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0748 - Raphael, der Unheimliche

Titel: 0748 - Raphael, der Unheimliche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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auf.
    „Probleme...?"
    „Am besten kommen Sie und sehen sich das selbst an", antwortete Sylvia. „Ich weiß nicht, was ich davon halten soll."
    Der Gemeinschaftsraum der Baracke war mit mehreren Bildgeräten ausgestattet. Sylvia schaltete zwei davon ein. Die Kameras, von denen die Geräte versorgt wurden, waren so montiert, daß sie aus der Höhe einige hundertausend Quadratmeter des Werftgeländes überblickten. Reginald Bull sah, winzig wie Ameisen, Gruppen von Menschen beieinander stehen. Es war nicht zu erkennen, was die Menschen taten. Die Gruppen schienen zu vibrieren, aber sie bewegten sich nicht vom Platz. Es gab Dutzende solcher Gruppen. Es mußten über tausend Menschen sein, die da auf dem Gelände umherstanden, anstatt zu arbeiten.
    Bull sprang auf.
    „Was ist da los? Was tun sie?"
    „Sie reden und reden", antwortete Sylvia. „Auf dieselbe merkwürdige Art und Weise wie damals Joupje und Artur. Keine Unterhaltung, verstehen Sie? Einer sagt einen Satz, der nächste fügt einen zweiten hinzu ... und so weiter ..."
    „Und wer überwacht die Fertigung?" wollte Reginald Bull wissen.
    „Niemand. Die Leute sind nicht ansprechbar. Sie reagieren auf keine Anweisung, keine Frage, keine Bitte. Im Augenblick läuft noch alles normal, aber bei der geringsten Fehlfunktion müssen wir abschalten."
    Bull kannte die Gefahr. Früher hatte man diese Werft sich selbst überlassen können. Sie arbeitete nach einem Programm, das der Hauptsteuerrechner in seinem Speicher trug.
    Der Hauptsteuerrechner sah zu, daß der Fertigungsprozeß nach Plan verlief. Gab es Unregelmäßigkeiten, so rief er Werkroboter zu Hilfe und veranlaßte Reparaturen. Die Werft war ein kybernetisches Ganzes: Sie steuerte sich selbst.
    Heute war das anders. Die Geräte und Maschinen hatten nach kurzer, oberflächlicher Prüfung wieder in Betrieb genommen werden müssen, weil man keine Zeit verlieren durfte. Nicht einmal vom Hauptsteuerrechner war man ganz sicher, ob er seine Aufgabe noch fehlerfrei würde versehen können. Wenn zum Beispiel ein Terkonitkonverter ausfiel und der Plasmakanal, durch die die Mine den Konverter mit Eisenplasma belieferte, nicht sofort gesperrt wurde, dann würde die Eintrittskammer des Konverters überlaufen, und schließlich mußte es zu einer Explosion kommen - dann nämlich, wenn das mehrere Millionen Grad heiße Plasma aus den magnetischen Formfeldern entkam und sich einen Weg ins Freie bahnte. Deswegen hatte die LdG dreihunderttausend Menschen bereitgestellt: weil die Maschinen der Überwachung bedurften.
    „Kommen Sie mit!" forderte Reginald Bull das Mädchen auf und schritt, sein Frühstück vergessend, zur Tür.
    Draußen standen mehrere Gleiter bereit. Bull setzte sich ans Steuer des erstbesten Fahrzeugs. In flachem, rasantem Flug steuerte er hinüber zum Werftgelände. Aus der Nähe erkannte er, warum die Menschengruppen auf dem Bildschirm so aussahen, als vibrierten sie: Die Leute hatten sich so aufgestellt, daß sie alle nach einer Richtung schauten, schräg nach oben, als gebe es dort etwas Aufregendes zu sehen. Sie sprachen und gestikulierten gleichzeitig. Das wilde Gestikulieren hatte auf der Bildfläche eine vibrierende Bewegung vorgetäuscht.
    Als Reginald Bull ausstieg, umfing ihn das tosende Brummen der Fusionsmeiler, die die riesige Werft mit Energie versorgten.
    Die Werft lag größtenteils im Freien. Nur für die Arbeiter waren hier und da kleine Unterstände gebaut. Der Fertigungsprozeß war vom Klima unabhängig. Zur linken Hand ragten die Türme der Terkonitkonverter auf.
    Die Plasmakanäle waren unterirdisch verlegt.
    Bull und Sylvia näherten sich einer Gruppe von Arbeitern.
    Sie hörten ihre lauten, begeisterten Ausrufe: „Soviel Schönheit..."
    „ ... alles längst vergessen..."
    „Wie die Träume, die ich früher hatte..."
    Reginald Bull drängte sich durch den Kreis der Leute. Die, die er anstieß, wichen wohl zur Seite. Aber sie nahmen den entzückten Blick nicht von jenem fiktiven Punkt am Nordhimmel, an dem sie sahen, was anderer Menschen Augen nicht zu erblicken vermochten.
    „Hört her!" schrie Bull. „Ihr gefährdet die Werft! Ihr geht sofort an eure Arbeit, oder ich muß euch Beine machen!"
    Ein entzückter Schrei gellte durch die Menge.
    „Unsere Sonne... unsere Sonne ...!"
    Von Bull nahmen die Leute nicht die geringste Notiz. Er trat auf einen von ihnen zu, faßte ihn bei den Schultern und drehte ihn herum.
    „Dorthin gehst du!" fuhr er ihn an. „Dort steht deine

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