0775 - Die Herren von Sh'donth
habt ihr nur gemacht", maulte ich. „Ich wollte überhaupt nicht befreit werden."
Söhrlox hatte sich wieder so weit gesammelt, daß er seiner wesentlichsten Aufgabe nachzukommen versuchte. Prüfend glitten seine Teleskoparme über meinen Körper. Gleichzeitig suchten mich seine Augen ab.
„Du hast beträchtlich an Gewicht verloren", stellte er fest. In seiner Stimme schwang finstere Entschlossenheit mit, diesem Mißstand augenblicklich abzuhelfen.
Diesmal erhob ich keinen Einspruch, denn ich fühlte wirklich Hunger. Es war geraume Zeit her, seit ich zum letzten Mal gegessen hatte, und auch die Flüssignahrung, die die Posbis mir an Bord der SOL so freigibig eingepumpt hatten, hielt nur für begrenzte Zeit vor.
Wenn es meine Freunde schafften, mir etwas Eßbares zu besorgen - mir würde es recht sein. Vorausgesetzt, es handelte sich um dicke, zartrosa gebratene Steaks mit zarten Gemüsen, dazu frischaufgeschlagene Sauce Bearnaise. Mir lief das Wasser im Munde zusammen.
„Nur zu", ermunterte ich Söhrlox. „Du hast völlig recht, ich habe Hunger. Sieh zu, daß ich etwas zu essen bekomme."
Damit stürzte ich den armen Söhrlox in nicht geringe Verlegenheit. Woher sollte er hier Nahrung nehmen? Er sah mich mit zwei Augen nachdenklich an, mit drei anderen Augen musterte er die Umgebung. Für einen Sekundenbruchteil blieb sein Blick auf Kleenz haften, und ich konnte sehen, daß der Willy die Farbe wechselte. Brrr, Willy gedünstet, geschmort, gebraten, gegrillt - nein, das hatte kein Willy, am wenigsten aber ich verdient.
„Komm mit", entschied Söhrlox schließlich., „Wir werden suchen."
Eigentlich hätte ich zusehen müssen, so schnell wie möglich die entstandenen Mißverständnisse auszuräumen, aber ich konnte nicht wissen, wann meine Beine wieder unter mir einknicken würden. Wenn ich den Feyerdalern wieder gegenübertrat, mußte ich im Vollbesitz meiner geistigen und körperlichen Kräfte sein.
Von diesem Zustand war ich vorläufig weit entfernt. Ich merkte es, als ich mich aufzurichten versuchte. Meine Beine schienen nachgiebig wie weichgekochte Spargelstangen zu sein.
Söhrlox mußte mich stützen, als wir die Maschinenhalle langsam verließen. Ich war etwas verwundert, daß Kleenz mir trotz meiner offensichtlichen Schwäche nicht zu Hilfe eilte. Der Willy floß langsam vor mir her, quietschte und pfiff dazu und war offenbar recht vergnügt.
Langsam begriff ich den Grund für seinen Zustand. In der Maschinenhalle herrschte ein Geruch wie in einer defekten Großdestille. Woher der Alkohol stammte, war mir ein Rätsel, aber offenbar hatte Kleenz reichlich davon genascht. Um mir eine Freude zu machen, sang er mit hoher Stimme ein altes Raumfahrerlied. Wo er den Text aufgeschnappt hatte, war rätselhaft.
Niemand bewegte sich auf den Gängen, die wir uns entlangschleppten. Ich schätzte, daß sich in den Räumen einige tausend Tbahrgs aufhalten mußten, vorausgesetzt, meine Annahme war richtig, daß wir uns im Innern des Mondes Sh'donth aufhielten.
Sh'donth hatte einen Durchmesser von 2081 Kilometern, ich hatte mir die genaue Zahl zufällig gemerkt. Die Schwerkraft lag weit unter dem Wert, den ich gewohnt war, und inzwischen war auch die Luft wieder inwandfrei atembar.
Rund zweitausend Kilometer Durchmesser, das bedeutete, daß man im Innern des Mondes bei optimaler Ausnutzung des Raumes Millionen von Tbahrgs unterbringen konnte. Auf der anderen Seite konnte man den Mond nicht völlig aushöhlen, ohne nicht schwerwiegende Veränderungen im Gravitationsfeld zwischen Xumanth und Sh'donth hervorzurufen. Meine Schätzung von einigen tausend Tbahrgs war vermutlich richtig, und offenbar gab es im Innern des Mondes weit mehr Räume als Bewohner.
Das vergrößerte unsere Aussichten, in den nächsten Minuten auf keinen Tbahrg zu stoßen.
Vor einer Tür blieb Söhrlox plötzlich stehen. Ich konnte die Aufschrift nicht lesen, aber Söhrlox' Translator mußte damit fertig werden.
„Hier sind wir richtig", behauptete der Posbi.
Ich nickte erleichtert, denn mir knurrte der Magen. Nach kurzer Zeit hatte Söhrlox das Impulsschloß der Tür überwunden, und wir konnten den Raum betreten. Wenn ich gehofft hatte, ein feudales Restaurant vorzufinden, wurde ich böse enttäuscht. Was ich sah, glich mehr einer modernen Klinik als einer örtlichkeit, in der es etwas Handfestes zu essen gab. Söhrlox war offenbar entschlossen, das Problem meiner Ernährung auf Posbi-Art zu lösen, mit Nahrungskonzentraten also.
Ich
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