0730 - Der unheimliche Todesengel
keine Sorge zu haben. Sie sind in Sicherheit.«
Er schaute direkt in das blasse Gesicht und sah auch das Zucken darin. Die junge Frau bewegte den Mund. Suko mußte ihr das Wort schon von den Lippen ablesen, so leise hatte sie gesprochen. Und sie wiederholte dabei das Wort.
Es klang ungläubig. Die Angst überkam sie wieder. Janina bewegte ihren Kopf hektisch nach links und rechts.
»Da ist nichts«, sagte Suko. In der Tat war die Straße leer. Nicht einmal ein Fahrzeug rollte vorbei.
»Der Schatten…«
Suko horchte auf. »Welcher Schatten? Von wem sprechen Sie?«
»Der… der mich verfolgt hat.«
Suko lächelte nicht. »Sie sind von einem Schatten verfolgt worden?« hakte er nach.
»Ja, das… das war so.«
»Ich verstehe nicht…«
Sie krallte sich an ihm fest. »Er… er war erst in meinem Zimmer, unter der Decke hing er fest. Er jagte mir dort eine wahnsinnige Angst ein. Dann mußte ich fliehen. Ich konnte ihn nicht mehr ertragen, aber er löste sich dann.«
»Und weiter?«
»Er jagte hinter mir her. Er war lautlos. Er bewegte nicht einmal seine Füße. Er schwebte, ich konnte ihn nicht hören. Er will mich töten, Mister!«
»Ein Schatten?«
Sie atmete einige Male tief aus und ein und nickte dabei. »Ja, ein Schatten. Ein Todesengel.« Sie räusperte sich. »Ein düsterer Todesbote, den der Leibhaftige mir geschickt hat.«
Suko ließ sich die Worte durch den Kopf gehen. Litt die Person unter Zwangsvorstellungen, oder hatte sie tatsächlich einen Schatten gesehen? Er konnte es kaum glauben, dann erinnerte er sich daran, wie er in die Einfahrt hineingeschaut und an deren Ende eine Bewegung wahrgenommen hatte.
Konnte das der Schatten gewesen sein? Oder hatte sich Suko getäuscht?
Er wechselte das Thema. »Wie heißen Sie?«
»Janina.«
»Und weiter?«
»Ferry. Janina Ferry. Ich… ich lebe hier in der Gegend. Ich wohne im Haus… in…« Sie sprach nicht mehr weiter, weil sie einfach nicht wußte, wo sich das Haus befand. Sie war gerannt, weggelaufen, geflüchtet, ohne etwas erkannt zu haben.
»Sagen Sie mir die Adresse?«
Sie tat es.
Suko kannte sich relativ gut aus. Er wußte, daß das Haus nicht weit von dieser Stelle entfernt lag.
Gewissermaßen in einer Parallelstraße. Es würde nur Minuten dauern, wenn er sie zurückbrachte.
»Gut, dann werde ich mit Ihnen gehen, Janina.«
Die junge Frau zuckte zusammen. »Mit mir gehen?« flüsterte sie. »Wohin denn?«
»Nach Hause!«
Sie versteifte, fror ein, als wollte sie an der Wand des Hauses festkleben. Suko fiel auf, daß sie unter dem Mantel keine normale Kleidung trug, sondern nur ihr Nachtzeug. Sie mußte wirklich in großer Panik davongelaufen sein.
»Was haben Sie?«
»Nicht nach Hause! Um Himmels willen nicht! Ich… ich will nicht zurück in mein Zimmer.«
»Okay, das kann ich verstehen. Aber wo wollen Sie hin, bitte sehr? Sagen Sie es mir.«
Ihr Blick glitt an Suko vorbei und verlor sich in der Ferne. Suko hätte gern die Gedankengänge der jungen Frau verfolgt, aber das war nicht möglich. »Ich… ich weiß es noch nicht«, gab sie flüsternd zur Antwort. »Ich habe keine Ahnung - wirklich. Ich… ich bin einfach nur so losgerannt, das war alles.«
»Aha.«
Sie schaute ihn an. Ihr Gesicht war sehr blaß, die Augen darin übergroß. »Glauben Sie mir nicht?«
»Das hat damit nichts zu tun. Aber Sie müssen doch irgendwohin. Sie können in Ihrem Aufzug nicht durch die Nacht laufen, die erst gerade begonnen hat. Das ist bei diesem Wetter nicht möglich. Außerdem ist die Gegend hier ziemlich einsam…«
»Ich weiß.«
»Einigen wir uns darauf, daß ich Sie nach Hause bringe und mich in Ihrem Zimmer einmal umschaue. Sollte ich dort etwas Verdächtiges entdecken, werde ich Sie mitnehmen.«
»Und wohin?«
»Wohin Sie wollen«, erwiderte Suko lächelnd. »Ich bin da ziemlich offen, ehrlich gesagt.«
»Aber der Schatten…«
»Wir werden ihn sehen, wenn er sich tatsächlich bei Ihnen aufgehalten hat.«
Sie senkte den Kopf. Dann nickte sie, preßte sich plötzlich an Suko und fing an zu weinen. Es würde ihr guttun, denn nur so konnte sich der Schock richtig lösen.
Suko streichelte ihren Rücken, während er sich gedanklich mit ihren Aussagen beschäftigte. Eigentlich kam ihm diese junge Frau nicht vor wie eine Person, die unter Zwangsvorstellungen litt. Es konnte durchaus sein, daß sie den Schatten gesehen hatte. Er wußte einfach zuwenig, um eingreifen zu können, deshalb fragte er: »Wieso haben Sie den Schatten an
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