0777 - Die dritte Tafelrunde
wieder nur ein Schauspiel, um von deinen wahren Plänen abzulenken?«
»Ihr durchschaut mich besser, als es mir lieb sein kann«, sagte der Mann, der sich in dieser Zeit Myrrdhin nannte. »Ich habe die Horde glauben lassen, dass es keinen Überlebenden gab. Sie sollten nicht nach mir suchen.«
»Du hättest sie alle retten können«, tadelte Zamorra. »Den Lord, die Leibeigenen, die Gefangenen in den Kerkern. Die Räuber haben sicherlich niemanden am Leben gelassen.«
Merlin zuckte die Achseln. »Es ist alles vorherbestimmt. Man darf den Lauf der Zeiten nicht ändern, um das Raum-Zeit-Gefüge nicht zu verletzen.«
»Aber der Tod dieser Menschen lag noch in der Zukunft!«
»Aus ihrer eigenen Sicht vielleicht. Aber aus der Euren? Ihr kommt aus ferner Zukunft, und alles, was in dieser Zeit geschieht, ist unabwendbar festgelegt.«
Zamorra spürte, dass es keinen Sinn hatte, mit Merlin zu diskutieren. Der alte Zauberer ließ sich nicht in die Karten schauen. Zamorra war sich nicht einmal sicher, ob er es nicht doch mit dem Merlin der Gegenwart zu tun hatte. Er wusste mehr über Zamorra und Nicole, als der Merlin dieser Epoche hätte wissen dürfen…
Andererseits wies ihr Gegenüber keinerlei Anzeichen geistiger Verwirrung auf.
»Ich habe euch aus einem ganz bestimmten Grund in diese Zeit versetzt«, fuhr Merlin fort. »Es geht um den Mörder, dessen Spur ihr finden müsst.«
»Es ist Mordred, nicht wahr?«
Merlin nickte. »Mordred verriet die Tafelrunde. Ich habe bis heute nicht herausfinden können, ob er es aus eigenem Antrieb tat oder weil er gelenkt wurde. Ich vermute, dass die Dämonen dahinter stecken. Es lag in ihrem ureigensten Interesse, dass die Tafelrunde scheitert.«
»In unserer Zeit berichtet man sich, Mordred sei bei dem Zweikampf mit Artos ums Leben gekommen.«
»Das ist falsch. Ich selbst habe dieses Gerücht in die Welt gesetzt, um Schlimmeres zu verhindern. Mordred sollte keine Macht über die Menschen erhalten. Hätten sie von seinem Überleben erfahren, wäre er zu einer Bedrohung geworden. Er hätte Bewunderer gefunden. Und Nachahmer.«
»Was ist mit ihm geschehen?«
Merlin zuckte die Schultern. »Ich kann es selbst nur vermuten. Wenn er von Dämonen gelenkt wurde, so gaben diese ihm zweifellos ein, Artos zu töten. Sie mussten jegliche Skrupel in ihm zerstören, und das ist ihnen gelungen. Aber mit Artos’ Tod ist Mordred nicht aus der Welt. Sein Blutdurst ist nicht gestillt. Er wird immer weiter morden…«
»… wenn ihn niemand aufhält«, vollendete Nicole ahnungsvoll.
Merlin legte seufzend die Stirn in Falten. »Ich weiß nicht einmal, ob man ihn überhaupt aufhalten kann. Aber wir müssen alles versuchen, denn sein Tun ist nicht vorherbestimmt, und es hat schreckliche Auswirkungen auf eure Gegenwart.«
Zamorra erinnerte sich an die Morde, von denen er in der Zeitung in Cwm Duad gelesen hatte. Sollte etwa…?
»Ich sehe, dass du verstehst. Die zweite Tafelrunde ist gescheitert, aber die Hoffnung lebte weiter, über tausend Jahre lang. Eines Tages werde ich neue Anstrengungen unternehmen, und zu diesem Zeitpunkt muss das alte Experiment vollständig abgeschlossen sein.« Merlin fuhr sich mit der Hand über die Augen. »Manchmal habe ich das Gefühl, dass meine Kraft für einen weiteren Versuch nicht ausreichen wird. Nicht in jener Zeit… Mordred hat niemals Frieden gefunden. Er tötet heute, und er wird immer töten, wenn ihr ihn nicht aufhaltet.«
»Aber würde das nicht alles verändern?«
»Nur wenn wir ihn gewähren lassen. In eurer Gegenwart habe ich dafür gesorgt, dass ihm Einhalt geboten wird. Ich habe jemanden gesandt, der dies für mich übernehmen wird… Aber in dieser Zeit müsst ihr diese Aufgabe übernehmen.«
»Aber wir wissen nicht einmal, wo er sich aufhält!«
»Mordred ist hier, auf Camelot. Ich weiß, dass er es auf den König abgesehen hat. Er hat noch immer nicht genug.«
»Aber warum lässt du ihn dann nicht festnehmen?«
Merlin seufzte, als hätte er sich vor dieser Frage gefürchtet. »Weil ich ihn nicht mehr erkennen kann. Er hat sich verändert, äußerlich wie innerlich - was eindeutig dafür spricht, dass sein Handeln von Dämonen beeinflusst wird.«
»Und wie sollen wir ihn aufspüren, bevor es zu spät ist?«, fragte Nicole.
»Er wird sich zu erkennen geben, weil er seine Natur nicht verleugnen kann.«
»Wir sollen warten, bis er abermals einen Mord begeht?«
Morl ins Antworten waren rätselhaft, teilweise sogar widersprüchlich.
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