0740 - Das Blutgespenst
weniger zuständig.«
»Aber dass du hier bist, zeigt doch schon mal dein Interesse«, überlegte Carlotta. »Ted wurde von einem Mafioso angerufen, der ihn wegen eines blutigen Traumspuks nach Montecastrilli bat. Ich habe ihm geraten, er solle dir die Sache überlassen. Aber er wollte sich unbedingt selbst darum kümmern. Als müsse er sich ständig mit Gewalt in Lebensgefahr bringen.«
»Gespenster sind selten lebensgefährlich«, sagte Zamorra.
Nicole legte der Schwarzhaarigen die Hand auf die Schulter. »Ich glaube, wir zwei sollten uns mal über ein paar Kleinigkeiten unterhalten. Wie du Ted zu gängeln versuchst, ist doch nicht mehr normal. Früher hast du ihn machen lassen, was er wollte, und jetzt…«
Carlotta schüttelte Nicoles Hand ab. »Ich gängele ihn? Was soll das? Ich versuche nur, ihn daran zu erinnern, dass ich…«, sie zögerte den Bruchteil einer Sekunde, »mit ihm in Ruhe Zusammenleben möchte. Ohne Risiko, ohne Gefahr. Versteht das denn überhaupt keiner von euch? Er hat genug für die Menschheit getan, für euch alle. Jetzt sind auch mal andere dran!«
»Diese anderen haben auch schon genug getan«, erwiderte Nicole scharf. »Zum Beispiel Zamorra, oder auch ich. Wir könnten ebensogut sagen, jetzt sind auch mal andere dran! Wir tun es aber nicht. Genauso wenig wie Ted. Also, warum versuchst du ihn neuerdings anzuketten?«
»Ich kette ihn an? Also, jetzt ist aber langsam Schluss!« Carlotta wandte sich ab und verließ das Wohnzimmer, lief die Treppe hinauf.
Zamorra zuckte mit den Schultern.
»Sieht so aus, als würde aus eurem gemeinsamen Einkaufsbummel heute nichts«, sagte er. »Na gut, wenn Ted schon in der Nähe von Terni ist, werden wir uns ein Taxi kommen lassen oder einen Mietwagen besorgen…«
»Was heißt hier ›wir‹?«, fragte Nicole finster. »Ich bin hier, um Boutiquen zu plündern, und du wolltest doch überhaupt nicht mitkommen. Hat's dich jetzt etwa doch gepackt?«
»Es scheint sich ja auszuweiten. Ein Fall in Terni, einer in diesem Montecastrazione, oder wie sich das Dorf schimpft. Könnte doch etwas mehr dran sein als vermutet. Man kann sich das ja mal anschauen«, brummte Zamorra.
Nicole seufzte. »Und da wird uns Frauen immer nachgesagt, wir wären wankelmütig Na schön, ich werde mal Teds Telefon benutzen und ein Taxi rufen. Das kriegen wir schneller und unkomplizierter als den Mietwagen, und zurück kann Ted uns fahren.«
Sie ging nach oben in das Büro des Freundes. Prompt tauchte Carlotta auf und fauchte sie an, was sie hier zu suchen habe.
»Meine Güte, ich verstehe dich wirklich nicht mehr«, seufzte Nicole. »Früher hast du dich nicht so ereifert. Da haben wir uns gegenseitig in den Kellern an den Weinvorräten bedient und ausgetauscht, sind einfach mal auf Verdacht bei uns oder bei euch aufgetaucht, um ein bisschen zu plaudern, und wenn jemand störte, ging er eben wieder, und jetzt…«
»Scusi«, sagte Carlotta. »Du hast ja Recht. Ich bin nur im Moment ein wenig verärgert.«
»Wegen Ted.«
»Ja.«
»Willst du mir nicht sagen, was los ist?«, fragte Nicole. »Wir zwei sind jetzt unter uns, Zamorra hört unten nicht mit.«
»Ich kann nicht darüber reden«, sagte die Schwarzhaarige. »Und ich will es auch nicht. Lass mich einfach in Ruhe, bitte.«
»Na schön.« Nicole telefonierte nach einem Taxi, dessen Ankunft ihr für in zehn Minuten versprochen wurde. Die Französin schmunzelte, eine halbe Stunde war bei der römischen Verkehrsdichte wohl realistischer. Es ging hier zwar nicht so chaotisch zu wie in Bombay, aber immerhin…
Dann notierte sie sich die Rufnummer von Teds Autotelefon. Kurz versuchte sie Ted auch direkt zu erreichen, aber nur die Anrufbox lief. Nicole kündigte kurz an, dass Zamorra und sie unterwegs waren, und kehrte wieder ins Parterre zurück.
Zamorra stand im Korridor und winkte ihr zu. »Komm endlich! Das Taxi wartet schon…«
Sie wollte es kaum glauben…
***
Ted Ewigk fuhr nach Terni, um mit Comisario Pietro Vuole zu reden. Der Beamte war gerade unterwegs, und als er nach einer halben Stunde in der Präfektur eintraf, war er alles andere als erbaut davon, Besuch zu haben, der sich nach dem Vorfall von gestern in dem verschlafenen Nest Montecastrilli erkundigte. Vorsichtshalber legte Ted seinen Presseausweis nicht vor. Er wollte nicht gleich ganz besonders Stimmung gegen sich machen, weil er nur zu gut wusste, dass Behörden und Reporter die geborenen Fressfeinde waren. Aber als Vuole ihn dennoch abwimmeln
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