078 - Das Dorf der Wolfsmenschen
Silberdolch steckte ich in die Innentasche meiner Jacke. Dann trat ich in die Küche.
„Das Frühstück ist fertig“, sagte Susan und sah mich fragend an. „Wollen Sie noch immer den Fluchtversuch wagen, Dick?“
Ich nickte und setzte mich an den Tisch.
Susan war es gelungen, aus meinen wenigen Vorräten ein schmackhaftes Frühstück zu bereiten. Ich trank einige Tassen starken Kaffee und aß dazu gebratenen Speck mit gegrillten Tomaten.
Mein Appetit hielt sich in mäßigen Grenzen, doch tapfer würgte ich das Essen hinunter. Ich hatte ein ziemlich flaues Gefühl im Magen.
„Sie nehmen nichts mit, Susan?“ fragte ich.
„Ich habe nur ein paar Kleider, und um die ist es nicht schade, wenn ich sie zurücklasse.“
Ich verstaute mein Gepäck im Kofferraum. Eine Tasche legte ich auf die heruntergeklappten Notsitze. Dann glitt ich hinters Steuer, und Susan stieg ein.
Ich versuchte zu starten, doch der Wagen sprang nicht an. Ich probierte es nochmals. Wieder kein Erfolg.
„Wir müssen anschieben“, sagte ich ärgerlich.
Susan stieg aus. Die Straße war leicht abschüssig. Der Wagen kam in Schwung, und ich probierte nochmals zu starten. Wieder erfolglos. Ich sprang aus dem Wagen und öffnete die Motorhaube. Überrascht beugte ich mich vor.
„Das kann es nicht geben“, sagte ich.
Susan kam neugierig näher.
„Der Motor ist verschwunden!“ stellte ich fest. Ich schüttelte den Kopf. „Wie ist das nur möglich?“
„Magie“, sagte Susan einfach. „Die Werwölfe wollen nicht, daß Sie fortfahren.“
Ich schlug die Motorhaube zu. „Dann gehen wir zu Fuß“, sagte ich. „Wir werden den Lyons Mountain umgehen, bis wir die Bundesstraße 3 erreichen.“
„Das ist aber ein ziemlich weiter Weg“, sagte Susan.
„Haben Sie einen besseren Vorschlag?“
Das Mädchen überlegte kurz. „Wir könnten versuchen, nach Dannemore zu kommen. Aber gerade in dieser Richtung werden besonders viele magische Fallen sein.“
„Also ist mein Vorschlag doch der bessere?“
Sie nickte. Ich überlegte, ob ich etwas von meinem Gepäck mitnehmen sollte, verwarf den Gedanken aber. Das Gepäck wäre uns nur hinderlich gewesen.
„Los dann“, sagte ich.
Wir folgten dem schmalen Feldweg, der aus dem Dorf in Richtung Lyon Mountain führte. Wir gingen ziemlich rasch. Der Himmel war noch immer grau, und es regnete leicht. Einen scheußlicheren Tag hätten wir uns für unsere Flucht nicht aussuchen können.
Von irgendwelchen Fallen merkte ich nichts. Doch ich mußte zugeben, daß ich keine Ahnung hatte, wie magische Fallen beschaffen waren. Ich fragte Susan danach.
„Das ist schwer zu sagen“, meinte sie vorsichtig. „Man kann sie nicht erkennen, bis man sich darin befindet.“
„Und wie merkt man das?“
„Ganz einfach. Man kann sich nicht mehr bewegen. Es ist, als ob einen unsichtbare Kräfte festhalten.
Ich geriet einmal in eine solche Falle, das ist schon Jahre her. Es war scheußlich. Ich glaubte zu ersticken, und es dauerte Stunden, bis ich befreit wurde.“
„Mit einem Wort, wir haben keinerlei Möglichkeit, eine derartige Falle zu erkennen und ihr auszuweichen?“
„Sie sagen es.“
Das waren ja wenig erfreuliche Aussichten. Wir konnten nur auf unser Glück hoffen.
Nach einigen Minuten verließ ich den schmalen Feldweg und wandte mich nach links. Wir stiegen quer über eine Wiese auf, die uns zu einem Steinplateau führte.
Immer wieder warf ich einen Blick zurück, doch niemand folgte uns. Der Regen wurde stärker.
Der Boden war glitschig, und wir kamen sehr langsam vorwärts. Nach einer Stunde hatten wir ein ganz schönes Stück geschafft. Weit und breit war kein Haus zu sehen.
Wir kamen zu einer Schutthalde, die wir vorsichtig überquerten.
Bis jetzt war alles gut gegangen, und meine Hoffnung, daß uns die Flucht gelingen würde, verstärkte sich.
Endlich hörte der Regen auf, und der Himmel riß auf. Die Sonne kam zögernd hervor.
Eine halbe Stunde später betraten wir einen kleinen Mischwald, den wir nach wenigen Minuten durchquert hatten.
Vor uns lag wieder eine Schutthalde.
Ich blieb stehen und steckte mir eine Zigarette an.
„Legen wir eine kurze Pause ein?“ fragte ich.
Susan nickte und setzte sich auf einen umgefallenen Baum. Ich setzte mich neben sie. Ihr Haar war klitschnaß, die dünne Bluse und die langen Hosen klebten an ihr. Der Wind war kühl und ließ uns schauern.
„Bis jetzt haben wir keine Falle bemerkt“, sagte ich. „Hoffentlich bleibt es dabei.“
Susan gab
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