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0750 - Ich bin dein Henker, Sinclair!

0750 - Ich bin dein Henker, Sinclair!

Titel: 0750 - Ich bin dein Henker, Sinclair! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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stehen, und der Lichtstrahl bewegte sich nicht mehr weiter, sondern leuchtete direkt einen bestimmten Ort an.
    »Wir sind da.«
    »Wo?«, fragte Wehner, der noch mit seinen eigenen Gedanken beschäftigt gewesen war.
    »Am Ziel, verdammt!«
    Willi trat neben Horst. Er schaute gegen die linke Wand des Stollens. Genau dort stand die Kiste.
    Horst Wehner lachte. Er hatte Spaß, was man von Gläser nicht behaupten konnte, denn er schüttelte den Kopf und wollte diesen Anblick nicht einmal wahrhaben.
    Wehner fiel die Reaktion auf. »Hast du was?«
    »Ja.«
    »Was denn?«
    »Schau dir diese verdammte Kiste doch mal an, Horst. Das – das ist gar keine.«
    »Wieso denn nicht?«
    »Eine Kiste sieht anders aus«, flüsterte Gläser. »Weißt du, was das ist? Das ist ein Sarg, ein verdammter, ein verfluchter Sarg! Nicht mehr und nicht weniger.«
    »Du bist verrückt!«
    »Bin ich nicht.«
    »Na ja«, Wehners Stimme klang unsicher, als er auf den Gegenstand zuging. Er leuchtete ihn noch genauer an, dann räusperte er sich und gab Gläser Recht. »Irgendwie kann das schon hinkommen. Aber kein Sarg aus unseren Breiten. Das ist mehr eine Kiste. So was nehmen sie vielleicht im Orient, um die Toten zu bestatten.«
    »Ich bleibe dabei.«
    »Trotzdem werden wir ihn raustragen«, sagte Wehner. »Kneifen kommt nicht in Frage.«
    »Das habe ich auch nicht gesagt. Aber, verdammt noch mal, geheuer ist mir dieses Ding nicht.«
    Da stimmte ihm Horst Wehner zu, auch wenn er es nicht offen erklärte. Er wollte sich die Kiste genauer anschauen und bestrich sie mit dem Strahl der Lampe von einem Ende zum anderen. Sehr genau und auch langsam, damit er Einzelheiten erkennen konnte.
    Wehner ging davon aus, dass der Sarg, der so alt aussah und von einer Schmutzschicht überzogen war, offen war, das aber war nicht der Fall. Unter- und Oberteil lagen fest aufeinander. Er konnte nicht den schmalsten Spalt entdecken.
    Dreck und Staub hatten sich mit Spinnweben und dem Kot der Fledermäuse vermischt, sodass die ursprüngliche Farbe der Kiste nicht einmal zu ahnen war.
    »Ob wir da einen Toten transportieren müssen, eine vermoderte Leiche?«, flüsterte Gläser.
    Wehner drehte den Kopf. Er tat es sehr langsam. Gläser, der seinen Kumpel kannte, wusste genau, dass dieser dicht vor einer Explosion stand. Er irrte sich. Wehner explodierte nicht. Stattdessen holte er tief Luft und lächelte verzerrt. Im fahlen Licht der Lampe sah sein Gesicht aus wie eine bläulichweiße Maske.
    »Wir schleppen hier keinen Toten weg«, flüsterte er scharf. »Welchen Sinn sollte es haben, uns hier in den Stollen zu scheuchen und einen Toten zu holen?«
    »Keine Ahnung.«
    »Also, Willi. Jetzt bück dich, pack die Kiste an und dann Abmarsch.«
    »Ist schon okay, Horst, ist schon okay. Komisch ist dir doch auch, oder?«
    »Bück dich!«
    Wehner hakte die Lampe an seiner Kleidung fest. Gemeinsam fassten die Männer den Sarg an und hoben ihn hoch. Für einen Moment wunderten sie sich über das Gewicht, und Gläser wunderte sich über noch eine weitere Tatsache. Er hatte den Eindruck, kein altes Holz anzufassen, sondern vereisten Stahl, so kalt war die verfluchte Kiste. Möglicherweise war das auch nur Einbildung, eine Folge seiner überreizten Nerven. Ja, so musste es sein. Eine Kiste konnte hier nicht vereisen. Es war zu warm im Stollen. Auch wenn Eis in ihr gelegen hätte, es wäre längst getaut.
    Wehner drehte sich um neunzig Grad. Die Kiste bildete eine breite Brücke zwischen den beiden Männern, und so trugen sie das Ding auch dem Ausgang entgegen.
    Obwohl die Männer den Weg bereits kannten, kam er Wehner doppelt so lang vor. Er schauderte permanent, als er die schwarze Masse der Fledermäuse sah, und die Angst in seinem Innern schien den Magen zu einem dicken Klumpen zusammenzuziehen.
    Schlafende Fledermäuse sind harmlos, sagte er sich. Sie können uns nichts tun, sie sind Geschöpfe der Nacht. Sie schlafen am Tag, sie wollen dein Blut nicht um diese Stunde.
    So richtig glaubte er nicht an seine eigenen Gedanken. Er konnte die dunkle Masse einfach nicht aus den Augen lassen und glaubte sogar, dass sie sich an bestimmten Stellen bewegte wie ein See, über den der Wind strich.
    Würden sie kommen? Würden sie sich von den Wänden und von der Decke lösen und als blutgierige kleine Monster über die beiden Menschen herfallen?
    Nein, sie blieben auf ihren Plätzen. Sie schliefen, und trotzdem sahen ihre teils blanken und teils pelzigen Körper aus, als würden sie im

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