074 - MARBU - Die Kraft des Todes
Basanga könnte noch stärker und gefährlicher als Uharra sein. Und er hatte einen großen Vorteil auf seiner Seite: Er war hier zu Hause.
Ich hörte den weißen Gorilla schneller atmen, und mir fiel auf, daß auf Mr. Silvers Haut ein silbriges Flirren entstand. Die Spannung wuchs mit jedem Ruderschlag.
Wir nutzten eine Gegenströmung, wie es uns Colin Nabors vorgemacht hatte.
Lance Selby, der nicht genau wußte, ob ihm Odas Kraft wieder zur Verfügung stehen würde, zog sicherheitshalber seinen Colt Commander.
Meter um Meter rangen wir dem Fluß ab, und wir hielten unsere Augen sehr offen. Glatt wie grünes Glas war das Wasser. Nur ganz selten kräuselte eine Unterströmung die Oberfläche. Die Stille, die hier herrschte, war mir ein bißchen zu perfekt. Soviel Frieden war schon verdächtig.
Basanga wollte uns anscheinend in Sicherheit wiegen, aber wir ließen uns von ihm nicht täuschen, sondern blieben auf der Hut, was Don Sillock mit Sicherheit nicht verstehen konnte.
Sorglos filmte er, während Colin Nabors allein ruderte.
Ich fragte mich, wann uns Basanga angreifen würde. Von wo würde die Attacke kommen? Würde es noch auf dem Wasser passieren oder erst, wenn wir an Land gegangen waren?
Theoretisch konnte er uns zunächst ins Leere stoßen lassen und dann zuschlagen.
Langsam bogen wir um die Krümmung, und Schweiß stand auf meiner Stirn. Er kam nicht so sehr vom Rudern als von der inneren Anspannung.
»Er ist in der Nähe«, sagte Mr. Silver. »Ich spüre seine Ausstrahlung!«
Ich ließ die Zungenspitze über meine Lippen huschen und richtete mich etwas mehr auf. Ich hoffte, Basangas Behausung zu entdecken, doch uns umgab nur üppige Natur.
»Basanga!« rief plötzlich Mr. Silver. »Dort drüben!«
Er streckte die Hand aus und wies auf das gegenüberliegende Ufer, und nun sah ich ihn ebenfalls, den gefährlichen Marbu-Magier.
Er war groß und schlank, und auf dem Kopf trug er eine Holzmaske, die eine grell bemalte, grauenerregende Fratze zeigte. So eine ähnliche Maske hatte auch Uharra getragen. Als ich sie ihm vom Kopf riß, kam ein noch viel grauenerregenderes Gesicht zum Vorschein.
Wurde es bei Basanga genauso sein?
Er trug ein weites, wallendes Gewand, das bis auf den Boden reichte. Scharlachrot war es, und es hob sich deutlich vom Grün des Urwalds ab. Er fand es nicht für nötig, sich mit einer Tarnfarbe zu kleiden, schien sich sehr sicher zu fühlen.
Ein knallroter Fleck im Dschungel. Ein Warnsignal.
Ori knurrte aggressiv und erhob sich. Das Faltkanu begann heftig zu schwanken.
»Ori, setz dich!« stieß ich aufgeregt hervor, und der weiße Gorilla ließ sich wieder zurückfallen.
Mr. Silver und ich stießen das Ruder im exakten Gleichklang ins Wasser und zogen kraftvoll durch. Jetzt schoß das Kanu auf die Flußmitte zu, doch Basanga ließ sich davon nicht beeindrucken. Reglos stand er am Ufer - wie eine Puppe. Fast hätte man meinen können, hinter der Maske und im Gewand würde sich niemand befinden, doch plötzlich hob Basanga die Hände, und dann setzte er Marbus Magie gegen uns ein.
Ein Flirren schoß auf uns zu, legte sich auf die Wasseroberfläche und brachte sie zum Brodeln. Die schwarze Kraft drang in das Wasser ein und schuf gefährliches Leben.
Mr. Silver wollte eine magische Schutzbarriere errichten, doch bevor sie stand, passierte etwas Schreckliches.
Aus dem brodelnden Fluß stiegen Fische. Sie waren etwa dreißig Zentimeter lang, hatten ein Maul mit rasiermesserscharfen Zähnen, glühende Augen und durchsichtige Flügel am glitzernden Körper.
Fliegende Fische! Geschaffen von der gewaltigen Marbu-Magie, griffen sie uns an!
***
Bordman, der Schriftsteller, den Marbu zu seinem Sprachrohr gemacht hatte, befand sich bei den Kigussi. Die Schwarzen verehrten ihn fast wie einen Heiligen. Jeder Wunsch wurde ihm sofort erfüllt, und er gab sich ganz dem Genießen hin. Immer wieder rauchte er das Geisteropium, und er betrank sich mit gegorenen Säften, die ihm die Neger in Tonkrügen brachten.
Sie hatten ihm eine Hütte gebaut, und er ging darin schwankend hin und her.
Nach seinen Angaben hatten sie ihm einen Tisch gefertigt, und ein Fellhocker stand davor. Auf dem Tisch befand sich die flache Reiseschreibmaschine, rechts davon unbeschriebenes, links beschriebenes Papier.
Das Marbu-Manuskript!
Die Höllenbombe…
Anfangs hatte Paul Bordman mit großer Begeisterung zu Papier gebracht, was ihm Marbu eingab. Die schwarze Kraft war durch ihn geflossen, durch seinen
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