0773 - Die Macht der Templer
die Armlehnen, an die meine Hände gefesselt waren.
Rose nickte.
Der Dolch befand sich nicht mehr in meinem Besitz. Man hatte ihn mir abgenommen. Er lag auf der Platte des Richtertischs, und er war die einzige Waffe, die in diesem Moment half. Damit konnte sie die Stricke durchtrennen.
Sie holte ihn. Immer wieder schaute sie sich dabei um. Die Beretta legte sie dabei auf meinen Schoß. Rose vermied es, dorthin zu schauen, wo der mit Geschwüren überdeckte Zombie lag und verging. Sie war nervös, den Druck konnte sie kaum ertragen, und ich befürchtete, dass die Klinge das eine oder andere Mal abrutschte und in mein Fleisch drang. Das wäre natürlich fatal gewesen.
»Ruhe!«, krächzte ich. »Sei ruhig, Rose! Du hast Zeit. Wir packen das schon, denn du bist super.« Ich musste ihr Mut machen, sie durfte nicht zusammenbrechen, denn nun kam es darauf an, alles richtig zu machen. Der kleinste Fehler konnte noch immer tödlich werden. Aber das wollte ich auf keinen Fall.
Sie sprach zu sich selbst. Vielleicht redete sie auch mich an, so genau wusste ich das nicht. Jedenfalls hörte sie nicht auf, an den Stricken zu säbeln, ich merkte, wie sich die Fesselung lockerte, und half mit Gegendruck.
»Es passt!«, sagte ich.
Sie schnitt weiter. Dabei bewegte sie ihren Kopf, um in die verschiedenen Richtungen zu schauen. Noch immer lauerten zwei dieser widerlichen Wesen, die sich zum Glück nicht näher herantrauten.
»Wir haben Zeit, Rose!«, flüsterte ich entgegen meiner Überzeugung. »Wir haben viel Zeit…«
»Okay, okay…«
Ich half durch den Gegendruck mit. Mein Gesicht zeigte ebenfalls eine irrsinnige Spannung. Der Hals brannte noch immer, aber ich machte weiter.
Dann war es geschafft!
Mit einem – so glaubte ich – singenden Geräusch riss der Strick.
Ich hob den Arm an. Ein hartes Lachen drang aus meinem Mund.
Ich sah auch den Glanz in Roses Augen, die Erleichterung, doch noch waren wir nicht aus dem Schneider.
Es ging weiter.
Sie wollte mir die Stricke am linken Arm aufschneiden, aber das konnte ich selbst. Meine Hände waren zum Glück noch nicht taub geworden.
»Was soll ich denn tun?«
Ich strich Rose mit der freien Hand über den Kopf. »Nimm die Beretta und pass auf, dass sie dich nicht erwischen. Ich erledige den Rest. Was vorhin geschehen ist, passiert uns nicht noch mal.«
Rose blickte mir ins Gesicht. Sie zuckte zusammen. In ihren Augen sah ich den Glanz. War es Hoffnung?
Sie lächelte plötzlich. Ihre Wangen zuckten im Verein mit den Lippen. Dann nickte sie.
»Nicht weinen, Rose, nicht weinen! Dafür haben wir später noch genügend Zeit!«
»Ja, John, ja.«
Sie hatte bisher gekniet. Mühsam kam sie in die Höhe. Das Licht der Kerze flackerte. Es erfüllte unsere Umgebung mit Helligkeit. Die Schatten waren wie tanzende Muster, die alles um uns gespenstisch aussehen ließen.
Rose ging zurück. Die Beretta umfasste sie mit beiden Händen.
Dabei wies die Mündung schräg nach unten. Ihre Schritte waren zitternd. Unter den Füßen knirschte der Dreck. Sie verschwand im Dunkel wie ein Gespenst.
Ich säbelte an den Stricken meiner linken Hand und benötigte einige Zeit, um sie zu zerschneiden.
Ich gönnte mir einen Augenblick der Erholung, bevor ich meine Beine anzog und damit begann, die Fußfesseln zu zerschneiden. Das ging schneller. Den Jubelschrei unterdrückte ich, als ich endlich frei war und mich mühsam vom Stuhl erhob. Zitternd blieb ich stehen.
Etwas dröhnte in meinem Kopf, als wäre ich geschlagen worden. Ich war verdammt aufgeputscht, aber ich wusste sehr gut, dass der Kampf weiterging. Keine Pause, hart am Ball bleiben, und als ich endlich nach vorn ging, da hörte ich Rose Cargills leisen Jubelruf.
Sie erwartete mich.
Ich wusste, was ich zu tun hatte.
Sie kam mir entgegen. Unglaube breitete sich auf ihrem Gesicht aus. Noch immer konnte sie es nicht fassen, dass wir dem Grauen entkommen waren. Das hätten nicht viele geschafft.
»John…«
Ich nahm sie in die Arme. Diese Zeit mussten wir uns lassen. Die Sekunden der körperlichen Nähe taten ihr gut, und ich wusste auch schon, wie es weitergehen würde.
»Ganz ruhig, Rose, wir haben es geschafft.« Ich stemmte sie zurück. Erst jetzt sah ich, dass sie weinte. Wahrscheinlich aus Freude, dass wir noch lebten.
Beim Kampf hatte sie mein Kreuz zu Boden fallen lassen. Es lag neben dem vernichteten Zombie. Ich bückte mich und hob es auf.
Dabei vollführte ich noch immer Atemübungen, denn mein Hals war trocken und
Weitere Kostenlose Bücher