074 - MARBU - Die Kraft des Todes
Geist, seinen Körper, seine Arme, in die Hände und Finger.
Er hatte alles niedergeschrieben, was Marbu ihm eingab. Doch das Genießen hatte ihn faul gemacht. Seine Begeisterung hatte nachgelassen. Er war träge geworden und wollte nur noch genießen und nicht mehr arbeiten.
Ob das Manuskript in ein paar Tagen, Wochen oder Monaten fertig gestellt war, spielte seiner Ansicht nach keine Rolle. Irgendwann würde es zu Ende geschrieben sein und auf die Menschheit losgelassen werden.
Zur Zeit stand Bordman der Sinn mehr nach genießen.
Deshalb hatte er Kawa, den Häuptling der Kigussi, wissen lassen, daß er ihn sprechen wollte.
Und Kawa kam. Ein kräftiger Neger mit stechenden Augen, wulstigen Lippen und breiter Nase. Sein Oberkörper war nackt, die harten Muskeln glänzten, als wären sie mit Öl eingerieben. Kawa war gefürchtet. Hartherzig und grausam herrschte er über seinen Stamm, doch Bordman hatte keine Angst vor ihm, denn er stand unter Marbus Schutz. Niemand durfte ihm ein Leid zufügen. Er war wichtig für Marbus großen Plan. Deshalb dachte der Schriftsteller, sich alles erlauben zu können.
Auch das war ein Grund, weshalb er die Arbeit immer wieder hinausschob. Solange das Buch der Bücher nicht fertig war, würde er leben und dieses Leben in vollen Zügen genießen können. Nichts durfte ihm verwehrt werden.
Kawa warf einen Blick auf die Schreibmaschine. »Du arbeitest nicht?«
»Ich habe keine Lust«, sagte Bordman. Das dunkle Haar hing ihm in die Stirn, sein Blick war glasig. Er setzte den Tonkrug an den Mund und trank die letzten Tropfen. »Schmeckt verdammt gut, das Zeug, ein wenig säuerlich, wie Wein. Es regt den Appetit an.«
»Soll ich dir zu essen bringen lassen?« fragte Kawa.
Bordman schüttelte grinsend den Kopf und drückte dem Häuptling den Krug in die Hände. »Nein, ich will etwas anderes.«
»Du kannst jeden Wunsch äußern.«
»Erst mal soll dieser Krug wieder gefüllt werden, und dann möchte ich ein Mädchen. Sie muß sehr schön sein, jung und schlank, gehorsam und zu allem bereit.«
Kawa nickte. »Du wirst ein Mädchen bekommen.«
Bordman trat einen Schritt näher. Er schaute dem Häuptling herausfordernd in die Augen. Er legte es auf eine Kraftprobe an, stieß dem Schwarzen seinen weißen Finger gegen das Brustbein und sagte: »Ich bin nicht an irgendeinem Mädchen interessiert, Kawa, sondern an einem ganz bestimmten.«
»Wie ist ihr Name?«
»Gela.«
Es zuckte heftig in Kawas Gesicht, denn Gela war seine Tochter. Paul Bordman wußte, daß er sich den Häuptling damit zum Todfeind machte, aber er fürchtete den Haß dieses Mannes nicht, denn hinter ihm stand Marbu.
Der Schriftsteller lachte spöttisch. »Was ist? Du zögerst? Bist du mit meiner Wahl nicht einverstanden?« Seine Miene verfinsterte sich. »Hör zu, du schwarzer Affe, ich kann von euch verlangen, was ich will. Keinen meiner Wünsche dürft ihr mir abschlagen, denn ihr müßt mich bei Laune halten, habt dafür zu sorgen, daß ich mich wohlfühle, sonst schreibe ich an diesem Buch nicht weiter. Marbus Zorn würde euch dann grausam treffen. Es wäre durchaus möglich, daß er euch gnadenlos ausrottet. Ich bin Marbus Stellvertreter, wenn ihr mich beleidigt oder gar erzürnt, reizt ihr Marbu, und seine Strafen sind schrecklich!«
»Warum willst du ausgerechnet Gela?« fragte Kawa.
Bordman grinste. »Weil sie deine Tochter ist. Sie ist nicht hübscher als andere Mädchen, aber sie hat deinen Stolz, und den will ich brechen. Ihr sollt sehen, daß ihr nichts gegen mich seid. Wenn ich verlange, daß ihr euch vor mir in den Staub werft, dann habt ihr das zu tun. Und wenn es mir paßt, eure Schädel zu zertreten, habt ihr euch das gefallen zu lassen, weil sonst Marbus schwarzer Zorn über euch kommt. Marbu ist die Macht, und sie steht hinter mir.«
»Wirst du Gela zur Frau nehmen?«
Der Schriftsteller grinste. »Nein. Ich werde mich nur mit ihr vergnügen. Hinterher kannst du sie wiederhaben.«
»Kein Mann hat sie noch berührt.«
»Sie sollte es als eine große Ehre ansehen, daß ich ihr erster Mann bin.«
»Du machst einen Fehler«, knirschte der Häuptling. »Du wirst nicht immer unter Marbus Schutz stehen…«
Bordman holte aus und gab Kawa eine kräftige Ohrfeige. Für einen Moment hatte es den Anschein, als würde sich der Häuptling auf ihn stürzen.
Höhnisch grinsend blickte Bordman ihn an. »Du würdest mich am liebsten umbringen, was? Na los doch. Versuche es. Du weißt, daß du das nicht
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