0740 - Todesgruß der Templer
nehme ich an.«
Er nickte. »Ja, an jedem Freitag der Woche, Mr. Sinclair. Und heute ist Freitag.«
»Diese Männer sind auch immer pünktlich?«
»Das müssen sie sein. Es gibt keine Entschuldigungen. Ausgenommen Krankheiten und wichtige geschäftliche Termine sowie dringende Familienangelegenheiten.«
»Das habe ich mir gedacht.«
»Wollen Sie die Namen auch wissen, Mr. Sinclair?« Er fragte es so, als wäre er damit überhaupt nicht einverstanden.
»Später schon. Mich interessiert mehr der Treffpunkt. Wo verabreden Sie sich?«
»In Soho.«
»Das ist groß.«
»In einer Kirche. Sie werden Sie kennen, Mr. Sinclair. Es ist die alte Templerkirche…«
Ich sagte nichts und schwieg auch, als mich der Anwalt ansprach, weil er über mein Schweigen beunruhigt war und er sogar fragte, ob er etwas falsch gemacht hätte.
»Keine Sorge, daß haben Sie nicht.«
»Warum dann Ihr Schweigen?«
»Weil ich über die Kirche nachdenke, die mir natürlich ein Begriff ist oder mehr als das, denn dort haben mein Partner und ich vor einiger Zeit einen Fall erlebt, der ebenfalls etwas mit den Templern zu tun hatte.«
»Es gibt doch noch alte Gräber. Das heißt, in der Kirche sind die Grabplatten zu sehen.. Sie datieren aus dem dreizehnten Jahrhundert, aber sie zeigen nicht nur Tempelritter.«
»Sie sind gut informiert, Mr. Ellroy.«
»Das bleibt nicht aus.«
Ich räusperte mich, bevor ich sprach. »Wahrscheinlich werde ich Ihnen eine dumme Frage stellen, Mr. Ellroy, aber weshalb treffen Sie sich gerade in der Kirche?«
»Wir fühlen uns den Templern zugehörig. Außerdem ist die Kirche das älteste Zeugnis der Vereinigung. Sie wurde im Jahr 1185 von dem Patriarchen von Jerusalem geweiht.«
»Und Sie treffen sich dort jeden Freitag.«
»So ist es.«
»Was spüren Sie da?«
»Wenn Sie die kleine Kirche kennen, Mr. Sinclair, werden Sie auch wissen, daß Sie etwas Besonderes ist. Dieser Ort ist von einem besonderen Geist durchweht. Wir finden dort die Erfüllung. Wir schöpfen da die Kraft aus der Vergangenheit. Jeder Stein ist von ihr durchdrungen, und wir haben das Gefühl, als würden uns die längst verstorbenen Templerritter unter den Grabplatten Mut machen.«
»Das sehe ich ein.« Ich schaute durch das Fenster, sah den trüben Tag und die dünnen Dunstschwaden, die ihn durchzogen. »Sagen sie mal, Mr. Ellroy, haben Sie sich in der Templerkirche immer sicher gefühlt? Oder spürten Sie auch dort die Bedrohung. Sie wissen ja, daß die Waffe überall hinkommen kann. Es scheint für sie keinerlei Grenzen zu geben.«
»Wir haben nie darüber gesprochen.«
»Fühlten Sie sich sicher?«
»Ich weiß es nicht.«
»Und Sie persönlich?«
»Wenn ich mit meinen Brüdern zusammen war, dachte ich nie an die Bedrohung.«
»Ja, das ist verständlich. Was passierte, als Brüder von Ihnen ermordet wurden?«
»Da ging die Angst herum.«
»Die auch nicht zu stoppen war?«
»Nein.«
»Und was wollen Sie unternehmen?«
Er senkte den Kopf. »Ich habe schon etwas unternommen, indem ich mich an ihren Chef, Sir James Powell, wandte. Ich tat es aus meiner eigenen Initiative heraus. Die anderen haben davon- nichts gewußt. Sie wissen es auch jetzt nicht. Sie wissen nicht einmal, daß meine Frau von der anderen Kraft getötet wurde.« Er räusperte sich und fuhr nervös durch sein Haar. »Ich habe vorgehabt, es Ihnen am heutigen Abend mitzuteilen. Dann hätten wir noch einmal überlegen können, welche Maßnahmen wir ergreifen.«
»Sie hätten dann auch mit der Wahrheit herausgerückt?«
Ellroy nickte.
Ich schaute wieder nach draußen. »Was würde geschehen, wenn am heutigen Abend statt fünf Personen noch ein sechster mit in die Kirche käme? Haben Sie darüber nachgedacht?«
»Sie denken an sich, Mr. Sinclair.«
»So ist es.«
»Ich weiß es nicht. Es wäre ein großer Vertrauensbruch. Ich müßte die anderen vier Brüder erst einmal fragen. Wenn alle zugestimmt haben, dann erst dürften Sie mitkommen.«
»Was natürlich schwer ist, nehme ich an.«
»Ich habe es noch nicht ausprobiert. Es wäre eine Premiere. In Anbetracht der neuen Situation dürfte eigentlich niemand etwas dagegen haben.«
Der Meinung war ich auch, dachte jedoch an die Gefahren und rückte mit einem anderen Vorschlag heraus. »Wie wäre es denn, wenn Sie das Treffen ganz absagen würden?«
Der Anwalt schwieg. Er hob seine gesunde Hand,, wischte über sein Gesicht und überlegte. »Was hätte das für einen Sinn?«
»Ist schwer zu sagen. Sie
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