0740 - Todesgruß der Templer
Mann lächelte, stand auf und trat an ein Regal. »Du wolltest etwas essen, nicht?«
»Was hast du denn?«
»Fisch. Getrockneten Fisch. Auf Stöcken in der Sonne. Ich habe auch Brot und Wein.«
»Ja, das ist gut.«
Der alte Mann bediente. Er tat es mit einer Selbstverständlichkeit, über die sich Malraux wunderte.
Da er so etwas nicht kannte, hatte er beschlossen, sehr mißtrauisch und vorsichtig zu sein. Er wollte keine böse Überraschung erleben.
»Laß es dir schmecken.«
»Danke.«
Der Fisch war gut, nicht zu salzig, und der rote Wein hatte eine gewisse Kühle, die Malraux' Kehle und auch seinem Magen guttat. Er freute sich plötzlich, daß alles hinter ihm lag, aber er konnte nicht vertragen, daß er von dem Alten beobachtet wurde, dessen Gesicht hinter den Kerzenflammen so schattenhaft verzerrt wurde.
Er traute ihm noch immer nicht.
»Kann ich noch Wasser haben?«
»Auch Wein.«
»Nein, nur Wasser.«
Der alte Mann nickte, stand auf und ging nach draußen. Was er da tat, hörte Malraux nicht. Als schließlich die alte Brunnenwinde knarrte und das Holz dabei stöhnte, war er zufrieden. Mit einer gefüllten Kanne kehrte der Weißhaarige zurück.
»Wohnst du allein hier?« fragte Malraux.
»Nicht immer.«
»Wer lebt noch in deinem Haus?«
»Mal diese, mal jene.« Er schenkte aus der Kanne das Wasser in den Weinbecher.
Malraux trank. Er freute sich darüber, daß ihn das kühle Naß erfrischte. »Aber du bist kein Fischer?«
»Warum bin ich das nicht?«
»Ich kenne die Fischer. Draußen ist es schon beinahe dunkel. Da machen sie sich bereit zum Nachtfang.«
»Ich bin zu alt.« Er setzte sich wieder hin, und seine Gesichtszüge verschwammen abermals hinter den Kerzenflammen. Als er die nächste Frage stellte, verschluckte sich sein Gast beinahe. »Bist du ein Templer? Bist du einer von ihnen?«
Malraux schwieg. Er trank und aß den letzten Fisch auf. Sein Gastgeber ließ ihm Zeit, bis er die Frage wiederholte, und da erst reagierte Malraux.
»Warum sollte ich ein Templer sein?«
»Man findet sie jetzt oft. Sie werden gejagt wie Hühner. Man ist ihnen auf den Fersen. Die Kirche, die Häscher des Königs, der Papst hat eine eigene Gruppe aufgestellt. Man wird sie fangen, man wird sie in die Kerker werfen und foltern.«
»Ich weiß.«
»Bist du ein Templer?« Der Alte fragte es flüsternd. Ein Teil seiner Worte schienen von den Flammen aufgesaugt zu werden.
Malraux versuchte, Hinterlist aus der Stimme herauszuhören, was ihm allerdings nicht gelang. »Was würdest du mit einem Templer machen, wenn er zu dir käme?«
»Ich weiß es nicht.«
»Du würdest ihn ausliefern, nicht?«
»Nein!« Er schüttelte den Kopf. »Ich würde ihn erst testen. Wenn er ein guter Mensch ist, dann würde ich ihn verstecken. Ist er ein Teufel, würde ich ihn den Häschern überlassen. Du siehst, ich bin ehrlich zu dir. Jetzt kannst du die Wahrheit sagen.«
Malraux verengte die Augen. »Was heißt bei dir gut oder schlecht, Alter? Wie willst du das herausfinden?«
»Manche Templer haben ihrem Glauben abgeschworen. Das ist nicht gut, denn nun dienen sie dem Teufel.«
»Vielleicht haben sie keine andere Chance gesehen, weil sie verlassen wurden. Das ist doch möglich, damit muß man immer rechnen, oder etwa nicht?«
»Ich bin kein Templer.«
»Aber du kennst dich aus.«
»Ja, wer so alt geworden ist wie ich, der hat viel erlebt. Der hat viel gesehen, der wird oft nicht ernst genommen von den jüngeren Menschen. Aber sie vergessen, daß auch die Alten Augen haben, um zu sehen und Ohren, um zu hören. Und daß mit dem Alter eine gewisse Weisheit heranwächst, die bei den Jungen nicht vorhanden ist. Das alles sollte derjenige bedenken, der über einen älteren Menschen lacht. Ich weiß, daß etwas passieren wird, daß die Templer es nicht allein schaffen, daß sie schon längst in zwei Gruppen geteilt sind. Aber ich weiß auch, daß man sie nicht vernichten kann, denn sie werden sich wieder zusammenfinden und einen mächtigen Bund gründen.«
»Bist du ein Seher?«
Der Alte schüttelte den Kopf. »Nur weise, mein junger Freund. Nur eben weise…«
Malraux wurde der Mann unheimlich. Er wußte nicht, wie er sich verhalten sollte. Bleiben oder verschwinden? Den Alten niederschlagen, umbringen, damit seine Spur gelöscht war? Oder sollte er es einfach darauf ankommen lassen und den Mann noch weiter testen?
»Deine Gedanken sind nicht gut, junger Freund. Laß dir gesagt sein, daß sie nichts taugen.«
»Das
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