0750 - Ich bin dein Henker, Sinclair!
schwerfällig, der Weg war einfach zu eng, und dann rutschte er mit der linken Seite durch die Büsche am Wegrand.
Er rasierte einige von ihnen ab, schrammte auch mit der Stoßstangenecke über den Stamm eines Baumes, fetzte dort Rinde ab, fluchte über sein eigenes Missgeschick und seine Nervosität, bevor er den Wagen wieder unter Kontrolle bekam.
Er fuhr in eine dunkle Hölle, die jedoch immer wieder ein Stück zurückgedrängt wurde, wenn das Licht der beiden bleichen Scheinwerfer sie aus der Dunkelheit riss.
Dennoch blieb sie. War wie zäher Leim, der ihn einfach nicht loslassen wollte.
Alles hatte sich gegen Gläser verschworen. Die Menschen, der Wald, die Dunkelheit. Und über all diesen Dingen lauerte etwas Schreckliches, das seiner Meinung nach noch schlimmer war als der Tod.
Irgendetwas, das aus einem Reich hervorgestiegen war, wo Menschen nicht hingehörten. Es war einfach grauenhaft, aus Albträumen geboren, sich in Albträumen bewegend. Einfach etwas, für das es überhaupt keine Erklärung gab.
Der Tod…
Nein, nicht der Tod. Was sich da genähert hatte, war seiner Meinung nach schlimmer als der Tod. Das war der endlose Tod gewesen, das furchtbare Grauen, das…
Er wollte nicht mehr weiterdenken. Nur fahren, immerzu fahren.
Weg von diesem anderen Grauen, einfach weg von hier und nie wieder zurückkehren.
Der Weg war schmal, sehr schmal. Dass auch auf ihm Gegenverkehr herrschen konnte, kam ihm nicht in den Sinn…
***
Mir ging das kalte Gesicht Viktor Maitlands nicht aus dem Kopf. Je mehr Tageslicht schwand, je tiefer die Schatten der Dämmerung wurden, umso stärker dachte ich an ihn, der auf mich niedergeschaut hatte wie ein Monster, das genau wusste, was es mit mir anstellen wollte.
Ich fürchtete mich nicht, doch ich beschloss, auf der Hut zu sein.
Nicht grundlos hatte man mir dieses Gemälde zukommen lassen.
Für mich war klar, dass jemand auf mich wartete.
Maitland! Warum, weshalb? Welchen Grund konnte er haben?
Was hatte ich ihm getan oder umgekehrt?
Ich wusste es nicht, aber die Spannung nahm von Minute zu Minute zu. Noch rollten wir durch das Tal. Es kam mir vor wie eine große Schüssel, die sich allmählich mit einem Inhalt füllte, der ausschließlich aus Schatten bestand. Die Dunkelheit packte zu, das war der Lauf dieser Welt.
Harry Stahl fiel meine Schweigsamkeit auf. »Soll ich dich fragen, John, an was du jetzt denkst?«
»Das kannst du dir doch denken.«
»Ja, Maitland! Ich will ihn!«
»Und er dich!«
»Richtig, Harry. Aber warum? Kannst du dir was denken? Warum will er mich?«
»Du wirst ihn fragen müssen.«
Ich nickte heftig und lachte leise. »Darauf kannst du dich verlassen, Harry.«
Der Kommissar und ich schwiegen in den folgenden Minuten. Wir mussten Acht geben, damit wir die schmale Abzweigung nicht verfehlten. Der dort beginnende Weg schlängelte sich am Berghang hoch, bis er dort endete, wo die Burg stand.
Es gab kein Licht, keine Laternen, nur unsere Scheinwerfer sorgten für Sicht.
Harry passte auf. Ich hätte die Abzweigung beinahe übersehen, aber der Kommissar lenkte den Opel früh genug nach rechts, dann holperten wir durch eine Querrinne und waren wenig später von dichtem Buschwerk umgeben.
Ich hatte die Scheibe etwas nach unten gedreht. Durch den Schlitz drang die feuchte, dumpfe Waldluft, die noch unter der Hitze des Tages stöhnte. Nur wenige Vögel zwitscherten noch. Die Stille des Waldes war beinahe zu greifen.
Wenn die sehr nahe stehenden Sträucher und auch das andere Unterholz vom Licht der Scheinwerfer erfasst wurde, erschienen sie mir manchmal wie bleichstarre Totengestalten, die uns in ihrem Reich willkommen hießen.
Und dann sah ich die Lichter. Nicht unsere, sondern fremde. Sie tanzten und zuckten über uns. Waren mal verschwunden, dann wieder zu sehen, tauchten weg, veränderten ihren Winkel, kamen aber näher.
Ich fragte den Kommissar. »Hast du die Lichter gesehen?«
»Ja, Scheinwerfer. Ich befürchte, wir bekommen Gegenverkehr.«
»Maitland?«
»Denk nicht an ihn, John, sondern denke daran, wie wir aus dieser Scheißlage herauskommen.«
Da hatte er Recht. Der Weg war zu schmal, als dass sich zwei Fahrzeuge hätten aneinander vorbeischieben können. Und seitliche Pfade gab es nicht, wo wir hätten ausweichen können. Die Lage spitzte sich zu.
Wir hörten bereits das Motorengeräusch des anderen Fahrzeugs.
Das klang nicht gut. Meiner Ansicht nach schien sich da ein Lastwagen auf uns zu zu bewegen, der sich bereits
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