0750 - Ich bin dein Henker, Sinclair!
Schlösser und Burgen es in England, Schottland oder auch Irland gibt. Wahrscheinlich kannst du mir darauf keine Antwort geben.«
Sie gab mir auch keine, das übernahm Jane, nachdem sie ihre Beine ausgestreckt hatte. »Warum nur Großbritannien, John? Denkst du nicht weiter?«
Ich begriff. »Europa?«
»Ja.«
»Wie kommst du darauf?«
Jane beugte sich vor und holte das Bild näher an sich heran. »Ich kann mich täuschen, das einmal vorweg gesagt, aber ich habe einfach das Gefühl, dass dieses Schloss oder diese Burg nicht hier in England steht. Wenn ich mir die Bauweise anschaue, so könnte es nach Frankreich passen. Es ist zwar wuchtig, zeigt aber trotzdem eine gewisse Verspieltheit, die zu vielen unserer Schlösser und Burgen nicht passt, wenn ich da an die romanische Bauweise denke. Das hier ist gotisch und…«
»Davon haben wir auch genügend Schlösser.«
»Klar. Trotzdem glaube ich nicht, dass wir es in England finden.«
Sie hob die Schultern. »Möglicherweise habe ich mich auch vom Aussehen des Mannes täuschen lassen. Vielleicht gab es mir die Intuition, wer kann das wissen.«
»Jnwiefern?«
»Mir kommt dieser Mann romanisch vor. Ja, er ist ein romanischer Typ. Man findet sie in Frankreich, natürlich dort mehr im Süden, aber auch in Italien…«
»Du hast den Balkan vergessen.«
»Meinst du Rumänien?«
»Zum Beispiel.«
»Könnte hinkommen«, sagte auch Sarah Goldwyn und bewegte dabei ihre Augenbrauen. »Aber das bringt uns einfach nicht weiter, so Leid es mir tut.«
»Was bringt uns denn deiner Meinung nach weiter?«, wollte ich wissen.
»Arbeit. Genug Arbeit für das ganze Wochenende. Arbeit mindestens zu dritt, aber auch zu viert, und wenn wir die Conollys hinzunehmen, sind wir sechs Personen. Es gibt Bücher über Burgen und Schlösser. Wir könnten sie Seite für Seite durchgehen und uns die Abbildungen anschauen. Das ist mein Vorschlag.«
Ich räusperte mich. »Aber ist dies auch der Sinn der Sache?«, hinterfragte ich.
»Wie meinst du das?«
»Hat das dieser unbekannte Absender wohl gewollt?«
Sarah nahm ihre Brille ab. »Woher willst du überhaupt wissen, was er gewollt hat?«
»Das habe ich gelesen.«
»Du denkst an die Warnung.«
»Ja.«
Jane Collins murmelte vor sich hin. »Ich habe mich auch schon gefragt, ob sich nicht jemand einen Spaß erlauben wollte. Einen miesen, schlechten Scherz. Es wäre sogar die beste Lösung für alle Probleme, finde ich.«
»Nicht bei mir, Jane. Das hat nichts mit Einbildung zu tun. Ich bin davon überzeugt, dass dieses Bild sehr ernst gemeint ist. Es soll mich auf eine bestimmte Spur locken.«
»Die dich dann ins Grab bringt.«
»Nehme ich an, wenn es nach dem unbekannten Absender geht. Ich halte ihn übrigens nach wie vor für einen Vampir, der möglicherweise auch mit Mallmann in Verbindung steht. Aber das sind leider alles Spekulationen.«
»Wenn Mallmann dahinter stecken würde, sehe ich tatsächlich ein Motiv«, sagte Lady Sarah.
»Richtig.«
Jane war nicht der Meinung. »Mallmann würde doch selbst kommen, John. Oder glaubst du, dass er so feige ist?«
»Eigentlich nicht.«
»Eben.«
Dann meldete sich das Telefon. Das Geräusch zerriss unser Gespräch. Für wenige Sekunden saßen wir unbeweglich auf den Stühlen, wahrscheinlich zu dritt von demselben Gedanken beseelt. Da es meine Wohnung war, stand ich auf und ging die wenigen Schritte.
Ich nahm den Hörer und ließ mich dabei auf eine Sessellehne sinken.
Obwohl der andere Teilnehmer noch kein einziges Wort gesprochen hatte, wusste ich schon jetzt, dass es der geheimnisvolle Absender des Bildes war, der mich angerufen hatte…
***
Ich sagte kein Wort, hörte gepresst klingendes Atmen, untermalt von irgendwelchen atmosphärischen oder bewusst eingestreuten Störungen und dann die lauernde Frage: »Hast du das Bild bekommen, Sinclair? Hast du mein Geschenk?«
Die Stimme erzeugte bei mir einen kalten Schauer auf dem Rücken. »Eine Frage mal, Mister. Wer sind Sie?«
»Dein Henker, Sinclair.«
»Ach ja?«
Er lachte. Es hörte sich an, als würde er mit einem Stück Holz über Sandpapier scheuern. »Diese Reaktion habe ich erwartet. Sie klingt so verdammt arrogant und überlegen. Aber hüte dich, Sinclair. Ich bin besser als du.«
»Jetzt sind Sie arrogant.«
»Nein, es ist eine Tatsache.«
»Wunderbar, Mr. Unbekannt. Ich darf Ihnen ein Kompliment machen. Ihr Bild ist gut gelungen.«
»Danke, das wusste ich.«
»Und wie geht es weiter? Werden Sie jetzt selbst
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