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074 - Die mordenden Leichen

074 - Die mordenden Leichen

Titel: 074 - Die mordenden Leichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John E. Muller
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während der Nebel, der nun über dem wie leblos daliegenden Körper des Mädchens stand, sich zu einer dichten Form zusammengezogen hatte. Eine abstoßende, grausige Gestalt, die ihnen aus dem Kreis entgegenglotzte, die sich immer wieder vorwärts bewegte und wie von einer unsichtbaren Wand zurückgeschleudert wurde.
    Fenner zuckte bei jedem dumpfen Anprall zurück, doch faßte er sich bald. Das war es, wovor Chambers ihn gewarnt hatte. Das Elementare.
    Widerlich und gedrungen, mit lauernden, grausamen Gesichtszügen, hockte es in der Luft in Augenhöhe der Männer, und glotzte sie mit durchtriebener Bosheit, scheel aus seinen roten Augen an. Für einen Augenblick nahm es die Gestalt des toten Henry de Ruys an, so wie sie es schon einmal gesehen hatten. Dann kamen rasche Veränderungen. Zuerst war es ein Mann, dann eine Frau, dann Ungeheuer, dann Teufel. Fenner fühlte seine Gedanken durcheinanderwirbeln. Er nahm nur am Rande wahr, daß Chambers neben ihm atemlos vor sich hin murmelte und mit den Fingern der rechten Hand seltsame Zeichen in die Luft malte. Die Luft im Zimmer schien sich elektrisch immer mehr aufzuladen, während der Kampf der beiden Mächte weiterging. Über Chambers’ Gesicht lief der Schweiß, doch keine Sekunde lang unterbrach er seinen Singsang und seine Bewegungen.
    Dann plötzlich erklang ein Schrei äußerster Wut, ein schriller Ton, der Fenners Nerven zum Vibrieren und ihn fast um den Verstand brachte. Der Ton hing noch in der Luft, als der sich windende Nebel schon längst in sich zusammengefallen war und langsam verschwand.
    „Es ist fort“, sagte Chambers aufatmend. Er ging zu einem der Sessel, die in der Ecke des Zimmers standen, und nahm erschöpft Platz.
    Fenner setzte sich ebenfalls. Instinktiv fühlte er, daß von dem Mädchen und dem Ding im Kreis nichts mehr zu befürchten war.
    Er goß für Chambers einen Brandy ein. Langsam bekamen Chambers’ Wangen wieder ein wenig Farbe. Sein graues Haar klebte schweißnaß an der Stirn, mit zitternden Händen führte er das Glas an die Lippen.
    „Ich glaube nicht, daß der Geist wiederkehren wird. Jedenfalls nicht so bald. Jetzt wird es Zeit, an den zweiten Teil unseres Experiments zu gehen.“
    „Der zweite Teil?“ fragte Fenner erstaunt. „Ich dachte, das Unternehmen sei bereits beendet.“
    Chambers erhob sich langsam. „Sie vergessen, daß dieses Mädchen jetzt unter meinem Einfluß steht. Ich werde ihr Fragen stellen. Die Erinnerung an das, was sie soeben auf dem Schloß erlebte, ist in ihrem Unterbewußtsein erhalten geblieben. Wenn ich Glück habe, kann ich anhand dieser Informationen herausfinden, was die bösen Geister vorhaben. In der Hypnose ist sie sogar imstande, Erinnerungen der Familie de Ruys aus längst vergangener Zeit preiszugeben.“
    Chambers ging bis an den äußeren Kreis. Die Kerzen brannten immer noch in den schlanken Leuchtern, doch schienen ihre Flammen nun weniger Rauch zu entwickeln als vorher.
    „Angela de Ruys “, rief Chambers sanft. „Kannst du hören, was ich sage?“
    „Ja.“ Ihr Gesicht war blaß und ausdruckslos. Fenner hätte schwören können, daß die Lippen in dem wächsernen Gesicht sich nicht bewegt hatten. „Ich höre.“
    „Gut.“ Ein Seufzer der Erleichterung entschlüpfte Chambers’ Lippen, ehe er fortfuhr. „Ich will, daß du meine Fragen beantwortest, wie immer sie auch sein mögen. Hast du mich verstanden?“
    „Ich habe verstanden. Wie lauten die Fragen?“
    „Du warst besessen von einem bösen Geist. Weißt du, wer – oder was – dieser Geist war?“
    „Ja. Es war Henry de Ruys.“
    „Dann ist er also nicht tot?“
    Eine Pause, dann: „Nicht tot, wie ihr tot meint. Sein Körper ist tot, aber nicht seine Seele. Sie lebt weiter ein Erdendasein, weil er es so wollte, weil er die Unsterblichkeit suchte, und dies der einzige Weg für die Sterblichen ist, Unsterblichkeit zu erlangen.“
    „Verstehe.“ Chambers schwieg erschöpft.
    „Was hat Henry de Ruys nun vor?“
    „Er versucht, zu euch durchzudringen. Aber noch ist Tageslicht, und seine Macht reicht nicht aus, um euch zu erreichen, oder den Kreis um mich zu durchbrechen. Er will, daß ich aufhöre, mit euch zu sprechen, aufhöre, eure Fragen zu beantworten.“
    „Wo ist er jetzt?“
    „In seinem Grab, wo er während des Tageslichts bleiben muß. Nur bei Nacht kann er Gestalt annehmen und sich frei bewegen.“
    Chambers nickte. Dann fuhr er mit ruhiger Stimme fort.
    „Jetzt erinnere dich zurück, weiter als bis

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