076 - Der magische Schrumpfkopf
bekannten Industriellen war sie ins‚ Milieu’ abgerutscht, wo sie als Bardame und auch auf andere Arten ihren Lebensunterhalt verdiente. Die Abfindungssumme, die sie seinerzeit bei der Scheidung erhalten hatte, war längst aufgebraucht.
Ein Mann wie Frederik Lord, haltlos, immer noch reich, war genau das, worauf Stella Jäger gewartet hatte. Am zweiten Abend ihrer neuen Bekanntschaft begleitete Frederik Lord Stella Jäger in ihre Wohnung.
Es war ein hübsch und gemütlich eingerichtetes Apartment mit flauschigem Teppichboden, modernen Möbeln und dunklen Stofftapeten. An den Wänden hingen Posters und Drucke moderner Kunstwerke.
Stella öffnete die Hausbar, schenkte Lord zunächst einen Wodka ein. Der Fabrikant hatte schon einiges getrunken. Stella schaltete die Stereoanlage ein und setzte sich zu Lord auf die Liege.
Lord griff nach ihr, zog sie an sich. Stella kam ihm mit einer Heißblütigkeit entgegen, die etwas Professionelles hatte. Nach einer Weile führte sie Lord ins Schlafzimmer.
Als sie dann nackt nebeneinander auf dem breiten französischen Bett lagen und Stella eine Zigarette rauchte, brachte sie das Gespräch auf Lords Situation. Er hatte ihr erzählt, daß seine Frau tot sei und seine Firma vorübergehend geschlossen. Von der Brandstiftung seines Sohnes und davon, daß dieser in einer Irrenanstalt war, hatte Lord nichts gesagt. Aber das hatte Stella damals in der Zeitung gelesen, wo es genügend ausgeschlachtet worden war.
„Da lebst du also ganz allein in deiner Villa und keiner kümmert sich um dich“, sagte Stella mit ihrer rauchigen Stimme. „Du mußt dich doch sehr einsam vorkommen.“
„Ich kann ja wegfahren, wenn ich Gesellschaft will. Auf die Leute im Dorf lege ich ohnehin keinen Wert.“
Stella spielte mit Lords Haaren, die in den letzten Monaten völlig grau geworden waren.
„Was hältst du davon, wenn ich dich für ein paar Tage besuche?“ fragte sie. „Ich wollte ohnehin eine Zeitlang ausspannen und frische Luft schnappen.“
Lord überlegte. Die Einsamkeit in der Villa bedrückte ihn. Zudem plagten ihn Alpträume und die Angst vor Araquui. Deshalb sagte er entschlossen zu und lud Stella für ein paar Tage ein, sein Gast zu sein.
Sie küßte ihn leidenschaftlich.
„Oh, Frederik, du bist ein Schatz.“
Lord spürte den weichen Druck ihrer Brüste, die Wärme ihres Körpers. Stellas Hände glitten über seinen Körper, streichelten und erregten ihn. Lord warf die Frau auf den Rücken, nahm sie ungestüm. Und Stella spielte ihm eine Leidenschaft vor, die sie nicht empfand, nur um ihn für sich zu gewinnen.
Lord blieb den Tag über in Stellas Wohnung. Er hatte niemanden, der auf ihn wartete. Stella regelte alles, was es zu regeln gab, und am Abend fuhren sie in das Dorf, wo Lords Villa stand.
Die Fabrikgebäude, der Bürobau und das Wohnhaus lagen im Dunkeln, Lord mußte selber aussteigen und das Tor öffnen. Das Pförtnerhäuschen war leer. Wie immer in der letzten Zeit fühlte Lord sich tief deprimiert und niedergeschlagen, wenn er seine stillgelegte Firma sah, in sein leeres Haus zurückkehrte.
Er fuhr den Mercedes in die Garage, führte Stella Jäger ins Haus. Sie nahmen erst ein paar Drinks an der Hausbar und zogen sich dann in Lords Schlafzimmer zurück. Irgendwann gegen Mitternacht schliefen sie ein.
Drei Stunden später rüttelte Stella Lord wach. Er war schweißgebadet, bleich im Gesicht. Sein Blick flackerte. Seine Hände zitterten. Wie irr starrte er Stella an.
„Was hast du?“ fragte sie. „Du hast im Schlaf gestöhnt und geächzt, daß ich Angst bekommen habe. Du hast Dinge gesagt, aus denen ich nicht klug werde.“
Das Licht der Nachttischlampe beleuchtete Stella Jägers üppige Brüste. Lord hatte keinen Blick dafür.
„Was habe ich gesagt?“ fragte er.
„Nun, von einem Fluch und einem Verhängnis hast du gesprochen. Von einem Schrumpfkopf, der dich ins Unglück gestürzt hat. Und geschrien hast du: Araquui! Araquui! Sei verflucht, Araquui!“
Stella Jäger vermutete ein Geheimnis, das sie ergründen wollte, einerseits aus Neugierde, andererseits weil das Wissen von Vorteil für sie sein konnte.
Sie strich Frederik Lord sanft über das Haar.
„Sag mir, was dich quält“, sagte sie. „Mir kannst du alles anvertrauen. Wer ist dieser Araquui und was hat es mit dem Schrumpfkopf auf sich, der dir Unglück gebracht hat?“
Frederik Lord konnte die Geschichte nicht länger für sich behalten. Er mußte reden. Er brauchte
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