078 - Das Dorf der Wolfsmenschen
Faust raste auf mein Gesicht zu. Ich riß den Kopf zur Seite, und der Knöchel traf mich unter dem linken Auge.
Ich duckte mich. Wieder raste die Faust heran. Diesmal schmetterte sie gegen mein Kinn. Rote Sterne explodierten vor meinen Augen. Und dann traf mich eine Handkante im Nacken, und es wurde dunkel um mich.
Ich wachte mit dröhnendem Schädel auf. Ich lag auf dem Bauch, und mein Gesicht steckte in einem Heuhaufen. Mühsam rappelte ich mich hoch. Mein Kopf drohte zu zerspringen. Ich setzte mich nieder und betastete Kinn und Nacken. Das Kinn war etwas geschwollen, und die Wunde unter dem linken Auge hatte ein wenig geblutet. Ich blieb einige Sekunden sitzen, bevor ich aufstand. Alles drehte sich um mich.
Mechanisch griff ich in meine Hosentasche. Meine Brieftasche fehlte. Auch meine Uhr hatten mir die beiden abgenommen. Nur eine Handvoll Kleingeld und die Zigaretten waren mir geblieben. Den Silberdolch hatten sie mir auch gelassen.
Ich trat auf die Gasse. Von den beiden Männern und Susan war nichts mehr zu sehen.
Ich beschloß, ins Motel zu gehen und von dort aus die Polizei zu verständigen.
Jeder Schritt bereitete mir Qual. Das Pochen in meinem Schädel wurde immer stärker. Nach einigen Schritten blieb ich stehen und lehnte mich gegen einen Zaun.
Kein Mensch war zu sehen. Endlich fühlte ich mich ein wenig besser.
Ich ging weiter und erreichte die Straße, die zum Motel führte. Schwankend trat ich in die Halle. Der Kahlköpfige sah mich befremdet an.
„Ich wurde überfallen“, sagte ich schwer atmend und hielt mich am Pult fest. „Verständigen Sie bitte die Polizei.“
Er nickte und griff nach dem Telefon.
„Geben Sie mir meinen Schlüssel“, sagte ich. „Ich gehe einstweilen auf mein Zimmer.“
Er reichte mir den Zimmerschlüssel, und ich sah, wie er den Hörer abhob und eine Nummer wählte.
Halb ohnmächtig taumelte ich den Gang entlang und blieb vor meinem Zimmer stehen. Ich mußte es dreimal probieren, bis ich endlich das Schloß fand. Ich sperrte auf und trat ein. Das Fenster war noch immer geöffnet. Ich tastete nach dem Lichtschalter und torkelte ins Badezimmer.
Im Spiegel sah ich, daß die linke Wange blutverkrustet und stark geschwollen war. Ich drehte das Wasser an und wusch das Blut fort. Dann hielt ich den Kopf unter den scharfen, kalten Wasserstrahl. Mehr als eine Minute lang ließ ich das Wasser über Schläfen und Nacken rinnen. Jetzt fühlte ich mich etwas besser. Ich trocknete mich ab und verließ das Bad.
Mechanisch zog ich die Zigarettenpackung heraus und fischte nach einer Zigarette. Dann suchte ich nach Streichhölzern. Dabei streifte mein Blick das Bett.
Vor Entsetzen fiel mir die Zigarette aus dem Mund.
Ein rothaariges Mädchen lag darin. Ich stierte sie an. Ihr Rock war weit über die Schenkel geglitten. Die Beine waren seltsam angewinkelt. Sie lag auf der Seite, und ihre Augen waren weit aufgerissen und gebrochen. Ihre Kehle war zerfetzt, und um ihren Kopf hatte sich eine Blutlache gebildet.
Es gab keinen Zweifel, es war das Mädchen, das mir den Zettel mit der Nachricht gebracht hatte.
Es dauerte einige Sekunden, bis ich meinen Schock überwunden hatte und klar denken konnte.
Der Portier hatte die Polizei verständigt. Sie würde jeden Augenblick eintreffen und mich mit einem ermordeten Mädchen in meinem Zimmer vorfinden.
Für mich gab es eigentlich nur noch die Flucht.
Ich durchquerte rasch das Zimmer und zog den Vorhang zur Seite.
In diesem Augenblick hörte ich das Geräusch.
Ich wandte den Kopf.
Die Tote auf dem Bett bewegte sich. Sie stand blitzschnell auf und rannte auf mich zu. Sie streckte die Hände aus und griff nach mir. Endlich schüttelte ich meine Erstarrung ab und schlug die Hände zur Seite. Es war ein entsetzlicher Anblick. Der Kopf des toten Mädchens baumelte haltlos hin und her, und die gebrochenen Augen waren starr auf mich gerichtet.
Wieder versuchten mich ihre Hände zu erreichen, diesmal rissen sie lange Striemen in meine Handrücken. Ich wich einen Schritt zurück, doch die Tote folgte mir.
Ich versetzte ihr mit dem rechten Fuß einen Tritt gegen den Bauch, der sie einige Schritte zurücktaumeln ließ.
Diese Gelegenheit ließ ich nicht ungenützt. Ich zog mich aufs Fensterbrett und wollte auf den Parkplatz springen, als sich die Hände um meinen Hals verkrallten.
Sie waren eisig kalt. Die spitzen Fingernägel bohrten sich in mein Fleisch. Ich packte die Handgelenke und versuchte sie zu lösen. Doch
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