0777 - Die dritte Tafelrunde
wird er früher oder später versuchen, uns auszuhorchen.«
Er blickte sich um. Im diffusen Licht einer Fackel erkannte er die abgemagerten Gestalten dreier weiterer Gefangener, die in zerlumpte Fetzen gehüllt auf dem Boden des Verlieses hockten.
Das Gesicht eines weißbärtigen Mannes verzog sich zu einem müden Grinsen. In seinen tief in den Höhlen liegenden Augen blitzte ein Überrest von Spott. »Die hohen Herrschaften werden sich gedulden müssen«, krächzte er. »Aber vielleicht kommen ja bald ihre Kumpane und schlagen sie heraus…«
Es schien sich bis hierhin herumgesprochen zu haben, dass sie angebliche Räubergesellen waren.
Zamorra erwiderte nichts.
Es dauerte jedoch nur zwölf Stunden, bis man sie aus dem stinkenden Kerker wieder herausholte. Der Knecht schloss ihre Handgelenke in Schellen und schubste sie durch einen Korridor eine in den Fels geschlagene Treppe hinauf. Sie durchquerten mehrere Gänge und Hallen, bevor sie in eine Art Versammlungsraum gelangten, den der Lord offenbar dazu verwendete, über missliebige Untergebene Gericht zu halten.
Der Lehnsherr war ein mageres Kerlchen, das den Zenit seines Lebens bereits überschritten hatte. Sein Gesicht wurde von einem grauen Vollbart eingerahmt, aber seine Augen waren wach und blickten die Neuankömmlinge durchdringend an.
»Dies ist also der Mann, der sich Newton nennt«, sagte er mit unverhohlenem Interesse.
Der Meister des Übersinnlichen schüttelte den Kopf. »Euer Untergebener ist einem Irrtum erlegen. Mein Name ist Zamorra.«
»Er lügt!«, ertönte eine keifige Stimme von der Seite. Zamorra erblickte den Zwerg zwischen weiteren Bauersleuten, die die Befragung mit Interesse verfolgten.
»Wie auch immer«, entgegnete der Lord. »Er ist ein Späher der Horde, deshalb werden wir das Todesurteil über Ihn verhängen - ebenso wie über Seine Metze. Er hat jedoch die Chance, sich freizukaufen. Er muss uns nur verraten, wo sich die Horde befindet und wann sie uns anzugreifen gedenkt.«
»Das weiß ich nicht, weil ich nicht zu ihr gehöre.«
Der Lord runzelte die Stirn. »Die Kunde über Seine Sturheit ist uns bereits zu Ohren gekommen. Das wird Seinen Tod nicht einfacher machen.«
»Ich bin ein einfacher Wanderer, der eine Unterkunft für die Nacht suchte. Ich erfuhr erst auf dem Gehöft Eures Untergebenen, dass offenbar einer seiner Knechte ermordet wurde.«
»Er trägt merkwürdige Kleider. Er sieht wahrhaftig nicht wie ein Wanderer aus.«
»Und doch ist es möglich, dass er die Wahrheit sagt…«
Alle Köpfe ruckten herum, als sich die Stimme aus dem Hintergrund meldete. Sie gehörte einem alten Mann, der, in ein weißes, kapuzenloses Gewand gekleidet, den Wortwechsel verfolgt hatte. Um seine Hüfte war ein Gürtel geschlungen, in dem eine goldene Sichel steckte.
Merlin! Zamorra glaubte seinen Augen nicht zu trauen.
»Verzeiht, weiser Myrrdhin«, sagte der Lord, »aber wir bitten Euch untertänigst zu beachten, dass Ihr Gast auf unserem Schloss seid. Dieser Mann ist ein gefährlicher Spion, der unbedingt seiner gerechten Strafe zugeführt werden muss.«
»Das will ich nicht verhindern«, antwortete Merlin, »wenn er sie denn verdient.«
Zamorra versuchte in den Augen des alten Magiers zu lesen, ob dieser ihn erkannt hatte. Andererseits - wie sollte er? Vor ihm stand sicherlich der Merlin dieser Zeit, der von einem Dämonenjäger Zamorra noch nie etwas gehört hatte.
»Es ist die Kleidung dieses Mannes, die mich nachdenklich stimmt«, sagte Merlin. »Sie gehört nicht… hierher.«
Jedenfalls nicht in diese Epoche, und das weiß er, dachte Zamorra und fühlte sich gleichzeitig daran erinnert, dass sie Merlin diesen ganzen Schlamassel überhaupt erst zu verdanken hatten. Warum hatte er sie nicht rechtzeitig über diese Reise informiert? Dann hätten sie sich entsprechend vorbereiten können.
»Ihr meint, dieser Newton ist ein Zauberer?«, erkundigte sich der Lord und warf Zamorra plötzlich einen respektvollen Blick zu. Offenbar wollte er es sich mit einem Hexer keineswegs verderben.
»Das glaube ich nicht. Aber eine seltsame Ausstrahlung geht von ihm aus…«
Es musste das Haupt des Siebengestirns von Myrrian-ey-Llyrana! sein, dass der alte Zauberer spürte. Merlin hatte das Amulett einst selbst aus der Energie einer entarteten Sonne geschaffen.
Aber dann schüttelte er den Kopf. »Verzeiht, vielleicht täusche ich mich auch. Es ist sicher am besten, wenn Ihr mit Eurer Befragung fortfahrt.«
Zamorra spürte
Weitere Kostenlose Bücher