0775 - Die Herren von Sh'donth
die Anspannung des Verhörs nachließ, überfiel mich die Müdigkeit.
Ich sah noch, wie Hommersolth aufstand, dann versank ich in wohltuendem Dunkel.
*
Kleenz wimmerte leise vor sich hin.
Schmerzen hatte er nicht, aber der Willy fühlte sich einsam und verlassen. Als er wieder zu sich gekommen war, hatte er sich in einer kahlen Zelle wiedergefunden, die von einer Lampe erleuchtet wurde. Mehr als diese Lampe und die kahlen Wände hatte Kleenz nicht erkennen können, so viele Stielaugen er auch ausgefahren hatte. Die Tür, die sein Gefängnis verschloß, bestand aus massivem Stahl. Kleenz hatte das Metall mit seinen Pseudoarmen sorgfältig abgetastet.
„Ich muß Galto finden und ihm helfen", quiekte Kleenz.
Der Gedanke an Galto nahm ihm etwas von der Angst um seine eigene Sicherheit. Die Matten-Willys waren von Natur aus keine Helden, und Kleenz war selbst für einen Willy erstaunlich ängstlich. Aber er war immerhin noch besonnen genug, sich zu sagen, daß er seine Lage kaum mehr verschlechtern konnte.
Obendrein drängte ihn sein ausgeprägtes Bedürfnis, Posbis und speziell Galto zu bemuttern, danach, etwas zu unternehmen.
Nachdenklich floß Kleenz an den Wänden entlang, auch die Ecke des Raumes wurde untersucht. Nirgendwo fand sich ein Loch, durch das er hätte entkommen können. Kleenz war nahe daran zu verzweifeln, als ihm eine Lösung für sein Problem einfiel.
Er zog sich in die Länge, soweit seine Zelle dies zuließ, dann begann er sich zu drehen. Ein Beobachter hätte an dem sich wie rasend um seine Längsachse drehenden Willy ein merkwürdiges Glitzern bemerken können, und wenig später hätte er auch gewußt, was dieses Glitzern zu bedeuten hatte. Willys verfügten über zahlreiche kleine Füße aus einem diamantharten Material.
Sie benutzten es normalerweise, um sich in den Boden einzugraben, wenn ihnen irgendeine Gefahr drohte. Diesmal setzte Kleenz dieses Mittel zu seiner Befreiung ein.
Feiner Gesteinsstaub wallte auf und setzte sich langsam auf dem Boden ab, als sich Kleenz durch die Wand neben der Zelle bohrte. Das Kreischen, das beim Schleifen der Diamantfüße auf dem Gestein erklang, wurde nur noch übertroffen vom Schreien des Willys, der seiner Angst auf diese Weise Luft machte.
Kleenz brauchte nur wenige Sekunden, dann ließ der Widerstand an seiner Bohrspitze rapide nach. Kleenz stoppte die Bewegung und bildete ein Stielauge, das er vorsichtig durch das von ihm gebohrte Loch führte. Zu seinem Glück hielt sich niemand im Gang auf, der sich über das Auge wundern konnte, das plötzlich aus der Wand hervorquoll und langsam hin und her pendelte. Wenig später erschien ein zweites Auge, verknotete sich kurz mit dem ersten und glitt dann wieder zurück.
Kleenz quietschte vergnügt, als er sich rasch durch die kleine Öffnung schob. Der Gang war verlassen. Fürs erste war Kleenz frei.
„Ich muß Söhrlox suchen", überlegte Kleenz. „Nur gemeinsam werden wir Galto finden und befreien können."
Kleenz war ohne Bewußtsein gewesen, als man ihn abtransportiert hatte. Er wußte also nicht, wo er sich aufhielt, vor allem nicht, wo er nach Söhrlox und Galto zu suchen hatte.
Schritte waren zu hören.
Kleenz erschrak heftig, aber er faßte sich gerade noch rechtzeitig. Rasch floß er an der Wand in die Höhe. In wenigen Sekunden hatte er seinem Körper eine exakt rechtwinklige Form gegeben. Die Ränder ließ er breit und dick werden, den Raum in diesem Rahmen formte er zu einer abstrakten Plastik aus.
Der Tbahrg bog um eine Ecke und kam rasch näher. Erstaunt verharrte er vor Kleenz und starrte auf das plötzlich vorhandene Kunstwerk. Kleenz wagte keine Bewegung, als der Tbahrg ihn lange und eindringlich betrachtete. Endlich schüttelte der Tbahrg den Kopf, zuckte mit den Schultern und entfernte sich.
„Banause", schimpfte Kleenz leise hinter ihm her.
Dieser erste Erfolg ließ ihn seine Angst fast vergessen. Hastig formte er sich zu einer Kugel um und rollte, den Gesetzen der Schwerkraft spottend, den Gang entlang.
Nach kurzer Zeit entdeckte er eine Stahltür.
„Söhrlox?" flüsterte der Willy.
*
Phelter wußte, daß er sich gegen ungeschriebene Gesetze vergangen hatte, und daher war er auch nicht erstaunt, als man ihn abführte und in eine kahle Zelle sperrte. Irgendwann in den nächsten Tagen würde man ihn zur Sache verhören und dann bestrafen.
Phelters Vergehen war kein besonderes Verbrechen, daher fürchtete sich der Tbahrg auch nicht vor der Bestrafung.
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