – warten Sie. Bringen Sie den anderen Patienten aus dem Zimmer, er stört nur. Um ihn muß ich mich auch kümmern. Wenn er Ärger macht, geben Sie ihm eine Spritze, damit er schläft, verstanden?“
„Verstanden, Monsieur“, sagte der Große.
Heintz betrachtete die Assistenten, die sich zurückzogen. Sie funktionierten wie Automaten, die von Kappa angetrieben wurden. Wenn der Chirurg ihnen befohlen hätte, den Maler zu töten, hätten sie es ohne Zögern getan.
Heintz drehte sich empört zu Kappa um.
„Sie wollen dem Maler eine Krankheit suggerieren?“ fragte er.
„Ich will vor allen Dingen, daß er überzeugt davon ist, todkrank zu sein.“
„Warum?“
„Damit er mir später dankbar für eine interessante Operation ist, die ich an ihm durchführen will.“
Heintz wurde immer verwirrter.
„Ja, was denn, um Himmels willen, für eine Operation?“ rief er aus. „Er ist doch gesund. Mit seinem Herzen kann er hundert Jahre alt werden.“
„Ich bin für Radikalkuren. Der Mann hat ein krankes Herz. Also ganz einfach: Ich will sein Herz aus der Brust entfernen und das des Gangsters dafür einsetzen, das, wie Sie selbst gesagt haben, in ausgezeichnetem Zustand ist.“
Dr. Heintz sprang auf.
„Aber wenn Sie dem Mörder das Herz herausoperieren, müssen Sie ihn doch töten“, sagte er.
„Ja und? Der Mann hat sicher fünfmal die Guillotine verdient.“
„Sie sind doch kein Richter, Kappa.“
„Ja, ja, schon gut … also, akzeptieren Sie nun?“
„Was?“
„Mir bei der Herztransplantation zu helfen?“
„Nie und nimmer“, sagte Heintz erregt. „Schlagen Sie sich das gleich aus dem Kopf. Ich verstehe einfach nicht, warum Sie so eine vollkommen sinnlose Operation machen können.“
„Aus Liebe an der Sache.“
„Sie töten Menschen also nur zum Spaß?“
„Wenn Sie so wollen, ja. Es dient aber auch der Wissenschaft. Ich will das Mittel ausprobieren, das ich erfunden habe und das den Fremdkörper gegen die Körperabwehr schützen soll.“
„Was Sie auch für Gründe haben“, sagte Heintz. „Es ist – ungeheuerlich, was Sie da tun.“
„Sie sind das Ungeheuer, nicht ich, mein Lieber.“
„Wie bitte?“
„Es gibt zwei Gruppen von Menschen: diejenigen, die die Welt akzeptieren, wie sie ist, und die, welche sie verändern wollen, indem sie sich der menschlichen Intelligenz bedienen. Stimmt’s?“
„Ja.“
„Sie, Heintz, gehören zur ersten Gruppe, ich zur zweiten. Kein Einspruch?“
„Meinetwegen nein. Und dann?“
„Wenn Sie die Welt so akzeptieren, wie sie ist, halten Sie den Fortschritt auf.“
„Hören Sie mal …“
„Ich dagegen“, unterbrach ihn Kappa. „Habe lauter Einfälle, jeder Einfall gleicht einem kleinen Gott, der nur darauf wartet, geboren zu werden. Sie töten die Götter durch Ihre Unbeweglichkeit und Trägheit. Sie haben mich Mörder genannt. In Wirklichkeit sind Sie der Mörder, wenn Sie mir nicht bei der Operation helfen. Oh, ich werde Sie dazu zwingen, ich quäle Sie, ich lasse Sie hungern!“
Heintz wurde von Abscheu geschüttelt.
„Die ärgsten Qualen können mich nicht zwingen, etwas zu tun, was mein Gewissen mir verbietet“, sagte er.
„Das werden wir ja sehen“, rief Kappa. „Im übrigen brauche ich in diesem Fall Ihre Hilfe nicht unbedingt. Ich habe meine Assistenten, die auf dem laufenden sind. Ich wollte Sie nur schon einmal einweihen. Später werde ich jemanden brauchen, der Erfahrung hat wie Sie. Es ist nämlich viel schwieriger, ein Gehirn zu verpflanzen als ein Herz.“
„Ein Gehirn?“ rief Dr. Heintz verblüfft.
„Ja. Da fallen Sie wohl aus allen Wolken, wie? Sie
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