0750 - Ich bin dein Henker, Sinclair!
schon jetzt über den Rückweg.
»Was sollen wir eigentlich transportieren?«
»Nur eine Kiste.«
»Und was ist drin?«
»Keine Ahnung.«
Gläser brach seine Turnübungen ab. Die dunklen Augen waren groß geworden. »Mann, Horst, stell dir vor, da hat jemand einen alten Schatz versteckt. Gold oder so…«
»Du spinnst.«
»Kann doch sein. Vielleicht einen alten Kriegsschatz. Davon liest und hört man doch immer wieder. Stell dir vor, wir finden so etwas, damit können wir uns verdrücken, oder es sind alte Stasi-Unterlagen. Mit denen kannst du auch Geld verdienen, wenn du die an die richtigen Stellen verscheuerst.«
»Erst mal holen wir die Kiste raus.«
»Klar, Horst, aber denk mal nach.«
Horst Wehner kletterte noch einmal in das Fahrerhaus und holte ein Werkzeug hervor, das aussah wie eine Brechstange.
»Was willst du denn damit?«
»Uns den Weg freimachen.«
Willi Gläser hob die Schultern. Wenn Horst Wehner das meinte, sollte er damit auch zurechtkommen. In der Tat sah das Gestrüpp ziemlich dicht aus. Das war mit den bloßen Händen kaum auseinander zu schaufeln. Sie hatten nicht weit zu laufen. Der Wind war sanft. Er brachte den Geruch von Frühling mit. Die ersten Insekten summten, während sie mit ihren Zickzackflügen die Luft durchschwirrten.
Davon merkten die beiden Männer wenig. Ihre Gedanken drehten sich um andere Dinge. Sie dachten an das Geld, das sie für den Job bekommen würden, und das war nicht wenig. Damit konnte man sich eine Weile über Wasser halten. Was in der Kiste war, interessierte sie kaum. Wehner war dies erst recht egal.
Der Hang stieg relativ sanft vor ihnen hoch. Dennoch war er vor langer Zeit einmal sehr wichtig gewesen, als über Deutschland die Bomben abgeworfen wurden, denn hier in diesen Hang war ein Bunker gebaut worden.
Sie würden die Kiste in diesem Bunker finden. Er war im Krieg ein Versteck für Nahrungsmittel gewesen, die nach dem Krieg natürlich abgeholt worden waren. Jetzt stand in ihm die Kiste. Das jedenfalls hatte ihnen ihr Auftraggeber gesagt. Um andere Dinge – sollte sie es geben – brauchten sie sich nicht zu kümmern.
Vor dem nicht sichtbaren Eingang blieben sie stehen. Gläser nickte anerkennend.
»Was ist los?«
»Ich bin überrascht, dass du den Eingang sofort gefunden hast.«
»Ich habe auch gut zugehört, was man uns sagte.«
Gläser drehte sich um. Er schaute die Strecke zurück. Es war keine Menschenseele zu sehen. Das hier war in der Tat ein gottverlassener Ort. Nur der Lastwagen stand dort, wo sie ihn abgestellt hatten.
»Geh mal zur Seite!«, forderte Wehner seinen Partner auf und fasste die Brechstange mit beiden Händen an, bevor er damit ausholte.
Gläser gehorchte ihm. Wehner fixierte das sperrige Buschwerk.
Dann schlug er zu. Er hatte Kraft. Die Brombeerzweige krachten zusammen. Er schlug immer und immer wieder auf sie ein, fetzte sie zur Seite und schuf so einen Durchgang. Einige Minuten später sahen sie die Öffnung.
»Keine Tür?«, flüsterte Gläser.
»Nein. Das ist auch nicht der Haupteingang. Hier kommen wir von der Seite.«
Gläser duckte sich. Er sagte nichts, aber er wurde bleich. Die Höhle vor ihm gefiel ihm überhaupt nicht. Ein böser, scharfer Atem schien aus ihr hervorzudringen. Es stank nach Feuchtigkeit und nach einem gewissen Alter. Sicherlich wucherte der Schimmel an der Decke und an den Wänden. Vermischt mit Spinnweben oder feuchtem Schlamm. Das alles hatte sich im Laufe der Zeit angesammelt und war durch das sperrige Gestrüpp verdeckt worden.
Wehner wischte sich mit einem Tuch den Schweiß von der Stirn.
»So, wir können.«
Willi schluckte. »Da – da hinein?«
»Klar, wo sonst?«
»Ich weiß nicht…«
»Was ist mit dir?«
Auch Wehner schwitzte plötzlich. Dabei schaute er sich um, konnte aber niemanden erkennen. Trotzdem fühlte er sich plötzlich beobachtet und belauert. Unbekannte Feinde hielten sich verborgen, warteten darauf, dass er einen Fehler beging, und in seiner Fantasie stellte er sich die schlimmsten Dinge vor.
»Was hast du denn, verdammt?«, fauchte Wehner ihn ärgerlich an und drehte ihn herum.
»Mir – mir ist nicht gut, glaube ich.«
»Nein«, sagte Wehner und hob beide Arme. »Nein, verdammt, komm mir nicht damit! Erst die große Schnauze haben und dann kneifen. Aber kassieren willst du.«
»Ich habe nicht gesagt, dass ich kneifen will.«
»Was hast du dann, verdammt?«
»Mir ist schlecht!«
»Wovon?«
Gläser hob die Schultern. Dann deutete er gegen den
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