073 - Der Schlaechter
quälte ihn unaufhörlich. Sein Herz zog sich zusammen bei dem Gedanken, daß er diesen Jungen auf dem Gewissen hatte.
Er selbst war dazu verurteilt, Hungers zu sterben. Das war immer noch besser, als der Komplize dieses grausamen, sadistischen Ungeheuers zu werden. Er mußte seinen Leidensweg zu Ende gehen.
Es dauerte nicht lange, und die Tür öffnete sich. Herein trat Kappa mit einem Tablett in der Hand.
„Ich habe gerade einen Aperitif getrunken“, sagte er freundlich. „Was eigentlich gegen meine Gewohnheiten verstößt. Aber jetzt sehe ich das Leben wieder wie durch eine rosa Brille. Ich habe mich entschlossen, über Ihr schlechtes Benehmen hinwegzusehen und mit Ihnen zu speisen.“
Heintz gab keine Antwort.
„Ich hatte eigentlich vor, jeden Tag in Ihrer Anwesenheit zu essen, während Sie hungern sollten“, fuhr Kappa fort. „Ich wollte Sie quälen. Aber Sie müssen nicht glauben, daß ich ein so grausames Herz habe. Im Grunde genommen bin ich sehr sensibel. Aber ich sehe, Sie haben keine Lust. Gut, dann eben später, wenn es Ihnen paßt.“
Heintz mußte lächeln. Wenn dieser Mann nicht ein krimineller Wahnsinniger wäre, könnte er fast sympathisch sein, dachte er. Er sucht meine Freundschaft, weil er mich braucht.“
Der Schloßherr redete weiter.
„Ich habe dem Maler gesagt, daß sein Herz ausgetauscht werden muß. Er ist fast gestorben vor Angst. Aber ich habe ihm schonend beigebracht, daß ich ihm das Herz des Gangsters übertragen will, der sowieso seinen Schädelbasisbruch nicht überleben würde. Ich habe den Maler um Erlaubnis für diese Operation gebeten.
Ja, er hat eingewilligt, voller Angst. Schreck und Hoffnung kämpften in ihm. Beim Abhorchen habe ich getan, als ob es gleich mit ihm zu Ende sei. Schließlich hatte ich ihn soweit, daß er mich angefleht hat, ihm das Herz des anderen einzupflanzen. Oh, er bekommt es. Ich brauche seine Erlaubnis dazu nicht. Aber es macht mir Spaß, zu sehen, wie er reagiert. Ich muß ein wenig sadistisch sein wie die Katze, die erst mit einer Maus spielt, ehe sie sie tötet. Sie sagen nichts dazu, Heintz?“
Das Schweigen war drückend.
Kappa fuhr fort: „Früher habe ich die Blutgefäße des Patienten an das neue Herz angenäht. Aber das dauert zu lang. Ich bin für rasches Arbeiten. Jetzt mache ich es so, daß ich dem Patienten ein Stück von seinem alten Herzen lasse, und daran klebe ich einfach das neue Herz. Ich habe gesagt‚ kleben’. Ah, ich sehe, Sie hören mir zu. Das interessiert Sie doch, nicht wahr, Doktor? Es ist wirklich so eine Art Leim, den ich erfunden habe, und der außerordentlich körperverträglich ist. Wenn das Herz dann angewachsen ist, löst sich der Leim von selbst auf. Was sagen Sie dazu? Die ganze Operation ist im Nu erledigt. Ich bin ein Genie und allen Ärzten der Welt weit voraus.“
Wieder verstrich eine Zeit bedeutungsvollen Schweigens. Dann fuhr Dr. Kappa fort: „Wenn Sie diese Operation gesehen haben, können wir uns langsam daran machen, Gehirntransplantationen zu wagen. Sie und ich. Wir werden uns schon noch einigen. Aber warum sagen Sie nichts? Ich habe keine Lust, die ganze Zeit Monologe zu halten.“
Heintz brachte keinen Laut heraus.
„Dann werde ich Ihnen eben noch etwas Hübsches erzählen“, sagte Kappa. „Wissen Sie, woher ich mein Geld bekomme, um dieses Schloß zu halten? Im Keller stelle ich sämtliche Rauschgifte her, die es gibt. Ich bin der größte Drogenhändler in Frankreich. Das bringt mir ein Vermögen ein. Sogar in Amerika habe ich Abnehmer. Meine Verteiler sind über die ganze Welt verstreut, Roboter natürlich, die mir gehorchen, ohne Fragen zu stellen. Jetzt sind Sie platt, wie? Sie werden verstehen, daß ich Sie durch dieses Geständnis erst recht nicht mehr laufen lassen kann. Finden Sie sich damit ab. Werden Sie mein Freund. Das ist die einzige Möglichkeit für Sie hier. Oder der Tod. Ich hoffe, Sie werden so vernünftig sein, die richtige Wahl zu treffen. Ich überlasse Sie jetzt Ihren Überlegungen. Ihr Schweigen hat mir den Appetit genommen.“
Er wandte sich an die Schwarzen.
„Nehmt ihm die Kugeln ab, und laßt ihm das Essen da. Es soll niemand sagen, daß ich nicht nett zu Ihnen gewesen bin, Heintz.“
Er ging. Die Neger nahmen Dr. Heintz die Fesseln ab und verschwanden ebenfalls. Der Arzt hörte, wie von außen der Schlüssel zweimal im Schloß gedreht wurde.
Dr. Heintz war allein. Er dachte, daß es ungeschickt wäre, auf das Essen zu
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