0744 - Die Verwandlung
töten sollen, doch sie kam nicht mehr dazu, sie einzusetzen.
Das Licht war stärker.
Es war auch schon zu Beginn der Zeiten stärker gewesen, und diesmal sahen wir als Zeugen zu, wie sie das Böse von einem Augenblick zum anderen verdampfte.
Die Kreatur existierte nicht mehr.
Und doch geschah noch etwas, das mir einen Schock durch die Adern trieb und sich mein Blut anfühlte, als wäre es zu Eis geworden.
Etwas Menschliches mußte sich trotz allem noch in ihrem Innern befunden haben. Vielleicht war auch ich ihr nicht so gleichgültig gewesen, denn sie rief meinen Namen.
»Johhhhnnnn…«
Es war ein Schrei, ein Ruf, der durch einen langen Tunnel drang und dabei immer weiter zurückgezogen wurde, bis er schließlich in den Gefilden der Ewigkeit verhallte.
Es war das letzte, was ich von Jessica Long hörte.
Danach weinte ich.
Elohim stellte keine Fragen, auch nicht nach dem Licht, das wieder zusammengebrochen war. Jetzt leuchteten nur die Kerzen, und ihr Schein huschte auch über das Glasgefäß hinweg, in dem die beiden menschlichen Herzen lagen.
»Ich hole Hilfe«, sagte ich leise zu Elohim und ging mit auf dem Rücken gefesselten Händen davon…
***
Das Hotel erlebte eine Nacht wie nie zuvor, aber was kümmerte mich das, obgleich ich für den Wirbel gesorgt und die Behörden alarmiert hatte? Auch mit London hatte ich telefoniert. Zuerst mit Suko, dann mit Sir James. Das letzte Gespräch war sachlicher verlaufen, bei Suko hatte ich die Last meiner Gefühle ablassen können.
Meine Freunde konnten und würden mich verstehen. Trotz allem waren wir erleichtert darüber, daß es den Druck nicht mehr gab, von einem Verräter umgeben zu sein.
Er hatte sich selbst gestellt.
Daß ich Zeit brauchen würde, um darüber hinwegzukommen, lag auf der Hand. Sir James hatte es mir freigestellt, ob ich sofort nach London zurückkehrte oder irgendwo ausspannte.
Ich wußte es noch nicht, denn da gab es nach wie vor ein nicht zu unterschätzendes Problem.
Es hieß Elohim.
Der Junge war nicht nur Waise, er hatte auch seine Bezugsperson verloren. Außerdem hatte uns die gemeinsame Gefahr zusammengeschweißt, und ich fühlte mich für ihn irgendwo verantwortlich. Ich würde mit ihm reden müssen und ihn auch fragen, woher er eigentlich gekommen war. Wahrscheinlich aus Germany.
Das würde sich ergeben.
Die Polizisten hatte ich zunächst auf die Warteliste gesetzt. Sie sollten erst die Spuren sichern, dann würde ich ihnen einiges zu sagen haben. Ich hatte auch darum gebeten, daß höhere Beamte herkamen, die den Fall auch vor der Presse vertuschen konnten.
Es war schon weit nach Mitternacht, als ich Besuch von Elohim bekam. Ich hatte mich auf der schmalen Couch ausgestreckt, lag da, starrte ins Leere und versuchte, an etwas anderes zu denken als an Jessica, was mir nicht gelang, denn immer wieder sah ich ihr Bild. Einmal als wunderschöne Frau, dann wieder als nacktes, braunhäutiges Monster. Ihre Metamorphose erlebte ich immer wieder mit. Sie würde mich auch noch lange verfolgen.
Elohim schaute mich an. »Geht es dir besser?« fragte er.
»Na ja…«
»Was soll nun geschehen?«
Ich holte tief Luft und nahm seine kleinere Hand in die meine. »Das werden wir uns noch genau überlegen, wir beide - okay?«
Er nickte, dann warf er sich in meine Arme und konnte die Tränen nicht mehr zurückhalten.
Genau wie ihm war auch mir zumute.
Zum Heulen nämlich…
ENDE des Dreiteilers
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