074 - MARBU - Die Kraft des Todes
verging eine Stunde, bis wir die erste Krümmung erreichten. An der siebten Krümmung würden wir auf den Marbu-Magier Basanga treffen. Eine wichtige Entscheidung würde dort fallen.
Krokodile lagen träge am Ufer, doch sie blieben dort nicht liegen. Der Hunger trieb sie ins Wasser und auf uns zu. Wie dicke Baumstämme schwammen sie heran, und die Eingeborenen schrien und schlugen mit den Rudern nach den geschuppten Feinden.
Don Sillock zog seinen Revolver und gab mehrere Schüsse ab. Ein hervorragender Schütze war er nicht. Von drei Schüssen gingen zwei daneben.
Eine Kugel traf, und das Krokodil drehte sich mehrmals um die eigene Achse. Wasser - gepeitscht vom kräftigen Schwanz des Reptils - spritzte hoch, und die Artgenossen, angelockt vom Geruch des Blutes, fielen über das sterbende Tier her.
Zu Mittag machten wir Rast auf einer kleinen Landzunge. Wir aßen gebratenes Schlangenfleisch, das vorzüglich schmeckte. Vier Krümmungen hatten wir inzwischen hinter uns. Mehr als die Hälfte.
»Ob Basanga bereits weiß, daß wir kommen?« fragte Lance.
»Anzunehmen«, brummte Mr. Silver.
»Wie wird er uns empfangen?«
»Nicht besonders herzlich, das steht fest«, meinte der Ex-Dämon.
»Er hat bestimmt eine Menge magischer Tricks auf Lager.«
»Wir werden uns davon nicht beeindrucken lassen«, sagte der Hüne und zuckte mit den Schultern. Er musterte den Parapsychologen. »Hast du irgendwelche Bedenken? Du bist mit Odas Kraft doch bestens gewappnet.«
»Das Dumme ist, ich spüre diese Kraft nicht in mir. Ich weiß nicht, ob sie noch vorhanden ist.«
»Sie muß da sein«, sagte ich. »Ohne diese Kraft könntest du nicht existieren. Du lebst nur deshalb wieder, weil Odas Geist deinen Körper übernommen hat. Du wirst sehen, die Kraft wird da sein, sobald dir Gefahr droht, Lance. Hab Vertrauen zu Odas Geist. Sie wird dich nicht im Stich lassen.«
Ich sah, wie Don Sillock heimlich an einem Flachmann nuckelte. Das hätte er lieber nicht tun sollen. In dieser Wildnis, dieser Welt voller fremder Tücken und Gefahren, braucht man einen klaren Kopf.
Ich erhob mich und begab mich zu Sillock. »Nervös?« fragte ich ihn.
»Nein. Wie kommen Sie denn darauf? Das einzige, was mich nervös macht, ist dieses weiße Mistvieh, an dem ihr alle so schrecklich hängt.«
»Ori meidet Ihre Nähe.«
»Daran tut der Affe gut, sonst kann ich nämlich für nichts garantieren.«
»Waren Sie schon mal in einem Urwald?«
»Nein. Sie?«
»Ich schon. Ist schon lange her.«
»Ich mag diese grüne Hölle nicht. All das Getier, das hier überall kreucht und fleucht. Es krabbelt einem nachts über das Gesicht, am Tag in die Hosenbeine… Es ist eine feindselige Welt, die man besser meiden sollte.«
»Warum trinken Sie? Um sich Mut zu machen?«
Er schaute mich wütend an. »Wie war das? Was sagen Sie da, Ballard? Trinken? Ich? Sind Sie verrückt?«
»Okay. Sie sind Vegetarier und Antialkoholiker, und Sie gehen jedem Streit aus dem Weg. Jeder, der den Heiligenschein nicht sieht, den Sie tragen, ist blind. Wahrscheinlich bin ich blind, und vielleicht sollte ich mir die Mühe sparen, Ihnen einen Rat zu geben. Wer weiß, unter Umständen fällt das, was ich sage, doch auf fruchtbaren Boden. Was vor uns liegt, ist alles andere als ein Spaziergang durch einen friedlichen Park, Mr. Sillock…«
»Was Sie nicht sagen, Mr. Ballard.«
»Ich dachte mir schon, daß es Ihnen aufgefallen sein könnte«, gab ich ächzend zurück. »Aber Sie scheinen die Gefahr zu unterschätzen. Wir werden uns bald nicht nur mit den Unbillen der Natur herumschlagen müssen, sondern auch mit grausamen, erbitterten Feinden.«
»Sie legen es darauf an, mir Angst zu machen, wie?« sagte Sillock grinsend.
»Nein, ich möchte Ihnen nur den Ernst der Lage klarmachen, den Sie anscheinend nicht begreifen wollen. Wir alle, die wir an dieser ungewöhnlichen Expedition teilnehmen, sollten wie Pech und Schwefel zusammenhalten. Es sollte keinen Streit und keine Unstimmigkeiten zwischen uns geben. Wie ein Mann sollten wir zusammenstehen - Weiße und Schwarze. Denn nur dann werden wir gegen unsere Gegner eine echte Chance haben. Einer muß für den anderen da sein. Einer muß sich auf den anderen hundertprozentig verlassen können. Wenn jemand erst nach einer Begründung suchen muß, warum er Sie retten soll, sind Sie bereits verloren.«
»Ach, Sie meinen, ich tue mir in gewisser Weise selbst einen Gefallen, wenn ich nett zu allen bin und nicht mehr sage, was mir nicht
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