0770 - Sie suchen Menschen
Möglichkeit, ihn über SENECAs Verrat zu unterrichten. Doch je länger ich darüber nachdachte, desto mehr kam ich zu der Überzeugung, daß der Rechenverbund möglicherweise gar keinen Verrat begangen hatte.
Während ich noch mitten in diesen Überlegungen war, erhielt ich Besuch. Ich staunte nicht schlecht, als einer der beiden Roboter SENECAs in meinem Gefängnis erschien. „Julia?" fragte ich den zweieinhalb Meter großen Roboter, der verspielt mit seinen Lämpchen blinkte und mit den Sehlinsen zwinkerte. „Nein, ich bin Romeo", sagte SENECAs Trabant mit blecherner Stimme. „Da mir Ihr Ruf als Schürzenjäger bekannt ist, hielt ich es für zu riskant, meine Gefährtin mit Ihnen allein zu lassen."
„Sehr witzig", entgegnete ich eingeschnappt. „Aber laß dir gesagt sein, mein lieber Romeo, daß ich keine blecherne Schürzen jage. Hat dich Joscan geschickt?"
„Nein, ich komme aus eigenem Antrieb."
„Aha, also in SENECAs Auftrag. Und der Grund?"
„SENECA hat darauf gewartet, daß Sie sich mit Perry Rhodan in Verbindung setzen und ihn über gewisse Verhaltensweisen informieren. Da Sie das nicht taten, kam SENECA zu der Meinung, daß Sie entweder völlig ahnungslos sind oder einen sehr weisen Entschluß getroffen haben."
„Und zu welcher Meinung tendiert SENECA eher?"
„Würden Sie die Zusammenhänge nicht zumindest ahnen, dann hätten Sie mit annähernd hundertprozentiger Wahrscheinlichkeit mit Perry Rhodan oder einem seiner Vertrauten Kontakt aufgenommen. Sie taten es nicht. Das deutet auf hohe Intelligenz und großes Verantwortungsbewußtsein hin. SENECA will sich jedoch Gewißheit verschaffen. Deshalb hat er mich geschickt. Würden Sie mir den Gefallen tun und mir sagen, wie Sie die Situation beurteilen?"
Ich muß gestehen, daß mir der Kamm schwoll, weil mir SENECA solche Aufmerksamkeit schenkte. Gleichzeitig wuchs meine Achtung vor dem Riesenrechner, weil er solch bewundernswertes Einfühlungsvermögen in die menschliche Psyche bewies. Aber das hatte sich eigentlich noch viel deutlicher gezeigt, als er eine fast beängstigende Initiative entwickelte und schlichtend in die Auseinandersetzung zwischen Solgeborenen und Terranern eingriff.
Ich überlegte mir meine Worte gut, bevor ich sagte: „SENECA hat die beiden Parteien gegeneinander ausgespielt, um allen Beteiligten zu helfen. Zufrieden?"
„Ich sehe, Sie haben die Situation erfaßt."
„Ich hoffe nur, SENECAs Plan geht auf."
„SENECA hat von unzähligen Möglichkeiten jene mit dem geringsten Risiko gewählt. Die Erfolgschancen stehen gut. Ich brauche aber wohl nicht extra zu erwähnen, daß sie zu einem großen Teil von Ihrer Verschwiegenheit abhängen. Bevor ich gehe, möchte ich mich noch erkundigen, ob ich etwas für Sie tun kann."
„Ja, schick mir Julia."
„Ho, ho", lachte SENECAs Ableger pflichtschuldig. „Das werde ich tunlichst lassen. Aber ich habe Ihnen einen vollwertigen Ersatz mitgebracht."
Ich Hornochse dachte einige Sekunden lang tatsächlich, er hätte mir eine vollbusige Rothaarige verschafft. Aber statt dessen ergossen sich meine Posbis und Willys in den Raum. „Galto, du Ärmster!"
„Wie hast du diese Ewigkeit ohne uns überstanden?"
„Lebst du noch?"
„Was sollen wir dir amputieren? Welche Prothesen sollen wir beschaffen?"
„Komm, laß dich untersuchen. Dein Aussehen gibt zu größter Besorgnis Anlaß ..."
Ich überließ mich lachend meinen besorgten Säuglingsschwestern und Quacksalbern. In diesem Augenblick hätte ich sie nicht einmal gegen einen ganzen Harem eingetauscht. Und ich fragte mich, wie ich es so furchtbar lange ohne sie hatte aushalten können.
*
Einen Tag später wurde unser Idyll jäh gestört. Das heißt, gegen Ende dieser Zeitspanne empfand ich die Anwesenheit meiner Beschützer längst nicht mehr als Labsal. Ja, ich war sogar soweit, meine Quälgeister gegen die nächstbeste Frau einzutauschen ... Aber diesen Gedanken behielt ich für mich.
Jedenfalls war ich froh, als Joscan Hellmut in mein Gefängnis kam. „Du bist frei", sagte er. „Du kannst die SOL verlassen."
Das brachte mich in die Realität zurück. „Hat Rhodan ernst gemacht?" fragte ich.
Joscan rang sich ein säuerliches Lächeln ab. „Bis auf einen Leichten Kreuzer haben alle Beiboote die SOL verlassen. Und der wartet nur auf dich."
„Also doch kein Bluff."
„Rhodan will die Sache auf die Spitze treiben. Uns macht es nichts aus, wir spielen mit."
„Begleitest du mich?" fragte ich Joscan.
Er nickte
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