076 - Der magische Schrumpfkopf
einer Geste oder einem Lächeln alles mögliche schließen konnten, aber zu denen gehörte er leider nicht. Er mußte Geduld haben, so schwer ihm dies auch fiel.
Während Röder zur Firma zurückfuhr, dachte er ununterbrochen an Barbara. Susanne Eider hatte er seit dem Fasching nur einmal wiedergesehen. Susanne war Stewardeß und nur unregelmäßig zu Hause.
An den Schrumpfkopf dachte Otmar Röder kaum. Er nahm den Gewinn des Lamborghini, den er sich gewünscht hatte, als einen Zufall, als eine Fügung des Schicksals. Als nach der glücklichen Nachricht drei Tage vergangen waren, ohne daß etwas geschehen war, hatte Röder sich keinerlei Sorgen mehr gemacht.
Er wußte nicht, daß Araquui die Zeit für sich arbeiten ließ, um sein Opfer um so sicherer zu vernichten.
Geld! Alles drehte sich um Geld. In der Firma erhielt Röder einen Sichtwechsel, den Frederik Lord in seiner schlimmsten und haltlosesten Zeit im Zustand der Trunkenheit einem Lieferanten ausgestellt hatte. Jetzt war der Mann selber in Schwierigkeiten und wollte sein Geld.
Es war eine Viertelmillion Mark, an sich kein weltbewegender Betrag für eine Firma von der Größenordnung des Unternehmens Röder & Co. Doch gerade zu diesem Zeitpunkt traf die Bargeldforderung, da sie ohne jede Vorbereitung kam, Otmar Röder hart.
Während er noch überlegte, wie er das Geld auftreiben sollte, kam sein Bruder Bernd in sein Büro. Bernd war fünfunddreißig, sechs Jahre älter als Otmar.
„Ich bin ganz schrecklich in der Klemme“, sagte er, als er hereinkam. „Ich brauche dringend Geld!“
Bernd Röder war schon seit jeher immer irgendwie in der Klemme gewesen. Meistens drehte es sich dabei um Finanzielles.
„Wieviel?“ fragte Otmar Röder.
„Fünfzigtausend Mark bis morgen“, sagte Bernd.
Otmar pfiff durch die Zähne, denn mit so einem hohen Betrag und so kurzfristig war Bernd bisher noch nie angekommen.
„Wie hast du das denn geschafft?“ fragte er.
Bernd sah sich nervös um. „Mußt du das denn wissen?“ „Wenn ich dir fünfzigtausend Mark beschaffen soll, möchte ich schon wissen wofür.“
„Also gut. Ich habe LSD gekauft.“
„Du hast – was?“
„LSD gekauft. Sieh mich nicht so an. Ich brauchte Geld, nicht viel, nur ein paar tausend Mark. Da sah ich mich eben nach einer Sache um, die Geld bringen konnte. Ich kenne einen Chemiker, der LSD herstellt. Löschblättchen, die in die Lösung getaucht werden, klar? Ich sprach mit ein paar Leuten aus der Branche, die Stoff brauchen. Sie gaben mir die fünfzigtausend. Ich fuhr zu dem Chemiker und kaufte für das Geld LSD-Trips.“
„Weiter.“
„Nichts weiter. Als ich die Dinger ablieferte, stellte sich heraus, daß der Schuft von Chemiker mich betrogen hatte. Die verdammten Blättchen waren nur in Zuckerlösung getaucht, von ein paar echten abgesehen, die er mir als Köder gezeigt hatte. Meine Kunden haben mir drei Tage Frist gegeben, um die fünfzigtausend Mark zurückzuerstatten. Ich fuhr natürlich gleich wieder zu dem Chemiker. Aber der Kerl war weg.“
Otmar Röder nickte.
„Bernd“, sagte er. „Du lernst es nie. Wie oft habe ich dir schon gesagt, mach keine krummen Sachen. Du hast ganz einfach kein Talent dafür. Du hast Pech, wie du es auch anfängst. Zum Schluß fällst du doch immer auf die Nase. Ich wette, wenn du am Bahnhof eine Zeitung klaust, ist sie von gestern.“
„Du wirst mir doch helfen, Otmar?“
„Eigentlich sollte ich dich die Suppe allein auslöffeln lassen, die du dir eingebrockt hast.“
„Mach keine Witze, Otmar. Die bringen mich um. Das sind eiskalte Burschen. Sieh mal, ich will dir das Geld ja zurückgeben. Sicher gebe ich es dir zurück.“
„Wie die dreitausend vor zwei Jahren und die fünftausend für den Wagen, den du zu Schrott gefahren hast.“
„Dieses Geld kriegst du auch wieder, Otmar, ich schwöre es dir.“
„Schwöre nicht. Halt den Mund und laß mich nachdenken.“
Bernd Röder fürchtete tatsächlich für sein Leben, das sah Otmar deutlich. Bernd Röder war auch ganz der Mann, in so eine dumme Geschichte hineinzugeraten. Bernds Fehler war, daß er unheilbar clever war. Er hatte eine Nase für Supergeschäfte, fiel aber dabei regelmäßig auf irgendwelche Betrüger herein.
Otmar Röder wußte, daß er dringend Bargeld brauchte. Für die Firma und für seinen Bruder. Vielleicht gab es einen Weg. Den Lamborghini hatte Röder schließlich auch bekommen, und nichts war passiert.
Was schadete also ein weiterer
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