0737 - Kreaturen der Finsternis
ja.«
»Es wird nicht einfach sein.«
»Kann ich mir denken.«
Mir ging er nicht eben auf den Wecker, aber ich wollte endlich Fortschritte erleben.
Sabka räusperte sich. Er stellte sich für einen Moment auf die Zehenspitzen, dann drehte er sich zur Seite und ging gleichzeitig einen Schritt vor.
Da ich ihm im Weg stand und auch nicht mehr ausweichen konnte, bekam ich den Druck mit. Er berührte mich an der Schulter. Ich konnte meinen Platz nicht mehr halten, zudem glitt der Zug in eine Kurve und drückte mich noch weiter zurück.
Ich fiel auf einen Sitz, wollte schon protestieren, als ich das Gefühl hatte, einen bösen Alptraum zu erleben, denn das, was nun passierte, damit hatte ich nicht gerechnet.
Es war verrückt, nicht zu begreifen. Ich sah es wie durch einen Schleier und trotzdem kristallklar.
Sabka stand noch immer an derselben Stelle. Er hatte seinen rechten Arm unter die Lederjacke geschoben, holte etwas hervor, das blitzend aus seiner Hand ragte.
Die Klinge eines Messers!
Ich wollte schreien, da hatte er schon den Arm gehoben und genau gezielt.
Ich jagte hoch.
Zu spät!
Das Messer befand sich bereits auf dem Weg. Wie der Körper einer blitzenden Schlange jagte es durch die Luft und fand mit tödlicher Präzision sein Ziel.
Bis zum Heft bohrte es sich in die Brust des dicken Fahrgastes, den ich schon beim Einsteigen gesehen hatte…
***
Es geschah nichts, gar nichts. Der Schock saß bei jedem Zeugen einfach zu tief.
Der dicke Fahrgast sah aus wie eine Puppe, die man schräg auf den Boden gestellt hatte. Noch konnte er sich auf den Beinen halten, denn er klammerte sich an einer Stange fest. Die Augen hielt er weit offen, dann öffnete sich auch sein Mund, und ein grunzend klingender Laut drang daraus hervor, begleitet von einem Blutstreifen, der wie ein dünner Pinselstrich aus Lack wirkte.
Dann kippte er.
Er prallte noch mit dem Hinterkopf auf die Sitzkante. Sein Fall veränderte sich, er bekam eine andere Richtung und prallte mit der rechten Seite in den Gang zwischen den Sitzen, wo er reglos liegenblieb, und so aussah, als wollte er mit seinen leeren Augen auf die Plastiktüten schauen, die ebenfalls umgefallen waren.
Das alles hatte sich innerhalb weniger Sekunden abgespielt. Jeder hatte es gesehen, aber die Reaktion auf diese Tat erfolgte erst, als der dicke Mann lag.
Es waren die Teenager, die zuerst reagierten. Jetzt bewiesen sie, daß sie längst nicht so abgebrüht und cool waren, wie sie sich immer in der Gruppe gaben.
Sie kreischten los.
Himmel, das war ein Geschrei! In ihrer lauten Hilflosigkeit trampelten sie auf dem Boden herum, als wären Ungeheuer dabei, eine Trommel zu schlagen.
Sie kreischten, sie brüllten, sie wandten sich ab. Eine schrie nach ihrer Mutter, und in diesem gesamten Getöse gingen die Entsetzensschreie der normalen Menschen unter.
Manche saßen auch wie angewurzelt. Einige von ihnen schauten dorthin, wo die Leiche lag, andere blickten mit starren und wachsbleichen Gesichtern aus den Fenstern.
Ich packte Sabka. Er kam mir zuvor und sprach selbst. »Gehen Sie hin, ich mußte es tun, verdammt!«
»Sabka, wenn Sie…«
»Ich bin kein Mörder!« In seinen Augen waren für mich Schattenflammen zu sehen. Seine Blicke huschten wie Irrlichter über meinen Körper hinweg.
»Also gut!« flüsterte ich, »also gut…« Ich ließ ihn los und eilte durch den Gang.
Keiner hatte sich in die unmittelbare Nähe der Leiche getraut. Ich bekam genügend Platz.
Der Zug fuhr noch immer. In den Nachbarwagen hatte man möglicherweise etwas von dem Krach gehört, doch es war niemand da, der sich darum kümmerte.
Ich sah in bleiche Gesichter. Angst zeichnete die Blicke. Die kreischenden Teenager waren ruhiger geworden und hatten sich in eine Ecke gedrückt. Dort standen sie wie eine Anzahl von Schafen, die sich vor dem Gewitter fürchteten.
Ich kniete mich neben den Toten. Daß er tot war, sah ich auf den ersten Blick. Zudem hatte die zielsicher geworfene Klinge ihn haarscharf ins Herz getroffen.
Sein Gesicht sah so kalt und leer aus. Dickes Fett, dabei leicht aufgeschwemmt. Seine Augen wirkten wie blasse Kugeln, die jemand in die Höhlen hineingedrückt hatte.
Das Blut sickerte nicht mehr aus den Mundwinkeln hervor, und ich dachte daran, was mir dieser Sabka gesagt hatte. Für ihn war der Mensch eine Kreatur der Finsternis gewesen.
Für mich nicht.
Ich konnte nichts an ihm feststellen, was auf einen dämonischen Ursprung hingedeutet hätte. Er sah aus wie ein
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