0752 - Im Griff der Unsichtbaren
ernst. Sie schien nicht zu wissen, wo sie sich befand. Dabei hätte sie uns nur fragen müssen.«
Zamorra hatte einen ganz bestimmten Verdacht. So wie der Greis die Situation beschrieb, hatte Nicole die Aborigines gar nicht wahrgenommen -weder Shado und Wolly noch die restlichen Clan-Angehörigen in den Zelten.
Er vermutete, dass sie beeinflusst worden war. Sie hatte den Kristall bei sich gehabt, und vielleicht hatte sie ihn im Augenblick des Übergangs aktiviert. Schließlich ahnte sie nicht, dass sie es mit den Unsichtbaren zu tun hatte. Zamorra konnte sich nur zu gut daran erinnern, dass diese Wesen jede noch so winzige Zeitspanne nutzen konnten, um den Besitzer eines aktivierten Kristalls unter ihre Kontrolle zu zwingen.
»Wie ist sie verschwunden?«, fragte Zamorra Der Greis blickte ihn verständnislos an.
»Hat sie auf eine Bedrohung reagiert, bevor sie verschwand? Sind Fremde aufgetaucht, die sie mit sich nahmen?«
Der Alte schüttelte den Kopf. »Sie ist nur verschwunden - einfach so.«
Zamorra seufzte. Wieso hatte er nur das Gefühl, den Wald vor lauter Bäumen nicht zu sehen? Was hatten die Unsichtbaren mit Nicole angestellt? Sie musste ihnen wichtig sein, sonst hätten sie sie ebenso getötet wie den Mann von der Spurensicherung.
Sie ist Trägerin des Kristalls, aber keine Ewige. Das hat ihr Interesse geweckt.
Er hoffte, dass es so war, denn dann gab es eine Chance, dass sie am Leben war.
»Werden Sie uns helfen?«, fragte der Alte.
Zamorra atmete tief durch. Helfen? Wie sollte er helfen, wenn er selbst keine Ahnung hatte, was zu tun war? Aber er spürte, dass er es zumindest versuchen musste. Er war es Shado und Wolly schuldig. Und Nicole sowieso.
Er nickte. »Ich werde versuchen, sie aufzuwecken.«
***
Als Shado schon nicht mehr damit rechnete, empfing er einen Impuls - eine Reaktion.
Hatte Kanaula endlich den Weg zu ihm gefunden? Der Aborigine hielt nach dem Regenbogenmann Ausschau.
Kanaula - bist du hier?
Es kam keine Antwort.
Trotzdem spürte Shado, dass da etwas war. Jemand suchte den Kontakt zu ihm. Jemand außerhalb der Traumzeit.
Shado wehrte sich. Er wollte nicht zurück, er konnte nicht zurück. Es war seine Pflicht, bei Wolly zu bleiben. Außerdem wartete er auf Kanaula. Niemand hatte das Recht, ihn zurückzuholen. Die Anstrengungen der letzten Stunden hatten ihn müde werden lassen, und am liebsten hätte er sich hier, wo es kein Oben und Unten, kein Hinten und Vom gab, hingelegt und wäre eingeschlafen.
Du darfst… nicht schlafen… Geh zurück, Shado…
Shado war verwirrt. Kanaula?
Geh, Shado! Du musst die Traumzeit verlassen. Nutze die Möglichkeit, die jemand anderes dir bietet. Ich kann dir nicht helfen.
Wo bist du, Kanaula?
Geh!
Shado überlegte, ob er sich widersetzen wollte. Aber er musste Kanaula vertrauen. Wenn er sagte, dass diesmal alles anders war, musste er es glauben.
Du musst Wolly mitnehmen. Er kann dich nicht mehr erreichen.
Wolly? Dunkel erinnerte Shado sich, dass er ihn mit in die Traumzeit genommen hatte. Er hatte ihn fortträumen wollen - aber wohin?
Er tastete nach Wollys Geist, und tatsächlich war da etwas, das nur darauf gewartet hatte, dass er sich meldete.
Geht jetzt, sagte Kanaula. Seine Stimme drang leise, wie aus weiter Ferne zu ihm.
Shado nickte versonnen. Er spürte den Ruf, der aus der Realität zu ihm drang. Eine Magie, die der Traumzeit fremd war, suchte den Kontakt zu ihm.
Und Shado folgte dem Ruf.
***
Zamorra atmete auf, als Shado die Augen aufschlug.
Es hatte ihm einiges abverlangt, die Verbindung herzustellen, und vermutlich hatte er es nur den Kräften des Amuletts zu verdanken, dass es ihm gelungen war, Shado zurückzuholen.
»Ich danke dir, dass du gekommen bist«, sagte Shado. Jetzt, da er die Traumzeit verlassen hatte, merkte er, dass er kurz davor gewesen war, sich für immer von der Welt zurückzuziehen.
Zamorra warf einen Blick auf Wolly. Auch sein Geist war in den Körper zurückgekehrt. Wo auch immer sein Zweitkörper sich noch eben aufgehalten hatte, seine Reise durch die Traumzeit war beendet.
Der Greis dankte Zamorra überschwänglich, aber dem Meister des Übersinnlichen war nicht nach Feiern zumute. Noch hatte er keinen Hinweis, wo Nicole sich in diesem Augenblick befand. Jener Funken Hoffnung, nach dem sie Shado vielleicht durch eine Fehlsteuerung in die Traumzeit gefolgt war, war mit der Rückkehr des Aborigines erloschen.
»Ich verdanke dir mein Leben«, sagte Wolly. »Wenn du und das Silberzeichen
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