0737 - Asha Devis Höllenfahrt
Schüben aus der Wunde, rann über den Rücken des Untiers. Die überlegene Energie göttlichen Wirkens tat sofort ihre Wirkung. Die schwarzmagische Macht wurde gebrochen. Innerhalb von wenigen Momenten wurde der riesige Dämon immer schwächer. Unsichtbare Kräfte gingen von Shivas Waffe aus, nahmen seiner unnatürlichen Existenz die Grundlage.
Es dauerte nicht lange, bis der Elefantendämon wieder zu dem wurde, was er immer gewesen war. Ein Stück unbeseelter Materie, die nur von den höllischen Kräften des Bösen ein Pseudoleben eingepflanzt bekommen hatte…
Der Trisula kehrte zuverlässig wie ein Bumerang in Zamorras Hände zurück.
Die Dämonenpferde, die während des kurzen Kampfes verharrt hatten, setzten nun ihren Weg fort. Die Höllenlava, auf der ihre Hufe tanzten, war zwar eine qualmende und stinkende Masse. Aber andererseits ließ sich darauf besser fahren, als Zamorra angenommen hatte.
Wenn er allerdings wirklich aus dem Streitwagen geschleudert wurde, konnte es ihm übel ergehen…
»Ich frage mich, was Ravana wirklich im Schild führt.« Gedankenversunken blickte Asha Devi auf den nicht wirklich vorhandenen Horizont.
Die Verhältnisse in den Höllen ließen sich mit denen in der Menschenwelt nicht vergleichen. Die Trennung zwischen Erde und Himmel gab es nicht, weil ein Himmel nicht vorhanden war. Andererseits konnte man auch nicht die Decke einer Grotte sehen, falls sie sich in einer solchen befanden.
Ein weiteres Rätsel bestand darin, woher das Licht kam. Eine Sonne war hier nirgends, zu sehen. Auch keine schwarze Anti-Sonne. Das trübe Licht kam von überall und nirgends, so unbefriedigend diese Aussage auch sein mochte.
Trotz des fehlenden Horizonts zeichnete sich eine Veränderung der Landschaft ab. Fast unmerklich wurden die Lavamassen härter und fester. Die einzelnen Felsen, von denen die Verdammten in das Gewürm oder die kochende Lava stürzten, wurden weniger.
»Du scheinst diesen Ravana zu kennen, Asha.«
»Ja, ich kenne ihn, Zamorra. Jeder indische Dämonenpolizist weiß, wer er ist. Ravana ist der König der Rakshasas, einer indischen Dämonenart. Sie sind besonders bösartig und treten in vielen Gestalten auf. Dieses Elefantenwesen beispielsweise war gewiss auch ein Rakshasa. Ravana verfügt über ein mächtiges Heer von diesen Kreaturen. Ich kann mir vorstellen, dass er uns noch etliche davon über den Weg laufen lässt - falls dieser verfluchte Streitwagen wirklich zum Rand der Unterwelt fährt.«
»Zweifelst du daran, Asha?«
»Du etwa nicht? Bei Shiva und Vishnu«, rief sie entnervt, »wie naiv bist du eigentlich, Zamorra?«
»Das hat mit Naivität nichts zu tun, Asha. Ich weiß genau, was man auf das Wort eines Dämons geben kann. Nämlich gar nichts. Aber das hier ist deine Welt, nicht meine. Ich kenne außer Ssacah nicht so viele Dämonen des indischen Kulturkreises.«
»Ssacah ist kein Dämon unseres Kulturkreises«, unterbrach Asha ihn schroff. »Er stammt vermutlich aus eurer Höllenwelt, hat sich vor langer Zeit hier eingeschlichen und täuscht manchem vielleicht vor, die Große Schlange zu sein! Aber…«
»Und da du dich so schnell auf diese Reise eingelassen hast«, fuhr Zamorra unbeeindruckt fort, »nahm ich an, dass du deine Gründe hast.«
»Sicher habe ich die! Was wäre denn die Alternative gewesen? Ich weiß nicht, wie es dir geht - aber mein Körper, den du hier siehst, ist nur eine Illusion. Ich kann ihn nur so benutzen, wie es Ravana beliebt! Wenn er mich zum Beispiel schänden will, kann er entweder zulassen, dass ich mich wehre - oder auch nicht!«
Zamorra begriff. Asha Devis eigentlicher Körper war natürlich bei dem Attentat getötet worden. Schließlich hatte er selbst ihre Leiche im Fernsehen gesehen. Der Körper, den er nun vor sich erblickte, war ein Leib von des Dämonenkönigs Gnaden. Eine höllische Situation für die Inspectorin. Dieser Ravana konnte mit ihr spielen und mit ihr umspringen, wie es ihm gefiel…
»Ich bin jedenfalls kein Trugbild, Asha. Shiva hat mich so hierher geschafft, wie ich war. Und gemeinsam werden wir es auch schaffen, diesen Höllen zu entkommen.«
»Dein Optimismus in allen Ehren, Zamorra. Aber ich zweifle daran.«
Der Dämonenjäger horchte auf. Zweifel von Asha Devi? Und dann noch womöglich an den eigenen Fähigkeiten? Das passte nicht in das Bild, das er von der Inspectorin hatte.
Aber ihm war ohnehin aufgefallen, dass die Inderin nicht lange ihre gewohnte großspurige Art beibehalten hatte.
Asha
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