0752 - Im Griff der Unsichtbaren
nicht den Weg zu Shado gefunden hätten, hätte ich mich für immer auf den Pfaden der Traumzeit verloren.«
»Ich wäre früher gekommen, aber die Blumen in Sydney scheinen ebenfalls nicht zu funktionieren.« Sein Gesicht wurde ernst, ér berichtete Shado und Wolly, was sich in ihrer Abwesenheit ereignet hatte. »Nicole muss hier gewesen sein. Könnt ihr euch an ihr Auftauchen erinnern?«
Wolly nickte. »Ich habe sie begleitet, aber dann stieß ich an eine Grenze und konnte ihr nicht mehr folgen.«
»Du hast sie gesehen, als sie über die Blumen hierher kam?«
»Ich sah ihren Schatten. Sie wurde beeinflusst von den Fremden. Sie haben sie in das Schiff geholt. Du musst ihr folgen und die fremde Magie zum Stillstand bringen.«
»Welches Schiff? Ich verstehe überhaupt nichts!«
»Das Weltraumschiff derer, die man nicht sieht.«
Zamorra zwang sich zur Ruhe. »Bitte erkläre mir, wo ich dieses Schiff finde. Ist es weit von hier?«
Da ging ein tiefes Brummen durch die Ebene, das den ausgetrockneten Boden unter ihren Füßen zum Schwingen brachte.
Der Parapsychologe verstummte.
Einige der Aborigines aus dem Camp, die ihm zu den Blumen gefolgt waren, schrien erschrocken auf. Nur Wolly blieb ruhig. Zamorra folgte seinem Blick - und da sah er es.
Nur wenige hundert Meter von ihnen entfernt schälten sich wie auf Kommando die Umrisse eines gigantischen Objekts aus dem Nichts. Erst schemenhaft, dann immer deutlicher trat die Silhouette eines Etwas hervor, dessen Abmessungen und Dimensionen Zamorra im ersten Moment die Sprache verschlugen.
Zamorra erblickte Stahlträger, blitzendes Metall und einen gekrümmten Rumpf von mehr als hundert Metern Durchmessern, der entfernt an ein gigantisches Ei erinnerte. Obwohl er etwas Ähnliches noch nie zu Gesicht bekommen hatte und die Formen in der glutheißen Luft des Outbacks zu flimmern und immer wieder zu zerfließen schienen, assoziierte er bestimmte Formen des gewaltigen Konstrukts mit einer Technik, die er hunderte Male in derselben oder einer leicht abgewandelten Art und Weise erblickt hatte.
Ewigentechnik. Ein Kreuzer der Dynastie.
»Dieses Schiff meine ich«, sagte Wolly in seinem Rücken.
***
Zamorras Gedanken überschlugen sich.
Das Schiff war in dem Augenblick sichtbar geworden, in dem Wolly davon gesprochen hatte. Zufall? Oder eine Falle?
Wenn dieses Schiff tatsächlich mit Ewigentechnik erbaut wurde, ließ das einige Schlussfolgerungen über die Unsichtbaren zu. Offenbar glichen sie in gewissem Sinne Parasiten, die keine eigene Technik entwickelten, sondern sich der der Ewigen bedienten. Waren Nicole und er deshalb bisher so selten auf sie gestoßen - weil sie mit dem weitgehenden Verschwinden der Ewigen aus der Welt auch ihre eigene Existenzgrundlage verloren hatten?
Er merkte, dass seine Gedanken zu weit führten. Im Moment galt es andere Probleme zu lösen.
»Ich muss in das Schiff. Du musst mich hineinträumen, Shado.«
Der Aborigine schüttelte den Kopf. »Du hast mich gerettet, und ich würde alles für dich tun, Mann mit dem Silberzeichen. Aber die Fremden verstehen die Traumzeit noch weniger als ihr Weißburschen. Ich habe versucht, Wolly in das Schiff zu träumen, aber es ist gescheitert. Die Magie dieser Wesen ist mir zu fremd.«
»Wolly ist ein Aborigine, vielleicht lag es daran. Ich kenne die Traumzeit nicht, deshalb wird der störende Einfluss nicht so groß sein.« Das war eine reine Vermutung, aber Zamorra war entschlossen, notfalls das eigene Leben aufs Spiel zu setzen, um Nicole zu retten.
»Die Gefahr ist zu groß. Was ist, wenn ich wieder in der Traumzeit zurückbleibe? Diesmal gibt es niemanden, der mich zurückholen kann.«
»Du sagtest selbst, dass Kanaula dir den entscheidenden Anstoss gegeben hat. Außerdem ist Wolly hier. Er kann dir helfen.«
Shado blickte ihn skeptisch an. Er schien zu durchschauen, dass Zamorra lediglich spekulierte. Aber kein Wort des Vorwurfs kam über seine Lippen.
»Ich bin es dir schuldig«, sagte er endlich, »also werde ich es versuchen.«
Zamorra atmete erleichtert auf.
»Aber wir müssen vorsichtig sein. Es ist nicht nur so, dass die Traumzeit durch die fremden Einflüsse gestört wird. Auch umgekehrt kann dieser Effekt eintreten. Selbst wenn du in das Schiff eindringen könntest. Du solltest unverwundbar sein. Aber niemand vermag zu sagen, was dich dort erwarten wird…«
»Ich bin bereit, das Risiko einzugehen.«
Shado nickte. »Dann lasst uns beginnen.«
***
Der Transport
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