0733 - Der Weg des Diktators
vollkommen andere Vorstellungen von der Zukunft hatten. Vielleicht sogar mit vernünftigen Gründen, aber niemand wagte es, länger daran zu denken.
Die Leute von der Organisation Guter Nachbar waren erstens gutmütige und zweitens unsichtbare Narren.
Aufrichtig, ehrlich, manchmal unbequem, aber harmlos. Wenn die OGN sich irgendwie meldete, wenn sie eine Meinung abgab, dann konnte man sie vergessen, aber sie war meistens stichhaltig. Sie war auf jeden Fall immer ehrlich.
Jedenfalls hatte der erste Aufruf der OGN, Casalle wäre der richtige Mann für den Thron, die beiden Kontrahenten Khantank und Ructyn aufmerksam werden lassen. Ructyn hatte schnell reagiert und versucht, frontal zuzuschlagen.
Der Angriff der bezahlten Söldner, die den neuen und jüngsten - und auch aussichtsreichsten - Anwärter töten sollten, war der Beweis.
Niemand ahnte, was in dieser Nacht abseits des Flottenhafens geschehen war und gerade geschah.
Nur Percellar wußte, was er zu tun hatte. Und selbst wenn er bei dem Versuch umkommen würde.
*
Die Gleiter tauchten ganz plötzlich auf.
Es waren sechs. Sie kamen von allen Seiten, und als sie den rennenden Mann genau in ihrer Mitte hatten, wurden mindestens zwanzig Scheinwerfer eingeschaltet. Die kalkweißen Lichtbalken bildeten Kreuze und Winkel und trafen sich genau in der Mitte eines kleinen, von Abfällen und Unrat übersäten Platzes.
„Stehenbleiben!" dröhnte ein Lautsprecher. Vor und neben dem Mann, der die Arme hochriß, schlugen gezielte Strahlschüsse ein.
Der Mann blieb stehen und legte den Unterarm schützend gegen das grelle Licht vor die Augen.
„Vier Mann, ein Robot. Entwaffnen. Wir bringen den Attentäter zu Casalle!" sagte eine harte, emotionslose Stimme. Die Gleiter kamen näher, hinter dem Licht hörte der starr dastehende Mann Schritte, das Knacken von Waffen und das Summen der Maschine.
„Achtung. Kein Risiko eingehen. Es ist einer der Outsider!"
sagte eine andere Stimme hinter dem gleißenden Licht. Der Mann wurde mit schnellen Griffen entwaffnet.
Die Gleiter formierten sich um, als der Mann um seine Handgelenke die Fesseln zuschnappen spürte. Fäuste packten ihn an den Oberarmen und stießen ihn in die Richtung des Hauses, das noch immer von einem Ring aus Bewaffneten umgeben war. Im gleichen Augenblick, als die Gruppe der Uniformierten mit ihrem Gefangenen sichtbar wurde, ertönte am entgegengesetzten Ende der Wohnanlage ein Donnerschlag, dem dieses Mal nicht die Helligkeit einer Explosion vorausgegangen war.
„Wo bringt ihr mich hin?" fragte stöhnend der Gefangene, als der Kolben eines Strahlenkarabiners ihn in den Rücken traf.
„Das wirst du gleich erfahren, Bruder!" sagte jemand hinter ihm, den er nur hören, aber nicht erkennen konnte. Vor ihnen öffnete sich eine schmale Gasse. Die großen Linsen von Robotern und die Gesichter der Wachen starrten der Gruppe entgegen.
„Platz hier. Wir bringen einen der Schurken hinauf zu Casalle!"
schrie jemand und wehrte einen Mann des Wachpersonals ab.
Alles ging sehr schnell.
In dem Augenblick, als an einer anderen Stelle der zweite ablenkende Angriff der Outsider begann - den die versteckten Frauen und Männer der OGN-Truppe noch verstärkten -, brüllten die Teamleiter einige Kommandos. Mehr als die Hälfte der Wachen wurde von dem Schutzring abgezogen und sprang in die Gleiter, um dort hinten einzugreifen.
Die Gasse wurde breiter. Der Mann stolperte, von Schlägen und Hieben nach vorn getrieben, die Treppen hinunter und auf den Eingang zu. Neben und hinter ihm gingen etwa zwanzig Wachen.
„Öffnen! Befehl von Admiral Casalle!"
Die Schranken vor dem Eingang wurden abgeschaltet. Die Truppe drängte sich ins Innere des Gebäudes. Die Halle war schwach erleuchtet, hinter einem transportablen Schutzschirm kauerte ein Wächter mit einer schweren Maschinenwaffe, die auf einen Dreifuß montiert war.
„Dort hinauf!"
Die Kampfgeräusche waren hier nur leise zu hören. Aber überall in den Gängen und auf den Treppen standen oder patrouillierten Bewaffnete. Das Haus glich einer Festung. Der erste Schuß würde hier ein Blutbad hervorrufen, denn der Gefangene sah nicht ein einziges Mal einen Schockstrahler. Nur tödliche Waffen.
In drei Gruppen enterten die Wächter den Antigravschacht und schwebten aufwärts. Sie erreichten die Ebene, in der das Apartment Casalles lag. Offensichtlich hatte der Admiral sich die Störungen verbeten, denn nur an beiden Enden eines dämmerigen Korridors, die zudem
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