0757 - Das Monster-Spiel
gleichzeitig klar, dass der Spuk doch nicht als harmloses Etwas erschienen war. Der hatte hier schon seine Zeichen hinterlassen.
Und er hatte ausgerechnet Sir James erwischt.
Man hatte ihm die Waffe gelassen. Sir James hielt meine Beretta in der rechten Hand. Der Arm hing nach unten, als er über die Bühne zu seinem Ziel ging.
Der Kuttenträger hatte mit ihm gesprochen. Worum es bei diesem Flüstern gegangen war, wusste ich nicht. Allerdings bekam ich die Folgen mit.
Die folgenden Sekunden entwickelten sich für mich zu einem Horror ohnegleichen. Meine Nackenhaare stellten sich quer, ich kam mir plötzlich vor wie in einer anderen Welt, weil ich einfach nicht glauben wollte, was ich sah.
Und ich erkannte mit Schrecken, dass ich noch zu weit von der verdammten Bühne und damit vom Zentrum des Geschehens entfernt war.
Ich startete. Aber das Unheil konnte ich nicht aufhalten…
***
Sir James sah aus wie eine geschnitzte, sehr große Holzfigur, als er stehen blieb. Seine Augen waren kalt, und sie waren auch gleichzeitig leer, er wirkte ausgebrannt und trotzdem von einem wilden Feuer der Entschlossenheit durchtost.
Er hatte die Waffe! Und er sah die Reihe der bewegungslosen Hobby-Schauspieler vor sich. Er verfügte auch über die andere Macht, denn in seinem Körper, in seiner Seele steckte die Kraft des Spuks.
Ein anderes Leben. Das alte zählte nicht mehr.
Sir James hatte die Waffe angehoben. Er zielte noch immer auf das blasse Gesicht. Der Finger lag am Drücker.
In seiner Nähe stand Kooman und lachte leise, bevor erfragte:
»Traust du dich nicht?«
Sir James gab die Antwort auf seine Weise. Er schoss. Und er schaute zu, wie die Frau mit zerschmettertem Gesicht unter der Einschlagwucht der Kugel zusammenbrach.
In diesem Augenblick war der Superintendent Sir James Powell zu einem Mörder geworden…
***
Suko fuhr wie der Teufel!
Er hatte mit einem verkehrsarmen oder leeren London gerechnet, aber nicht bei diesem Wetter. Auch nach Mitternacht befanden sich noch genügend Menschen in ihren Autos unterwegs.
Glücklicherweise war Sukos Wagen mit einer Sirene und Blaulicht ausgestattet. Die musste er einsetzen, und man machte ihm tatsächlich Platz, sodass der BMW wie ein Phantom über die dunklen Asphaltstreifen hinwegjagen konnte.
Suko war voll konzentriert. Er gehörte zu den Autofahrern, die sich blitzschnell auf die verschiedenen Situationen einstellen konnten. Er war froh, als die Themse hinter ihm lag und er in Richtung Süden fuhr.
Suko gab Gas. Der diamantschwarze BMW 535i schien sich für einen Moment zu schütteln, dann jagte er los, als wollte er von der Straße abheben.
Es gab eine Straße, die an der Ostseite des großen Tennis-Areals vorbeiführte, die Wimbledon Park Side. Sehr breit gebaut, gut in Schuss, man musste den Gästen ja etwas bieten, und das nutzte Suko natürlich für seine Zwecke aus.
Er drehte noch mehr auf. Neben ihm lag auf dem Beifahrersitz der silberne Bumerang. Entstanden war er vor Jahren aus den letzten Seiten des Buchs der grausamen Träume, und Suko dachte daran, dass es John Sinclair gelungen war, mit dieser Waffe den Schwarzen Tod zu besiegen.
Himmel, wie lange lag das schon zurück!
Er fuhr weiter. Der Wagen huschte über die Straße. Lichter flitzten vorbei. Kleine Ortschaften ließ er einfach stehen, so jedenfalls kam es ihm vor. Die Umgebung veränderte ihr Gesicht. Sie wurde einsamer. Felder, Wälder und Wiesen huschten jetzt vorbei.
Suko hatte dafür keinen Blick. Er konzentrierte sich voll und ganz auf die Straße und auf seine Fahrerei. Bei dieser Geschwindigkeit konnte der kleinste Fehler tödlich sein, und noch immer hatte er Blaulicht und Sirene eingeschaltet.
Hin und wieder überholte er andere Fahrzeuge. Seine Gedanken beschäftigten sich mit der nahen Zukunft. Er stellte sich die letzte Strecke des Wegs vor und hoffte, das Hotel auf Anhieb zu finden.
Nur nicht lange herumsuchen, weil jede Sekunde in diesem Fall kostbarer als Gold war.
Er musste beinahe bis an das Ende des Areals, denn dort begannen die zahlreichen Golfplätze. Nicht weit entfernt befand sich ein kleiner See. Davon hatte John gesprochen. Und am südlichen Ufer lag das Hotel.
Suko verringerte das Tempo. Er suchte nach Abfahrten, schaltete auch Sirene und Blaulicht aus, die brauchte er jetzt nicht mehr.
Er bog nach links ab. Noch sehr schnell, denn die Reifen quietschten über den Asphalt. Irgendwo würde er auf ein Hinweisschild treffen, das ihm den genauen Weg zeigte.
Er
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