076 - Der magische Schrumpfkopf
junge Mann stimmte zu, Lords Teilhaber zu werden und ihm den Schrumpfkopf abzukaufen.
Als Preis wurden tausend Mark vereinbart, da Röder auf der einen Seite den Schrumpfkopf, der einen hohen Sammlerwert hatte, nicht für ein Butterbrot kaufen, auf der anderen aber keine horrende Summe für einen Gegenstand ausgeben wollte, der ihm nicht gefiel und mit dem er auch nichts anfangen konnte.
Skeptisch betrachtete Röder den Schrumpfkopf. Nachdem er Lord einen Scheck über tausend Mark ausgestellt hatte, war er nun der Besitzer.
„Das Ding soll Zauberkräfte haben?“ meinte Röder. „Ich weiß nicht recht.“
„Ich hoffe, Sie finden einen Weg, den bösen Fetisch zu vernichten“, sagte Lord. „Wenn es gar nicht geht, dann sehen Sie zu, daß Sie sich nur ganz kleine und unverfängliche Dinge wünschen und den Schrumpfkopf so schnell wie möglich wieder loswerden.“
„Ich verstehe nicht, wie so ein Ding Unheil stiften soll.“
„Genau verstehe ich das auch nicht“, sagte Lord. „Der Schrumpfkopf muß irgendwie mit einer dämonischen Kraft zusammenhängen oder selbst ein Dämon sein. Vielleicht finden Sie es eines Tages heraus, Herr Röder. Jedenfalls hat Araquui übernatürliche Fähigkeiten. Er kennt wahrscheinlich die Zukunft und weiß Dinge, die an weit entfernten Orten geschehen. So kann er eingreifen und für so unglückselige Verkettungen sorgen wie beim Tod von Stella Jäger. Araquui wußte, daß der Lastwagen kam. Er trieb Stella Jäger hinaus in den sicheren Tod. Bei dem Zugunglück muß es genauso gewesen sein.“
„Nun, ich denke, ich werde damit fertig werden, Herr Lord. Aber was gedenken Sie jetzt zu tun?“
Lord atmete tief auf. Er wirkte gelöst, fast heiter, wie von einer schweren Last befreit.
„Zunächst machen wir einen Vertrag beim Notar und legen die Teilung der Firma und die Bedingungen schriftlich fest. Von dem Schrumpfkopf wird selbstverständlich kein Wort erwähnt. Dann verkaufe ich einen Teil der Grundstücke, die mir hier im Dorf und anderswo gehören, und gehe weit weg. Zunächst werde ich Urlaub machen, damit ich mich erhole und auf andere Gedanken komme. In diesem Haus hier werde ich noch wahnsinnig. Ich will zunächst einige Wochen oder Monate an der Riviera verbringen. Was ich später tue, weiß ich noch nicht. In die Belange der Firma werde ich mich aber auf keinen Fall einmischen.“
„Sie haben recht. Das ist das Beste, was Sie tun können. Sie haben Ihr Leben lang schwer geschuftet, sind kein armer Mann. Genießen Sie Ihr Leben, vergraben Sie sich nicht hier. Leisten können Sie es sich. Wenn Sie unbedingt eine Tätigkeit brauchen, können Sie sich später wieder eine suchen.“
In Gedanken war Lord bereits weit weg.
„Vielleicht kaufe ich mir einen Besitz am Luganer See oder sonstwo, wo es mir gefällt. Eine Unterhaltung zu finden, fällt mir nicht schwer. In früheren Jahren habe ich gern gemalt, recht gut sogar. Später hatte ich keine Zeit mehr dafür. Diesem Hobby kann ich mich jetzt in aller Ruhe widmen.“
Frederik Lord rief gleich Dr. Wolff an, den Notar. Dr. Wolff sagte alle Termine für den Nachmittag ab und widmete sich Lord und Röder. Der Vertrag wurde noch am gleichen Nachmittag unterzeichnet. Lord hatte einen Makler verständigt, der den Verkauf seiner Grundstücke übernehmen sollte. Auch das würde in sehr kurzer Zeit erledigt sein.
Lord reiste schon am nächsten Tag ab. Den Erlös aus dem Grundstücksverkauf wollte Röder ihm auf eine Bank in Nizza überweisen.
Otmar Röder und Dr. Gaby Thomas verabschiedeten sich am nächsten Morgen in aller Frühe von Frederik Lord. Es war bitter kalt. In der Nacht war viel Schnee gefallen. Weiß und verschneit waren Häuser, Bäume, Straßen und Felder.
Frederik Lord nahm ohne jede Sentimentalität von dem Ort Abschied, in dem er sechsundzwanzig Jahre gelebt hatte, und von seinem Lebenswerk, der Fabrik. Er schüttelte Otmar Röder und der Ärztin kurz die Hand, sagte: „Leben Sie wohl, alle beide, und alles Gute für die Zukunft. Wir werden sicher gelegentlich voneinander hören.“
Lord stieg in seinen Mercedes und brauste davon.
Otmar Röder blieb zurück als Besitzer von fünfzig Prozent des Unternehmens, das einen neuen Namen erhalten sollte, und als Besitzer des Schrumpfkopfs. Frederik Lord hoffte, die Vergangenheit und Araquui endgültig hinter sich gelassen zu haben. Ganz sicher war er nicht, denn Cazador hatte ihm von einem früheren Besitzer Araquuis erzählt, der sterben
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