0744 - Die Verwandlung
sich in allen Fässern noch Wein befand, konnte ich nicht sagen. Manche waren so hoch, daß sie bis an die Decke heranreichten.
Hier unten fand ich keinen Menschen.
Trotzdem setzte ich meinen Weg fort, tauchte wieder ein in eine sehr düstere Umgebung, in der Flaschen lagerten, die mit einer dicken Staubschicht bedeckt waren. Wahrscheinlich gehörten sie zu den teuersten und wertvollsten Weinen.
Nichts von Elohim zu finden. Ich entdeckte auch die Kreatur der Finsternis nicht. Dieser Keller lag verborgen in einer schwammigen, grauen Finsternis, aus der sich plötzlich etwas hervorschob. Ein starrer Schatten. Für einen Moment irritierte er mich, bis ich erkannte, daß er nichts anderes war als eine Tür, die in der Mitte eine Querwand teilte.
Was lag dahinter?
Noch ein Weinkeller, möglicherweise war das Gewölbe noch älter. Eignete es sich auch als Versteck oder als Mordplatz?
Ich löschte die Lampe. Den Sitz der Klinke hatte ich mir eingeprägt. Außerdem sah sie noch funktionstüchtig aus, im Gegensatz zu vielem anderen hier unten war sie neu.
Ich drückte sie nach unten, ärgerte mich dabei über die damit verbundenen Geräusche und ließ den Spalt nur so groß, daß ich soeben hindurchschlüpfen konnte.
Es war ein zweites Gewölbe. Obwohl ich das Licht nicht eingeschaltet hatte, wußte ich, daß es von der Größe her mit dem ersten nicht mitkam. Es war kleiner, denn dies sagte mir einfach mein Instinkt.
Außerdem sah ich Licht!
Mein Herz schlug automatisch schneller. Wie weit entfernt das Licht von mir war, konnte ich in der Dunkelheit nicht genau erkennen. Jedenfalls schimmerte es in der Düsternis des Weinkellern wie eine schwache zittrige Insel.
Man sorgte nicht grundlos für eine gewisse Helligkeit, und diesen Grund würde ich herausfinden.
Es war nicht einfach, durch die Dunkelheit zu laufen. Ständig stand mir etwas im Weg, das ich umrunden mußte, manchmal aber zu spät erkannte, dagegenlief und deshalb Geräusche verursachte, die zwar nicht sehr laut, doch in der Stille des Kellers ziemlich weit zu hören waren. Der Geruch nach Rotwein schwängerte die Luft. Hinzu kam eine gewisse Feuchte, aber ich roch auch das alte Holz der Fässer, und es war mir nicht unangenehm.
Immer noch langsam bewegte ich mich vor.
Ich hatte mittlerweile erkannt, daß Kerzen das Licht abgaben, und war schon so nahe herangekommen, daß ich die einzelnen Arme unterscheiden konnte.
Das mußten mehr als ein halbes Dutzend sein.
Dann hörte ich das Klirren.
Zuerst dachte ich an eine Täuschung, war stehengeblieben, lauschte nach vorn und wartete darauf, daß sich dieses Geräusch wiederholte.
Es geschah tatsächlich.
Ich überlegte und kam dem Geräusch durch Nachdenken auf die Spur. Es hatte sich angehört wie klirrende Eisenglieder.
Obgleich ich sicher gewesen war, die Lösung gefunden zu haben, gefiel sie mir überhaupt nicht.
Elohim in Ketten?
Eine schlimme Vorstellung, die mir die Kehle eng werden ließ.
Wenn er tatsächlich in Ketten lag, mußte es auch jemand gegeben haben, der sich für diesen Zustand verantwortlich zeigte. Da kam nur die Kreatur der Finsternis in Betracht.
Auf meinem Rücken spannte sich die Haut. Der Druck hinter den Augen verstärkte sich. Auf die Oberfläche hatte sich ein leichter Schweißfilm gelegt.
Kam ich zu spät?
Nein, das wohl nicht. Dann hätten die einzelnen Kettenglieder nicht so klirren können.
Ich beschleunigte meine Schritte, achtete auch nicht mehr darauf, sehr leise zu gehen, ich wollte nur nach Elohim schauen, denn er war in diesem Fall die wichtige Person.
Ich sah ihn auch.
Das Licht der Kerzen fiel gegen ihn und zeigte mir auch, in welch einer unglücklichen Haltung er in den Ketten hing, die an der Wand befestigt waren.
Wer hatte ihn in diese Lage hineingebracht?
In meinem Innern hatte sich einiges verkrampft. Plötzliche Furcht durchtoste mich. Ich ging schneller, denn in der näheren Umgebung des Jungen hatte ich keinen Feind gesehen.
Auch Elohim hatte mich längst bemerkt. Er schaute in meine Richtung und drehte plötzlich den Kopf.
Nein, er schüttelte ihn wild hin und her. Von einer Seite zur anderen kippte er ihn, und ich schaute in seine weit geöffneten Augen, in denen nicht nur der Widerschein der Flammen tanzte, sondern auch ein anderes Gefühl stand.
Angst? Oder wollte er mich nicht? Wollte er aus dieser Lage nicht befreit werden?
Ich war so auf ihn und seine Befreiung fixiert, daß ich an andere Dinge nicht mehr dachte.
Erst mußte der
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