076 - Der magische Schrumpfkopf
entschlossen, sich Röder anzuvertrauen.
Auf einem Marmortischchen lag der Schrumpf kopf.
Röder sagte nicht ja’ und nicht‚ nein’ zu Lords Geschichte. Alles erschien ihm reichlich mysteriös. Aber im letzten Jahr waren in der Villa Lord und in der Umgebung des Fabrikanten so viele merkwürdige Dinge passiert, daß Röder langsam alles für möglich hielt.
„Was wollen Sie jetzt tun, Herr Lord?“ fragte er schließlich.
Der Fabrikant sah bleich und übernächtig aus. Tiefe Ringe lagen unter seinen Augen. Seine Hand, die die Brasil hielt, zitterte leicht. Er aß kaum noch, war erschreckend abgemagert. Nach wie vor trank er hauptsächlich Wodka. Nicht mehr in den rauhen Mengen wie in den ersten Monaten nach den Unglücksfällen, aber doch noch wesentlich mehr, als ihm guttat.
„Ich will einen Handel mit Ihnen abschließen, Herr Röder“, sagte der Fabrikant. „Seit dem Tod von Stella Jäger finde ich keine Ruhe mehr. Nachts erscheint sie mir im Traum und verflucht mich, denn sie starb in den fünf Minuten, in denen der Schrumpf köpf ihr gehörte. Sie ist der ewigen Verdammnis anheimgefallen und leidet schreckliche Qualen. Immer wieder hält sie mir vor, daß ich an ihrem Los schuld bin. Ich habe gräßliche Angst, gleichfalls zu sterben, solange ich Araquui noch besitze. Ich weiß, welche Qualen und Leiden Stella Jäger ausstehen muß. Ich kann es Ihnen nicht schildern, Herr Röder, es ist zu grausam.“
„Und nun fürchten Sie, das gleiche Schicksal zu erleiden, und wollen den Schrumpfkopf so schnell wie möglich loswerden, ja?“
„So ist es. Ich will nicht einem armen Teufel, der keine Ahnung hat, all das Unglück anhängen. Es muß einen Weg geben, den teuflischen Bann zu brechen, davon bin ich überzeugt. Aber ich habe nicht mehr den Mut und die Kraft, es zu versuchen. Herr Röder, Sie wissen, daß ich kein Mensch bin, der sich leicht mit anderen verbrüdert. Es fällt mir schwer, aus mir herauszugehen, und die letzten Monate waren nicht dazu angetan, das zu ändern. Sie wissen aber auch, daß ich Sie sehr schätze und daß wir immer ein sehr gutes Verhältnis hatten. Wenn ich Sie nun trotzdem bitte, den Schrumpfkopf zu übernehmen und sich den möglichen Folgen auszusetzen, dann sollen Sie dies nicht umsonst tun. Ich werde Sie reichlich entschädigen.“
Lord stand auf, ging im Raum hin und her. Röder wartete ab, was der Fabrikant ihm zu sagen hatte.
„Ich habe Ihnen in der letzten Stunde alles erzählt, was es zu erzählen gibt, Herr Röder. Sie sind gewarnt, und ich nehme an, daß Sie alles tun werden, das Teufelsding da aus der Welt zu schaffen. Kaufen Sie es mir ab, für einen symbolischen Kaufpreis, den Sie selber festsetzen können. Sie werden mein gleichberechtigter Teilhaber, wenn Sie es tun, Herr Röder. Sie können die Fabrik wieder eröffnen und die Leitung übernehmen. Ich selbst werde nicht mehr in Erscheinung treten. Die Firma ist immer noch ein paar Millionen wert. Ich bin überzeugt, daß sie unter Ihrer Leitung aufblüht. Sie können mich dann auf Rentenbasis allmählich auszahlen und das Unternehmen zu dem Ihren machen. Was halten Sie davon, Herr Röder?“
Der schwarzhaarige, gutaussehende Mann dachte nach. Es war eine große Chance, eine Chance, wie das Leben sie nur einmal bot. Frederik Lord war erledigt, aber Otmar Röder konnte die Firma sehr schnell wieder zu einem florierenden Unternehmen machen. Es war ein verlockendes Angebot.
„Nein, Herr Lord. Sie sind augenblicklich in einer verzweifelten Lage. Ob Ihre Annahmen über die übernatürlichen Fähigkeiten dieses Schrumpfkopfs richtig sind, kann und will ich nicht beurteilen. Wenn ich Ihr Angebot ablehne, geschieht es, weil ich Ihre Notlage nicht ausnutzen will.“
Lord war ein gewiegter Verhandlungstaktiker. Er dachte nicht daran, Röders‚ Nein’ als endgültig zu akzeptieren.
„Reden wir über die Sache“, sagte er. „Sie nutzen meine Notlage nicht aus, im Gegenteil, Sie tun mir einen großen Gefallen. Wenn Sie die Firma nicht übernehmen, muß ich sie früher oder später an die Fabayer-Maschinenbau KG verkaufen.“
Frederik Lord redete noch eine ganze Weile weiter. Er konnte überzeugen, konnte verkaufen. Und in diesem Fall ging es darum, Otmar Röder sein Unternehmen zu verkaufen.
Im Grunde genommen wollte Röder das Angebot annehmen. Es galt eigentlich nur, ihm die Sache in der richtigen Weise nahezubringen. Nach einer weiteren halben Stunde endlich hatte der Fabrikant Röder überzeugt. Der
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