0730 - Der unheimliche Todesengel
Bild vor ihren Augen, das sie so erschreckt hatte. Janina dachte an die Größe der Gestalt.
Sie war höher und auch breiter als ein Mensch, ein monströser Schatten, der alles in sich hineinsaugen wollte.
Die letzten Stufen.
Janina holte noch einmal tief Luft und ließ sie mit einem Sprung hinter sich.
Für einen Moment hatte sie Angst, nicht richtig aufzukommen, aber sie schaffte es gut. Auf den glatten Fliesen rutschte sie nicht einmal aus, lief auf die Haustür zu und hoffte, daß sie nicht verschlossen war. Es wäre auch nicht tragisch gewesen, sie trug den Schlüssel in der Tasche, aber es hätte Zeit gekostet, sie zu öffnen.
Sie war nicht verschlossen.
Janina taumelte ins Freie. Sie hätte sich gewünscht, in eine Landschaft zu kommen, die genügend Platz bot, statt dessen erreichte sie die Enge einer Straßenschlucht, sah statt Bergen nur die gegenüberliegendem Fassaden der Häuser, die dicht zusammenstanden, wobei hinter den Fenstern kaum noch Licht brannte.
Es war spät. Die Menschen lagen schon in den Betten. Janina schaute kaum hin, als sie sich nach rechts wandte und weiterging. Sie hatte sich nicht einmal dafür interessiert, wichtig allein war, diese Gegend zu verlassen.
Wie es dann weitergehen sollte, darüber konnte sie sich später Gedanken machen, und zwar bei Tageslicht, dann sah die Welt wieder ganz anders aus, und Janina konnte richtig durchatmen.
Sie ging zitternd, holte dabei immer wieder tief Luft, legte den Kopf zurück, schaute in die Höhe und sah den Himmel nicht. Nur ein wolkiges, düsteres Etwas schwebte über ihr wie eine unheimliche Landschaft, die bewußt dort oben hingemalt worden war, um dem Bösen den nötigen Schutz zu geben.
Der Wind war kalt. Der Sprüh berührte ihr Gesicht. Das Licht der wenigen Straßenlaternen sah aus wie blau angestrichen. Sie schaute hin und sah die Laterne wie einen skelettierten Arm vor sich in die Höhe ragen.
Aber sie sah noch mehr!
Da war der Schatten!
Janina erstarrte. Sie konnte sich nicht mehr bewegen, blieb auf der Stelle stehen. Eisstäbe steckten in ihrem Körper. Eine unnatürliche Kälte überkam sie. Das Grauen floß von innen hoch.
Und jetzt ist niemand in der Nähe, der dir zur Seite stehen kann! Sie zitterte bei diesem Gedanken, als sie in das Licht der Laterne schaute, wo er stand.
Er sah aus, als würde er über dem Boden schweben. Zwar besaß er die Umrisse eines Menschen, er war trotzdem konturenlos. Er war ein Geist, ein Schatten, ein unheimlicher Todesbote.
Sie ging zurück.
Alles, nur nicht nach vorn gehen. Ihre Füße bewegten sich automatisch. Die Reaktionen wurden nicht einmal bewußt vom Gehirn gesteuert, und sie merkte auch kaum wie sie mit der Schulter an der Hauswand entlangstrich. Bis sich die Lücke auftat.
Ein irrer Zufall, sie stolperte sogar hinein. Das Wort handtuchschmal paßte sehr gut, denn dieser Einschnitt zwischen den Häusern war kaum breiter. Mülltonnen paßten hinein, das war auch alles.
Janina merkte erst, wo sie war, als sie einige Schritte in die Tiefe der Einfahrt gegangen war. Da erkannte sie die Mülltonne leider zu spät, stolperte dagegen und brachte sie zum Schwanken. Janina wollte nicht, daß die Tonne umkippte, hielt sie fest und ging erst dann weiter. Die Angst in ihrem Körper steigerte sich mit jedem Schlagen ihres Herzens. Furchtbares Grauen überkam sie.
Janina lief weiter.
Die Schritte waren kaum zu hören. Der Untergrund bestand aus festgestampftem Lehm. Sie dachte daran, daß sich hier auch Ratten hätten herumtreiben können. Vor diesen Nagern hatte sie sich immer gefürchtet, nur war diese Furcht nichts im Vergleich zu der, die sie vor dem unheimlichen Schatten hatte.
Irgendwann blieb sie stehen.
Es war wie ein Zwang, der sie den Kopf drehen und zurückschauen ließ. Trotz der Enge der Einfahrt fühlte sie sich relativ sicher, was aber verging, als ihr Blick die Stelle traf, durch die sie die Einfahrt betreten hatte.
Es war ein hellerer, viereckiger Ausschnitt, aber er war nicht mehr leer.
Die Gestalt zeichnete sich ab!
Sie stand da, ohne sich zu bewegen. Sie füllte alles aus, hatte sich sogar geduckt, als wollte sie im nächsten Augenblick starten, um Janina zu fassen.
Sie hielt es nicht mehr aus.
Ein Schrei verließ ihren Mund!
In der Enge der Einfahrt wetterte er zwischen den Wänden, doch niemand konnte sie hören.
Angst peitschte in ihr hoch und trieb sie an. Deshalb rannte sie einfach weiter, immer in dem Bewußtsein, den Schatten im Nacken zu haben,
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