078 - Das Dorf der Wolfsmenschen
Schultern. Die Haare auf meinem Handrücken wurden länger.
„Sie müssen gegen die Verwandlung ankämpfen, Dick“, riet mir Susan, als ich ihr meine Hände hinhielt.
„Was kann ich dagegen unternehmen?“
„Das kann ich Ihnen nicht sagen, Sie müssen selbst lernen, wie es zu machen ist.“
„Ich muß ins Zimmer zurück“, sagte ich, als die Haare immer länger wurden.
„Vielleicht hilft Ihnen der Silberdolch“, sagte Susan. „Nehmen Sie ihn zwischen die Hände.“
Ich holte den Dolch heraus. Er fühlte sich glühendheiß an. Aufmerksam beobachtete ich meine Handrücken. Die Haare fielen mir aus.
„Es hilft“, sagte ich. „Aber ich kann ja nicht die ganze Zeit mit dem Dolch in der Hand dasitzen.“
„Legen Sie ihn neben sich auf die Bank“, sagte Susan. „Und immer, wenn Sie spüren, daß Sie die Veränderung nicht aufhalten können, dann greifen Sie ihn an.“
Ich folgte ihrem Rat und legte den Dolch neben meinen rechten Oberschenkel. Ich spürte die Wärme durch den Stoff der Hose hindurch. Plötzlich hatte ich entsetzlichen Durst. Rasch bestellte ich bei der Serviererin zwei Biere. Gierig trank ich mein Glas leer und bestellte sofort noch eines.
Ich hatte die ganze Zeit nicht mehr daran gedacht, daß ich ja jetzt selbst ein Werwolf geworden war. Und diese unheimliche Verwandlung konnte ich nicht beherrschen.
Das Jucken hatte aufgehört, ich wischte die ausgefallenen Haare auf den Boden und nahm mir die Speisekarte vor.
Susan und ich entschieden uns für gebratene Hähnchen.
Wir waren die einzigen Gäste im Speisesaal, was mir einigermaßen seltsam vorkam.
Susan hatte keine Lust zu einer Unterhaltung. Ihr Blick war starr und geistesabwesend. Meine Gedanken drehten sich noch immer um eine Möglichkeit, den Werwölfen zu entfliehen. Doch so sehr ich mein Hirn auch anstrengte, es wollte mir nichts einfallen.
Die Hähnchen wurden serviert. Sie schwammen in einer penetrant schmeckenden Sauce, und die Kartoffeln waren mehlig. Mit Todesverachtung aß ich einige Bissen, dann ließ ich das Essen stehen.
Susan ging es nicht besser. Sie stocherte lustlos auf ihrem Teller herum und legte nach einigen Minuten das Besteck weg.
„Mein Magen ist wie gelähmt“, sagte sie und versuchte ein entschuldigendes Lächeln.
„Mir geht es genauso“, sagte ich.
Ich griff nach der Zigarettenschachtel. Sie war leer. Ich knüllte die Packung zusammen.
„Ich hole Zigaretten“, sagte ich zu Susan, stand auf, nahm den Dolch an mich und ging.
Ich trat in den Vorraum und blieb vor dem Automaten stehen. Meine Lieblingsmarke war nicht dabei, deshalb kaufte ich mir ein Päckchen Marlboro. Ich steckte die Schachtel in die Jacke und kehrte in den Speisesaal zurück.
Er war leer, Susan verschwunden. Der Tisch war abgeräumt worden. Nur mein Bierglas stand noch darauf.
Ich blieb stehen und sah mich um. Kein Mensch war in dem Raum. Langsam setzte ich mich in Bewegung und öffnete die Tür, die zu den Toiletten führte.
Ohne zu zögern riß ich die Tür zu den Damentoiletten auf.
„Susan?“ fragte ich laut. Keine Antwort. Ich blickte in die Toiletten. Alle waren leer.
Nachdenklich kehrte ich in den Speiseraum zurück.
War Susan vielleicht auf das Zimmer gegangen?
Unschlüssig blieb ich stehen. Die Serviererin kam lächelnd auf mich zu.
„Haben Sie noch einen Wunsch, Sir?“ fragte sie mich.
„Wohin ist das Mädchen verschwunden, mit dem ich da war?“ fragte ich sie.
Sie blickte mich überrascht an. „Ein Mädchen?“ Ihr Gesicht drückte grenzenloses Erstaunen aus. „Sie kamen doch allein, Sir.“
„Reden Sie keinen Unsinn!“ fuhr ich sie wütend an. „Ich war in Begleitung eines hübschen blonden Mädchens!“
„Aber, Sir“, sagte sie verwundert. „Sie waren mein einziger Gast. Sie tranken zwei Bier und aßen ein Hähnchen.“
„Was wird hier gespielt?“ fragte ich drohend und trat auf das Mädchen zu. „Sie können mich doch nicht für dumm verkaufen. Heraus mit der Sprache. Wohin ist Susan verschwunden?“
„Sie irren sich, Sir“, sagte das Mädchen und wich einen Schritt zurück. Ihre Augen blickten mich furchtsam an. Sie hatte Angst vor mir.
Steckten da vielleicht die Werwölfe dahinter? Möglich wäre es. Ich wollte mir Gewißheit verschaffen.
Ich zahlte, und sie berechnete mir tatsächlich nur zwei Biere und das Hähnchen. Ich verließ den Saal und betrat die Motelhalle.
Hinter dem Empfangspult stand ein älterer Mann. Er war um einen Kopf kleiner als ich. Seine Glatze
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