0764 - Schrei, wenn dich der Teufel holt
Pass.«
Sir Nashti hob überrascht die Augenbrauen.
»Einen falschen Pass? Für wen?«
»Für mich natürlich!«, blaffte Asha genervt. »Oder dachtest du, für Robbie Williams?«
Sir Nashti war clever. Er witterte sofort, dass hier etwas faul war. Sein schwammiges Gesicht verzog sich zu einem höhnischen Grinsen.
»Devi-Madam braucht also zehntausend Dollar und einen falschen Pass… Wie wäre es, wenn ich Ihre Kollegen anrufe? Ich bin sicher, dass der Police Commissioner von New Delhi Ihren Wunsch sehr interessant findet… Wie wäre es, wenn ich das tun würde?«
Asha Devi griff über den Schreibtisch und zog Sir Nashti an der Krawatte zu sich heran. Der Kulturstrick zog sich zusammen. Der Gangsterboss musste würgen. Asha sprach erst, als zwischen ihren Nasen höchstens noch ein Zentimeter leerer Luftraum war.
»Und wie wäre es, wenn ich deine Fresse poliere? Ich will das Geld natürlich nur leihweise. Oder glaubst du, ich lasse mich von einer Kröte wie dir bestechen? Auf jeden Fall muss ich noch heute aus Indien verschwinden. Also gib dir gefälligst Mühe!«
Sie ließ ihn abrupt los. Sir Nashti fiel in seinen Bürosessel zurück.
»Wieso sollte ich Ihnen helfen, Devi-Madam?«; ächzte er.
»Weil du mich dann los bist«, erklärte Asha schlicht. »Solange ich noch in Indien bin, musst du immer damit rechnen, dass ich noch mal bei der Abteilung für Organisiertes Verbrechen einspringe. Und wenn ich das tue, bei Brahma und Vishnu, dann nehme ich dein Imperium richtig auseinander!«
Sir Nashti überlegte fieberhaft. Diese Asha Devi war ziemlich durchgeknallt. Schlimmer noch, sie hatte keine Angst vor ihm und seinen Schergen. Nicht die Bohne. Natürlich hätte er sie beseitigen lassen können. Aber Sir Nashti wusste auch, dass Asha Devi die Tochter von Ramesh Devi war. Dem mächtigsten Mann Indiens.
Der Gangsterboss war kein Selbstmörder. Wenn er Ramesh Devis Tochter auch nur ein Haar krümmen ließ, konnte er sich auf ein grässliches Ende gefasst machen. Der Politiker war bekannt dafür, dass er über Leichen ging.
Warum pumpte Asha Devi nicht ihren steinreichen Vater an?
Aber ein Blick in ihr Gesicht hielt Sir Nashti davon ab, ihr diese Frage zu stellen. Stattdessen zog er eine Schreibtischschublade auf.
»Wenn du eine Wumme da drin hast, wirst du noch den Tag verfluchen, an dem du geboren worden bist!«
Doch der Gangsterboss holte keine Waffe heraus, sondern einige dicke Bündel mit amerikanischen Dollars. Er zählte für Asha Devi zehntausend Greenbucks auf die Schreibtischplatte.
»Warum nicht gleich so? Brauchst du eine Quittung?«
»Soll das ein Witz sein?«, fauchte Sir Nashti zurück. Aber Asha Devi sah nicht so aus, als ob sie zu Scherzen aufgelegt wäre. Der Gangsterboss griff zum Telefon.
»Wen rufst du an?«
»Den Passfälscher natürlich. Sie haben es doch selbst so dringend gemacht!«
»Verdammt richtig! Ich habe meine Zeit nicht gestohlen! Irgendwo auf dieser Welt läuft ein dämonischer Killer frei herum, und ich muss ihn…«
»Wie bitte?«
»Ruf endlich deinen Passfritzen an!«, zischte Asha. »Oder brauchst du eine Sondereinladung?«
Der Fälscher, ein blässliches Männchen, kam innerhalb der nächsten Stunde in Sir Nashtis Privatbüro geschlurft. Der Gangsterboss hatte inzwischen Tee servieren lassen. Asha Devi saß lässig in einer Ecke, die langen Beine übereinander geschlagen. Sie schlürfte heißen Darjeeling und tat so, als ob sie das Ganze überhaupt nichts anginge.
Doch ihre Gedanken schlugen Purzelbäume.
Für die Inspektorin stand fest, dass sie Opfer und Mittelpunkt einer dämonischen Intrige war. Nur mit schwarzmagischen Kräften konnte das, was Ungeschehen war, erklärt werden.
Sicher, jeder normale Einbrecher konnte die beiden Tatwaffen in ihrer Wohnung verstecken. Doch damit ihre Fingerabdrücke auf den Griffschalen landeten, musste schon Magie eingesetzt werden. Gleiches galt für ihren Reisepass. Asha Devi bewahrte das Personaldokument in ihrem Banksafe auf. Wie hatte das britische Einreisevisum für den Tattag in ihren Pass kommen können?
Nur durch Zauberei natürlich!
Der Fälscher hatte ein Automaten-Passfoto von Asha Devi mit in seine Werkstatt genommen. Nun kehrte er zurück und hielt ihr den neuen Reisepass hin. Die Inspektorin steckte ihn ein, ohne einen Blick darauf zu werfen.
»Wollen Sie nicht checken, ob alles damit in Ordnung ist?«, fragte Sir Nashti.
»Ihr würdet es nicht wagen, mich zu enttäuschen. Die zehntausend Dollar
Weitere Kostenlose Bücher