0740 - Das Blutgespenst
wollte, legte er dem Kommissar seinen Diplomatenpass auf den Schreibtisch.
»Vielleicht sind Sie jetzt etwas geneigter, mich an Ihrem Wissensschatz teilhaben zu lassen«, bat er.
Da schmiss Vuole ihn raus, und Ted begann zu ahnen, dass ihm dieser Ausweis nicht immer hilfreich sein würde. Er schützte ihn zwar vor Festnahmen und vielleicht auch vor Anklagen, aber er war alles andere als ein Freibrief.
Gino, der gerade nichts anderes zu tun hatte, wartete unten in Teds Auto und hatte durch seine Anwesenheit dafür gesorgt, dass sich diesmal niemand die Nase an den Fensterscheiben des Rolls-Royce plattgedrückt hatte. Aber er hatte nicht verhindern können, dass ein eifriger Carabiniere einen Strafzettel am Scheibenwischer befestigt hatte, weil Ted den Wagen direkt ins Halteverbot vor der Präfektur gestellt hatte.
»Diese uniformierten Trottel haben einfach keinen Respekt mehr vor schönen Autos«, ereiferte sich Gino. »Als ich dem Burschen sagte, was ich von seinem Strafzettel halte, wollte er mir glatt noch eine Anzeige wegen verbaler Körperverletzung schreiben! Solche wie der würden wahrscheinlich sogar noch einen Ferrari abschleppen lassen…«
Ted zupfte das Knöllchen ab und steckte es ein.
»Schmeiß es doch weg«, sagte Gino. »Sagtest du nicht, du hättest einen Diplomatenpass? Da kann dich so ein Zettel doch nicht weiter kratzen.«
Ted zuckte mit den Schultern und wies auf das Halteverbotschild. »Ich habe Mist gemacht, also zahle ich auch dafür«, sagte er und setzte sich hinter das Lenkrad seines Wagens.
»Was weißt du eigentlich über diese Gegend?«, fragte er dann. »Hat es hier früher schon mal solche Fälle gegeben? Oder gibt es hier irgendwelche Legenden von Mordgespenstern, die nach zig Jahren regelmäßig wiederkehren, um schließlich wieder für Jahre zu verschwinden?«
»Keine Ahnung«, gestand Gino. »Ich bin mit der örtlichen Folklore wenig vertraut. Ich kann dir zwar sagen, in welchen Lokalen die römische Prominenz diniert, wo es die beste internationale Küche und das beste Rauschgift gibt oder was gerade in Cinecitta abläuft - aber diese dörflichen Dinge, hm…«
»Habe ich dich zu einem Klatschreporter für die Yellow Press gemacht?« Ted schüttelte den Kopf. »Gino, du verschwendest dein Talent. Du solltest international arbeiten.«
»Lässt man mich nicht. Meine Familie, weißt du… Wenn der Name Cittavecchio fällt, denken Redakteure und Agenturen gleich an cosa nostra. Und ich bin draußen. Man will doch keinen Mafioso auf brisante Dinge ansetzen.«
»Bist du ein Mafioso?«
Gino verdrehte die Augen und seufzte.
»Bene«, sagte Ted. »Fahren wir also nach Montecastrilli zurück. Der Dorfgeistliche wird ja wohl eine Chronik haben, aus der hervorgeht, ob es Fälle wie diesen früher schon mal gegeben hat.«
***
Zamorra und Nicole ließen sich zum Hospital in Terni fahren. Dr. Guiseppe Maligore sah etwas übernächtigt aus. Er hatte nach seiner Nachtschicht nur ein paar Stunden schlafen können und war wieder im Einsatz. Aber für Zamorra und seine Begleiterin hatte er auf jeden Fall Zeit.
Er betrachtete den Dämonenjäger nachdenklich.
»Sie haben sich seit damals kaum verändert«, sagte er. »Im Gegensatz zu mir. Ich kann es kaum glauben, dass Sie wirklich dieser Zamorra sind, den ich von damals her kenne. Fast sollte man meinen, Sie seien in einen Jungbrunnen gefallen.«
»Meine Gefährtin hält mich jung«, behauptete Zamorra.
Wenn er Maligore von der Quelle des Lebens erzählte und von der damit verbundenen relativen Unsterblichkeit, würde der Arzt ihm erstens nicht glauben und ihn zweites wahrscheinlich für einen Spinner halten. Zamorra wusste, dass dieses Problem schon bald immer größer für ihn werden würde - er alterte nicht, und die Menschen, die ihn von früher kannten, mussten sich erheblich darüber wundern. Aber er sah keine Lösung. Denn ein Identitätswechsel, wie ihn Robert Tendyke im Laufe der Jahrhunderte bisweilen vollzogen hatte, kam für ihn nicht in Frage.
Maligore lächelte. »Dann ist sie eine wirklich bewundernswerte Frau. Aber… Als wir Studenten waren, haben wir uns geduzt. Sollten wir das nicht jetzt weiterführen?«
»Meinetwegen, Guiseppe«, sagte Zamorra.
»Und ich bin Nicole«, bot seine Lebensgefährtin und Kampfpartnerin auch gleich an. Dieser freundliche Mediziner mit seinem ständigen sympathischen Lächeln, das allenfalls einmal kurz einem ernsteren Ausdruck Platz machte, gefiel ihr.
»Du bist ziemlich schnell
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