0737 - Kreaturen der Finsternis
sonstigen Lebens ab. Er war jetzt ein anderer, ein Wilder, ein Kämpfer und Rächer, der tun mußte, was ihm sein Innerstes befahl.
Er bewegte sich durch den Wald, der in seiner unmittelbaren Umgebung so dicht war, daß er zwar den Rand schemenhaft erkennen, aber nicht darüber hinaus sehen konnte.
Das änderte sich, als er einen kleinen Abhang hochgegangen war. Wieder kam er sich vor, als hätte ihn die Natur umschlossen. Er hörte die Tiere, die in der Nacht erwachten, er fühlte sich von ihnen aufgenommen, und seine Sinne waren einzig und allein auf die zukünftige Aufgabe fixiert.
Blut würde fließen, viel Blut… Er schluckte.
Er fürchtete sich.
Es waren, viele, vielleicht sogar zu viele, aber er konnte nicht zurück, jetzt nicht mehr.
Am Rand des Waldes blieb er hocken. Hier wuchs das hohe Gras, vermischt mit Farnkraut und dünnen, schmalen Büschen, die nur Hüfthöhe erreichten und kaum größer wurden. Blätter wuchsen von den schmalen Zweigen ab, die ihn an dunkle Finger erinnerten. Beide zitterten im leichten Nachtwind. Zwischen ihnen hingen Spinnweben, die im Mondlicht wie feine Silberfäden schimmerten.
Es war eine sehr günstige Nacht. Zwar dunkel, aber durch das blasse Licht der Gestirne erhellt, so daß Jiri ziemlich gut über das hier relativ flache Gelände hinwegschauen konnte, bis hin zu den Hügeln und Bergen, die eine unregelmäßige schwarze Kulisse in der Finsternis bildeten, als wollten sie eine Grenze darstellen.
Er wartete.
Die Uhr hatte er ebenfalls abgelegt. Nichts sollte ihn mehr an die Zeit erinnern, wo er ›normal‹ war.
Mittlerweile hatte er ein Gefühl für die Zeit bekommen. Auch wenn die Sonne nicht am Himmel stand, konnte er abschätzen, wie spät es ungefähr war.
Bis zur Tageswende würde noch eine Stunde vergehen, und in dieser Stunde mußte sich einfach etwas tun.
Minuten verstrichen!
In seinem Rücken konzentrierten sich die nächtlichen Geräusche des Waldes. Er hörte ein Schaben und Keuchen, dazwischen ein Rascheln und manchmal den klagenden Ruf eines Vogels, der sich auf Futtersuche befand. In diesem Park war die Welt noch so gut wie heil, und er hoffte, daß es so blieb, auch wenn er bald die Ruhe brutal zerstören würde. Dann riß er den Frieden entzwei, nur um anderen Menschen Frieden zu bringen.
Mindestens zehn Feinde standen gegen ihn.
Eine zu große Übermacht.
Jiri hatte Mut, sein Herz war für den Kampf und für die Aufgabe entflammt, wobei er trotz allem noch vorsichtig war, denn es nutzte ihm nichts, wenn er starb.
Er dachte an die tote Kreatur der Finsternis, die er in den Schrank gestopft hatte. Ob sie schon gefunden worden war?
Licht!
Noch ziemlich weit entfernt. Ungefähr dort, wo der dunkle Himmel mit dem düsteren Untergrund verschmolz. Kein Licht, das ruhig schien, also nicht fahl, oder knallgelb, sondern weich, rötlichgelb und dabei flackernd. Licht von Fackeln.
Das genau war der Zeitpunkt, wo Jiri sämtliche Gedanken ausschaltete und sich ausschließlich auf ein Ziel konzentrierte. Er mußte die Kreaturen der Finsternis finden. Er mußte sich ihnen stellen und dem Grauen Einhalt gebieten.
Sabka wartete eine gewisse Zeit ab, bis er sicher sein konnte, welches Ziel die Gruppe einschlug.
Sie kamen nicht direkt auf ihn zu, sie würden ihn passieren, um zu dem Ort zu gelangen, wo sie irgend etwas vorhatten. Er wußte nicht einmal, was sie planten. Jiri ging davon aus, daß sie Gefangene gemacht hatten und diese armen Menschen nun auf schreckliche Art und Weise vom Leben zum Tod beförderten. Sie würden zuschauen und sich am langsamen Sterben der Bedauernswerten laben.
Ja, so waren sie!
Auf seinen weichen Mokassins glitt er lautlos durch das Gras. Den Blick starr auf die tanzende Flammenmauer gerichtet, die einfach über dem normalen Erdboden in der Luft zu schweben schien und nur vom leichten Nachtwind weitergetragen wurde.
Er war schneller als sie und geriet in den Rücken der Kreaturen. So lautlos wie möglich folgte er ihren Spuren. Hin und wieder sah er ihre Rücken, doch er spürte permanent die Bedrohung, die sie ausströmten. Sie machte Jiri zu schaffen, sie beeinträchtigte seine Atmung. Er konnte das Böse kaum verkraften, was ihm da entgegenwehte. Es war wie ein Sturmwind, der gegen ihn blies.
Sabka kämpfte dagegen an.
Er war hart gegen sich selbst. Er tat alles, er straffte sich nach jedem Schritt. Seine Augen waren kalte Kugeln, die brennend in die Nacht starrten.
Mit seinem sicheren Instinkt ahnte er, daß es
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